Im verlinkten Artikel von # 011 wird Fed-Falke Robert Kaplan zitiert mit:
„Balance sheet growth is not free“, meinte er. Grosse Zentralbankbilanzen haben Nebenwirkungen. Das ist erstaunlich.
Auch mir waren diese falkischen Äußerungen Kaplans bereits am Mittwoch aufgefallen: https://www.ariva.de/forum/...n-thread-283343?page=5559#jumppos138981
Was könnte der Hintergrund sein?
Wenn die Fed einen ihrer Direktoren mit solchen Äußerungen "vorschickt" - man sollte mMn nicht davon ausgehen, dass diese Leute sich einfach so "frei" äußern können -, ist davon auszugehen, dass Fed-Chef Powell "die Muffe geht".
Warum?
Fahnenstangen an Aktienmärkten, die in spekulativen Exzessen das letzte freie Kapital (+ Margin-Kredite) aufsaugen, führen zwar kurzfristig zu "beeindruckenden" Steilanstiegen. Doch meist schlagen diese Steilanstiege dann unvermutet in Verkaufslawinen um....
--------------------------------- Eine Serie solcher "Kirchturm-Charts", wie ich sie nenne, hatte ich am Ende dieses Threads (ab # 18) gezeigt: https://www.ariva.de/forum/...n-nur-2-monaten-334991?page=0#jumppos18 ---------------------------------
...Dass dies nicht nur bei Einzelaktien (wie Potash, K+S, ein Großteil des Dot.com-Schrotts) so läuft, zeigt die Kursentwicklung der US-Indizes in 2000 ff. und 2008 ff.
Denn wenn das letzte freie Kapital bereits investiert ist und die Kurse zu sacken beginnen, stehen per Definition (eben "letztes freies Kapital") keine weiteren sterblichen Käufer mehr bereit. Nun können nur noch die Notenbanker und das mit ihr eng zusammenarbeitende PPT die kollabierenden Märkte auffangen. Das PPT verwendet dazu vorzugsweise SP-500 Futures.
Es gibt in solcher Gemengelage aber eben nicht nur keine Käufer mehr, sondern es kommt hinzu, dass auch die HF-Algo-Maschinen auf Verkaufsmodus umschalten. Obendrauf kommen prozyklische Shortseller. Die Verkaufslawine kann dann so stark werden, dass das PPT die Kontrolle über die Märkte verliert.
Beispiel: 2008 fiel der SP-500 wie ein Stein. Auch damals gab es schon das PPT. Aber der Abverkauf war zu massiv - und ja auch "fundamental unterlegt" - als dass die Fed die Lawine hätte stoppen können. (Den Flash-Crash von 2010 konnte das PPT zunächst ebenfalls nicht stoppen.)
Auch Öl zeigte 2008 einen Kirchturm-Chart: Futuretrader, die offenbar inoffiziell die Aufgabe (von wem auch immer) erhalten hatten, die Rohstoffmärkte hemmungslos aufzublasen - in der Erwartung, dass die Euphorie dann auf den Aktienmarkt (und womöglich sogar auf Hauspreise) überspringt und so die Subprime-Aktienkrise verhindert -, hievten Öl in der ersten Jahreshälfte 2008 bis auf 150 Dollar. Eine lupenreine Blase. Im Dezember 2008 hingegen sackte Öl, da die spekulativen Positionen wieder aufgelöst wurden und starker genereller Verkaufsdruck entstand, auf 35 Dollar. Das war ein Absturz ab Top von rund 75 %!
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Zurück zum Hier und Jetzt: Powell sieht an den Charts, dass die Märkte in die Phase irrationalen Überschwangs (Rinderwahn) eingetreten sind. Wenn er eine Extremblase zulässt und sogar mit weiterem Repo-QE zusätzlich "befeuert", ließe sich der SP-500 womöglich bis 4000 oder höher aufblasen. Doch bei der Rückabwicklung dieses Kirchturm-Charts könnte er innerhalb weniger Monate auf 1000 abstürzen. Das wäre ein ähnlicher Rückgang um 75 % wie beim Öl in der zweiten Jahreshälfte 2008 (letzter Absatz).
Es handelt sich hier um Beispiele extremer (spekulativer) Marktdynamik - zuerst aufwärts, danach noch rasanter abwärts.
Um solche Entwicklungen zu vermeiden, muss die Fed rechtzeitig auf die Bremse treten - und vor allem damit Aufhören, noch weiteres Öl in das Marktfeuer zu kippen. Die Betonung liegt dabei auf: rechtzeitig.
Man kann daher mMn davon ausgehen, dass Powell den Herrn Kaplan jetzt vorgeschickt hat, um schon mal zu warnen, dass die Fed die aktuelle Kursentwicklung nicht nur mit Wohlwollen verfolgt. Sie würde es tun, WENN sich die Märkte nach weiterem Aufblasen bei SP-500 = 4000 HALTEN ließen. Das ist aber unrealistisch. Ähnlich unrealistisch wie der Erwartung, dass sich Volkswagen-Stämme nach dem Shortsqueeze Ende 2008 dauerhaft bei 1000 Euro halten würden und Volkswagen dauerhaft "die wertvollste Firma der Welt" geblieben wäre.
Nach Kaplans eher psychologischer Verbalwarnung dürfte demnächst die offizielle Ankündigung folgen, dass die Fed ihre Repo-Aufkäufe einstellt, weil die "Liquiditätskrise" nicht mehr akut sei. Immerhin hat der SP-500 bereits Mitte Januar das Kursziel von 3330 erreicht, das die bullischste alle Investmentbanken, Bank of America, für Ende 2020 in Aussicht gestellt hatte. Noch höhere Index-Stände, und die Fahnenstange samt Rückabwicklung nähme technisch ihren unvermeidlichen Lauf.
Das wäre dann auch nicht mehr im Interesse Trumps, dem die zunehmend nicht-mehr-neutrale US-Notenbank ja indirekt zu folgen scheint. Stünde der SP-500 im Sommer bei 1000, würde Trump wohl nicht wiedergewählt werden.
Falls meine Thesen hier zutreffen (sie sind hochspekulativ), sollten wir demnächst die Meldung vom Ende der Repo-Aufkäufe erhalten. Außerdem würden sich die künftig vorgeschickten Fed-Direktoren eher falkisch äußern und z. B. kundtun, dass der starke Arbeitsmarkt in USA die Inflationsgefahr erhöht habe - CPI ist ja immerhin schon bei 2,3 %, und die Leitzinsen bei nur 1,5 % - und deshalb nicht mehr mit weiteren Zinssenkungen der Fed (die der Markt offenbar schon eingepreist hat) zu rechnen sei. Oder dass sogar neue Zinserhöhungen in Aussicht gestellt werden.
Solche Ankündigungen von Zinserhöhungen dienen vor allem der verbalen Marktsteuerung. Sie verpflichten die Fed praktisch zu nichts. Auch im Dezember 2018, als der SP-500 auf 2350 gefallen war, hatte die Fed in den Monaten davor drei oder vier weitere Zinserhöhungen für 2019 in Aussicht gestellt, die den Aktienmarkt drückten. Faktisch gab es dann das Gegenteil, nämlich drei ZinsSENKUNGEN in 2019.
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BEISPIEL EINES KIRCHTURM-CHARTS
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