Die Wirtschaftswoche hat einen Artikel veröffentlicht indem die zukünftigen Optionen der EZB besprochen werden, die Wirtschaft anzukurbeln.
https://www.wiwo.de/politik/konjunktur/...-aussehen/25116286-all.html
Man kommt zum Schluss, dass es drei Optionen gibt: 1. (Deep) negative rates, also (stark) negative Zinsen; vorgeschlagen durch ein Paper des IWF (der ehemalige Arbeitgeber von Frau Lagarde) 2. Helikoptergeld 3. Die Umsetzung von MMT und die Aufhebung der Unabhängigkeit der Zentralbank und damit die Erlaubnis zur Staatsfinanzierung.
1. wird in dem Artikel aus problematisch dargestellt, weil es wohl schwer wird in der Bevölkerung eine Akzeptanz dafür zu finden. Banken müssten nämlich die Negativzinsen an Verbraucher weiterreichen und diese wären geneigt sich ins Bargeld zu flüchten. Das Paper des IWF schlägt dazu eine Einführung einer Parallelwährung vor, die zwischen Bargeld und Buchgeld (dann e-Geld) differenziert. Auf Buchgeld gäbe es Negativzinsen und es gäbe einen festgelegten, stetig abwertenden Wechselkurs für das Bargeld, damit das unattraktiv wird. Eine Untergrenze für negative Zinsen wäre damit theoretisch abgeschafft. Ich frage mich nur, ob sich dann nicht vielleicht eine Schattenwirtschaft in einer Fremdwährung etablieren könnte und ob ein System, das sich vor allem auf elektronische Zahlungsmittel verlässt, in Krisenzeiten nicht zu anfällig wäre.
2. wird für wahrscheinlicher befunden, weil es leichter umsetzbar ist. Ich würde dem zustimmen, es ist leichter den Sparern etwas extra zu geben, als ihnen etwas wegzunehmen. Der Bevölkerung wird einfach monatlich ein bestimmter Extrabetrag zur Verfügung gestellt. Da das Extrageld (im Gegensatz zu dem Buchgeld, dass durch Negativzinsen und erhöhte Kreditaufnahme entsteht) bei der breiten Masse der Bevölkerung ankommt, geht man davon aus, dass das den Konsum anregt, die Preise steigen lässt und so die Wirtschaft und die Inflation auf Trab bringt. Erscheint mir persönlich am plausibelsten, heißt aber natürlich, dass die Währung abwertet. Die Sparer würden erst einmal jammern, da zunächst die Zinsen weiter niedrig wären und erst angehoben werden könnten, wenn die Schulden/Zinsen der Südländer durch dann hoffentlich gestiegene Steuereinkünfte tragbar würden. Der Erfolg der Geschichte basiert allerdings auf der kritischen Annahme(!), dass das Extrageld verkonsumiert werden würde (und im Bezug auf die Zinswende, dass dies in steigende Steuereinnahmen umgesetzt werden könnte).
3. wäre skandalös, vielen Politikern würde es wahrscheinlich gefallen, weil auf einmal Geld für alles vorhanden wäre. Fillorkill aus dem Ökonomenthread würde applaudieren - ist ja alles Saldenmechanik und kalkulierbar. Meiner Meinung nach wäre es der nächste Schritt in Richtung Planwirtschaft, da die selbstreinigenden Kräfte des Kapitalismus wahrscheinlich außer Kraft gesetzt werden würden (ich unterstelle, es würde Subventionen geben, um Arbeitsplätze zu schaffen oder zu erhalten, auch wenn der jeweilige Sektor aufgeblasen, nicht zukunftsfähig und unrentabel ist). Dazu würde ich davon ausgehen, dass der Sektor des öffentlichen Dienstes und des Staatsapparates über die Jahre weiter aufgeblasen werden würde. Auf lange Sicht vermute ich, dass sich das sehr schlecht auf die Dynamik der Wirtschaft auswirken würde.
Alles in allem dürfte sich alles negativ auf den Gegenwert der Währung auswirken (1. nur eingeschränkt, es würde aber für Sparer die Dringlichkeit ihr Geld zu investieren erhöhen und könnte so zu erhöhten Assetpreisen und Blasen führen). Dass die Währung abwerten muss, ist kein Wunder, es gibt zu viele Schulden und Inflation ist das Ziel, denn nur so werden Schulden tragbar. Die Frage ist, welches Instrument wird in Zukunft genutzt werden? 1. erscheint wie eine logische Fortsetzung der Draghi-Politik und hätte zusätzlich den Nutzen, dass man die Bedeutung vom unliebsamen Bargeld weiter reduzieren könnte. Es hat aber den Nachteil, dass man riskiert die Bevölkerung und damit den Wähler zu verprellen. So aufgeladen, wie das politische Klima aktuell ist, dürfte das sehr riskant sein. Auch würde es weiter die Spaltung von arm und reich vorantreiben, denn Nutznießer sind die Leute, die Schulden aufnehmen können. Um Schulden aufnehmen zu können muss man sich jedoch erst einmal ein wenig Eigenkapital zusammensparen. Bis das geschafft ist, sind die Assetpreise weiter (wieder?) hochgeschossen. Daher eine Fortsetzung des Phänomens, dass es die letzten 10 Jahre gab.
Da scheinen 2. und 3. leichter durchzubringen. Geschenke wie bei 2. werden gerne angenommen und bei 3. dürfte es den meisten Menschen nicht klar sein, was es heißt, wenn eine Notenbank nicht mehr unabhängig ist (sofern sie es denn jetzt überhaupt ist). Dass MMT funktioniert ist zwar eine vorherrschende Meinung, der Beweis, dass das Konzept in der Realität langfristig tragbar steht allerdings aus.
Man darf gespannt sein, ob es vielleicht noch Optionen 4, 5, ...? gibt, die bislang niemand auf dem Zettel hat? Und zu guter Letzt ist die Frage, wann werden die Register gezogen und wird man versuchen einer Korrektur der Assetpreise vorzugreifen oder nicht.
|