Die Frage, ob die Linke im Bund an einer Regierungskoalition beteiligt wird, beschäftigt das Land. Was genau wären die ökonomischen Konsequenzen ihrer Politik? Anders als andere Parteien macht die Linke in ihrem Programm sehr deutlich, was sie vor hat. Zur Steuerpolitik ist zu lesen: „Damit der Staat von den Krisenlasten nicht erdrückt wird, handlungsfähig bleibt und ehrgeizige Investitionsprogramme finanziert werden können, wollen wir auf alle Privatvermögen von mehr als einer Million Euro eine jährliche Millionärssteuer von fünf Prozent erheben.“ Wohlgemerkt: die fünf Prozent beziehen sich nicht auf die Erträge aus dem Vermögen, sondern auf den Vermögensbestand selbst. Welche Wirkung kann diese Steuer entfalten? Um nach der Besteuerung noch das alte reale Vermögen zu behalten, müsste ein sehr vermögender Bürger unter einer Linksregierung eine reale Rendite nach Einkommensteuer von 5 Prozent erzielen. Wenn wir einmal grosszügig für ein Aktienportfolio von einer nominalen Rendite vor Steuern von 7 Prozent ausgehen, so blieben nach 2 Prozent Inflation und 25 Prozent Quellensteuer noch 3,25 % Rendite übrig. Ziehen wir die 5 % Millionärssteuer ab, verliert der Millionär pro Jahr etwa 1,75 Prozent seines Vermögens. Nach 15 Jahren blieben ihm etwa 80 Prozent seines anfänglichen realen Vermögens. Die Rechnung verändert sich, wenn zusätzlich die Quellensteuer erhöht wird, oder wenn der Anleger zum Beispiel Staatsanleihen mit einer niedrigeren Verzinsung von real unter 2 % erwirbt. Er kann dann in 10 Jahren 30 Prozent seines realen Vermögens verlieren, bei einer ungünstigen Inflationsentwicklung auch mehr. Dieser Enteignungseffekt käme allerdings auf Grund des Freibetrages erst ab etwa 2 Millionen Euro richtig zum Tragen. Artikel 14 GG gewährleistet deutlich die Eigentumsrechte aller Bürger und knüpft Enteignungen an eine angemessene Entschädigung. Vor diesem Hintergrund steht das Programm der Linkspartei an dieser Stelle im Widerspruch zur Verfassung. Was wäre aber die ökonomische Wirkung dieser Politik? Wer ein Vermögen von mehr als einer Millionen Euro hat, lebt häufig vor allem von Vermögenserträgen und weniger vom Arbeitseinkommen. Diese Menschen können vermutlich nach Steuern mehr Einkommen erzielen, wenn sie Ihr Anlagevermögen und ihre Aktien verkaufen und das Land verlassen. Aber auch diejenigen, die den Versuch unternehmen, als Unternehmer oder Erfinder Vermögen aufzubauen, werden erwägen, Ihre Anstrengungen andernorts zu unternehmen. Die reichsten 10 Prozent der deutschen Haushalte besitzen durchschnittlich über 600000 Euro. Ihr Gesamtvermögen entspricht beinahe der Hälfte des Gesamtvermögens der Republik ftp://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/EndberichtZEWVermoegensverteilung.pdf . Das macht deutlich, welche Kapitalflucht durch die Maßnahme der Linken ausgelöst werden kann. Allerdings würde das bereits installierte Anlagevermögen nicht mit diesen Menschen das Land verlassen. Die Eigentümer würden versuchen, inländische Käufer zu finden – das drückt den Preis. Auch die Immobilien der Auswanderer würden nur günstig den Besitzer wechseln. Allerdings würde durch den Verkauf von Aktien ein Preisverfall ausgelöst, der das Interesse ausländischer Investoren an Deutschland nachhaltig mindern würde. Schon die Ankündigung einer solchen 5% Steuer würde die Werte deutscher Aktien zum Einbruch bringen. Es ist auch zu bedenken, daß durch den raschen Abzug von Ersparnissen erneut Engpässe in der Liquidität der Banken entstehen könnten. Eine sehr grosse Vermögensungleichheit ist aus einer Reihe von Gründen problematisch. Die Politik der Linkspartei riskiert allerdings eine Erosion des Kapitalstocks mit beachtlichen Einbrüchen des Arbeitseinkommens, der Sozialleistungen und der Staatsausgaben. Sie verdient eine gründliche Diskussion. http://blog.handelsblatt.de/gruener/eintrag.php?id=97
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