Die Ursache für dieses Weglassen muss nicht (naives) Nicht-Verstehen gewesen sein. Ich schätze eher, es waren (eigennützig kapitalistische) Kräfte am Werk, die dafür sorgen wollten, dass von Anfang an auf Europaebene ein klammheimliches Auftürmen von Mega-Schulden ermöglicht wird.
Denn der Anstieg der deutschen Target-2-Forderungen auf jetzt fast 1 Billion (= 1000 Milliarden) Euro hätte nicht erfolgen können, wenn es - wie bei "Fedwire" - jedes Jahr automatisch einen Zwangsausgleich (erzwungenes Glattstellen der Target-2-Salden) zwischen den lokalen Notenbanken gegeben hätte.
Wozu sollte solch eine Mega-Verschuldung auf Europa-Ebene gut sein?
1. In der Blütephase des Euro (die 2012 endete) bescherte die Megaverschuldung in den PIIGS der Industrie, speziell jener von Exportweltmeister D., satte Gewinne. Dass der Konsum in den PIIGS ziemlich wackelig (siehe Spanien/Irland) auf Pump finanziert wurde, war den Exporteuren egal, denn dies schlägt sich nicht in den Quartalsberichten der Industrie nieder. Gewinn ist Gewinn.
2. In der Niedergangsphase des Euro (ab 2012) wurden die sichtbar werdenden Risse bislang sorgsam unter den Teppich gekehrt. Dafür sorgte, dass nun stellvertretend die EZB weiter Schulden auftürmt. Dazu dienten zig Maßnahmen wie QE (Aufkäufe teils wackeliger Anleihen, auch von Unternehmen) sowie Negativzinsen, die Anlagenotstand und eine Immobilienblase erzeugten. All dies sorgte, wie Draghi ja auch versprochen hatte, für scheinbare Ruhe und ließ die Pump-Sause EZB-gesteuert weiter laufen.
Es ist jedoch nur noch eine Frage der Zeit, bis dieses Pump-Kartenhaus unrettbar in sich zusammenfällt. Auslöser könnte z. B. sein, dass Italien oder Spanien die Eurozone verlässt. Dann müsste die Bundesbank Target-2-Forderungen vermutlich als Totalverlust abschreiben. Weiterhin würden die von der EZB im Rahmen von QE aufgekauften Staatsanleihen dieser Länder größtenteils faul werden. Es entstünde ein gewaltiges Bilanzloch bei der EZB.
Diese gigantischen Schieflagen würden einen wunderschönen "too big to fail"-Effekt auslösen, der "alternativloses Handeln" nötig macht. (Und es ist meine These, dass dieser Effekt durchaus vorausgeplant war, als alles noch rosig aussah.)
Die Umstände "zwängen" dann nämlich die in nächtelangen Krisensitzungen konferierenden Eurozonenminister, "notgedrungen" die (in Wahrheit von den PIIGS und Frankreich ersehnte) Transferunion zu schaffen, bei der jegliche verbliebene Maastricht-Besonnenheit fahren gelassen und der Euro zur neuen Hochinflationswährung "Euro-Lire" verdammt würde. Verbal käme das freilich nicht so rüber: Da ist eher zu erwarten, dass verblichene Rettungsschirme nebulös zum neuen "Europäischen Währungsfonds" umgewidmet werden, was die Einführung von Transferunion und "Eurobonds durch die Hintertür" bis zur Unkenntlichkeit verschleierte.
Es wird sich daher Alles ganz toll anhören, und die EU-Minister werden sich mit schwarz umränderten Augen welchselseitig auf die Schulter klopfen, die Euro-"Kriese" nun endlich endgültig aus der Welt geschafft zu haben. Sprich: Der Mega-Beschiss an den Normalbürgern wird als Triumph der Vernunft hingestellt.
Denn letztlich wird jede "Kriesen"-Lösung darauf hinauslaufen, dass Europas Steuerzahler die aufgetürmten Schulden aller Art (inkl. Target 2) auf die eine oder andere Weise begleichen. Auch Inflation (Auffressen von Ersparnissen) ist dabei eine Option.
Das Schöne für die Industrie ist, dass der Euro so pro forma weiter lebt, dass auch künftig keine größeren Exporteneinbrüche zu befürchten sind und dass auch kein neues Währungsrisiko aufkommt, das teure Absicherungen erforderte. Die Megagewinne aus der Blütephase des Euro sind ohnehin längst krisensicher in Steuerparadiesen angelegt.
Folglich wird es auch weiterhin - bis auf höchste Europa-Ebene - die übliche Umverteilung von unten nach oben geben. Sorgfältig verborgen in für den gemeinen Steuerzahler, der die Suppe auslöffeln darf, undurchsichtigen bis unverständlichen instutitionellen Rettungskonstruktionen.
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