Vorgestern in der letzten Handelsstunde fiel mir ein ruckartiger Sprung in den SP-500-Futures um 15 Punkte nach oben auf. Er kam charttechnisch an einer Stelle, an der sonst (wie vor drei Tagen) ein Durchbruch nach unten mit Schluss auf Tagestief gedroht hätte. Der auffallende Ruck deutet darauf hin, dass hier wieder mal die Fed (oder das gute alte PPT, sofern es nicht ohnehin mit Fed-Tradern identisch ist) "am Werk" gewesen ist.
Ähnliches geschah auch 2009 häufiger. Einmal wurde damals kurz vor Marktschluss eine Riesenkauforder in den SPX-Futures aufgegeben, offenbar unlimitiert, die den SPX über 1000 beförderte. Es gab eine Kauflawine, die den SPX um 5 % hob und auch noch außerbörslich weiterllief. Vom Volumen her war unwahrscheinlich, dass hier eine Großbank oder eine Hedgefonds "tätig" war. Wer so etwas tut, risikiert nämlich, dass der Markt danach schnell wieder abverkauft. Dann würde der Trader auf einem riesigen Minus sitzen. Das kann sich nur leisten, wer sich das Geld für die Käufe "selber druckt" ;-) und daher unendlich tiefe Taschen hat.
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Es gab also offenbar bereits vor 11 Jahren Future-Käufe seitens Fed/PPT. Heute dürfte sie es erst recht geben.
Ich kann mir auch gut vorstellen, was die Fed-Fritzen und/oder US-Politiker so hinter verschlossenen Türen besprechen. Er dürften Sätze sein wie: "Wenn jetzt viele Amerikaner wegen Corona ihren Job verlieren und gleichzeitig der Aktienmarkt abstürzt, dann verlieren sie auch noch ihre aktienbasierte 401k-Rente. Das ist psychologisch eine zu starke Überforderung. Wir müssen daher unbedingt die Rentenillusion aufrecht erhalten, indem wir auch den Aktienmarkt 'stützen'".
Seit gestern kauft die Fed auch offiziell Junk-Bonds, darunter den Junkbond-ETF HYG. Folge: Der Kurs von HYG ist gestern schlagartig - und mit Riesen-Gap - um bis zu acht Prozent nach oben geschnellt (Chart unten).
Zerohedge hat dazu einen Artikel veröffentlicht, hämisch überschrieben mit: "Der Tag, an dem die Fed den Bond-Markt verstaatlichte". https://www.zerohedge.com/markets/...summary-everything-fed-did-today
Junk-Bonds bewegen sich im Gegensatz zu Investment-Grade-Bonds meist parallel zu den Aktienkursen. Sie stürzen also mit ab, wenn die Aktie der betreffenden Firma sinkt (wobei das Absinken der Junkbonds sogar der kausale Auslöser für den Aktienkurs-Absturz sein kann, weil erkennbar die Bonität sinkt).
Wer Junkbonds kauft, kauft in diesem Sinne schon mal indirekt Aktien. Denn er hilft Firmen, die teils durch Unvernunft und Raffgier (z. B. Aktienrückkäufe zu Mondkursen am Top) mutwillig ihre Bonität verschlechtert hatten [durch übermäßige Fremdkapitalaufnahme via (Junk-)Bonds], rückwirkend aus der Patsche. Er hilft auch Firmen, die schlecht geführt sind oder ein nicht mehr funktionierendes Geschäftsmodell haben. Die Schumpeter'sche Marktbereinigung wird staatlicherseits unterdrückt.
Wenn eine staatliche Institution wie die Fed diese Junkbond-Aufkäufe tätigt, kann man dies als eine aus dem Gemeinschaftstopf (also sozial) finanzierte Rettung verzockter Kapitalisten bezeichnen. Gerade die rechten Republikaner in USA, die sonst immer so gern darauf setzen, dass jeder für sich selbst verantwortlich sein soll, bekunden mit Schweigen oder gar Applaus ihre überwiegende Zustimmung. Vor allem, weil mit den Fed-Bondaufkäufen nun auch ihre heillos überschuldeten Texas-Fracker, die sonst bei WTI-Ölkursen unter 40 $ (aktuell: 23 Euro) bankrott gingen, einen quasi-staatlichen Bailout erhalten. Die Reps wollen lieber bei Sozialprogrammen und bei Medicare sparen als bei ihren Clan-eigenen Verzockern.
Rein technisch führen die Fed-Aufkäufe von Junkbonds unweigerlich dazu, dass sie wieder steigen. Es sieht dann optisch auch so aus, als hätte sich die Bonität dieser verzockten Firmen überraschend wieder gebessert.
Das ist jedoch eine ähnliche Münchhausen-Nummer wie Draghis "Rettung der Eurozone" in 2012 ff. Die EZB hat massenhaft Anleihen von Pleitestaaten wie Griechenland aufgekauft. Da die EZB als allzeitbereiter "Retter-ohne-wenn-und-aber" dahinter stand, konnte Griechenland einige Jahre später sogar wieder neue Staatsanleihen rausgeben, deren Zinsspread nur unwesentlich über Bunds lag. Viele Kommentatoren schrieben daraufhin, diese Maßnahmen hätten Griechenland gestärkt. Das ist jedoch ein Witz, denn im Grunde sind die neuen Griechenanleihen durch die EZB gedeckt. Das Ganze ist nichts anderes als ein Vorstufe zu Eurobonds.
Ähnlich werden nun in USA - via Junkbond-Aufkäufe - auch Pleitefirmen oder schlecht bzw. leichtsinnig geführte Firmen von der Fed "gerettet". Firmen gehen normalerweise an Überschuldung pleite, meist weil sie sich am Bondmarkt oder bei einer Bank (Kredite) nicht mehr refinanzieren können. Der Markt kauft ihre neuen bzw. zu rollenden Schulden nicht mehr, weil das Ausfallrisiko zu groß geworden ist. Steht aber die Fed als Aufkäufer dahinter, klappt es mit der Refinanzierung wieder. Also geht die Firma auch nicht pleite. Und deshalb steigt dann auch der Aktienkurs wieder. Es ist die gleiche Münchhausen-Rettung wie in Griechenland. Auch die 401k-Renten der US-Arbeitnehmer werden auf diese wundersame Weise mitgerettet.
FAZIT: Wenn die Fed Junkbonds aufkauft, ist das mit Aktienaufkäufen schon fast gleichzusetzen. Bislang dürfte die Fed den Aktienmarkt (heimlich) mit Future-Käufen stützen. Wenn der SP-500 in den nächsten Wochen erneut stark einbricht - ich bleibe bei Kurszielen unter 2000, vermutlich im Juni/Juli -, dann wird die Fed wahrscheinlich auch die letzte Scham-Barriere über Bord werfen und auch offiziell erklären, dass sie Aktien aufkauft.
Die SNB und die Bank of Japan kaufen bereits seit Jahren offiziell Aktien. Da die deflationäre "Japanifizierung" der USA inzwischen weit genug fortgeschritten ist (chronische Überschuldung), dürfte dann auch die Fed nicht mehr vor Aktien- und/oder Future-Käufen zurückschrecken.
Wir haben dann leider einen von vorn (Anleihen) bis hinten (Aktien) durchmanipulierten Markt. Fehlt nur noch, dass die Fed auch Rohstoffe wie Öl kauft. Sie sollte allerdings besser Ölfuture-Kontrakte auswählen, bei denen KEINE physische Lieferung erfolgt, sonst geht sie doch noch (schwarz) baden. ;-)
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