Abgeltungssteuer: Versicherer wittern das große Geschäft VON THOMAS STROHM Bis die Abgeltungssteuer kommt, vergeht zwar noch ein Jahr. Doch bereits heute stehen Gewinner und Verlierer fest: Die neuen Zertifikate-Anbieter freuten sich schon auf die Abgeltungssteuer und bastelten an äußerst flexibel gestalteten Produkten, die ihre Anlagestrategie jederzeit ändern hätten können, ohne je auszulaufen - also auch ohne je steuerpflichtig zu werden, so lange sie im Depot bleiben. Ebenso eifrig rührte die Branche die Werbetrommel für die vermeintliche Antwort auf die von 2009 an geltende einheitliche Steuer von 25 Prozent auf Kapitalerträge jenseits des Freibetrags. Auf Fristen achten Doch der Gesetzgeber fürchtete die Schlussverkaufsstimmung und reagierte: Bestandsschutz, wie ihn Aktien oder Fonds genießen, gibt es für Zertifikate kaum. Nur vor dem 15. März 2007 gekaufte Papiere sind nach einem Jahr wie bisher steuerfrei; kamen die Zertifikate nach dem Stichtag ins Depot, können sie selbst nach einer Frist von einem Jahr steuerfrei nur bis Ende Juni 2009 veräußert werden. Eindeutige Gewinner sind hingegen jene, die viel verdienen und auf Zinsen setzen, sei es mit Tages- und Festgeld oder Anleihen. Statt des höheren persönlichen Steuersatzes fällt nur noch die Abgeltungssteuer an, selbst inklusive Solidaritätszuschlag liegt die lediglich bei 26,4 Prozent. Hinzu kommt eventuell noch etwas Kirchensteuer. Als Verlierer sehen Experten die langfristige Anlage in Aktien. Dividenden sind derzeit nur zur Hälfte steuerpflichtig, künftig komplett. Vor allem aber ist das Ende der Spekulationsfrist besiegelt: Wer Aktien veräußert, muss künftig Steuern zahlen, auch wenn die Wertpapiere mehr als ein Jahr gehalten wurden. Was Ende 2008 im Depot liegt, genießt jedoch Bestandsschutz und kann auch nach Jahrzehnten noch verkauft werden, ohne dass Abgeltungssteuer auf den Kursgewinn zu zahlen ist. Genug Zeit also, das Depot auf die neuen Regeln vorzubereiten - und vom alten Recht zu profitieren. Qual der Wahl Gleiches gilt für Investmentfonds. "Das spricht dafür, alle kurzatmigen Modethemen und riskanten Nebenwerte zu meiden und sich auf Fonds zu konzentrieren, die breit gestreut in den großen Standardwerten investieren", meint die Verbraucherzentrale Bremen. Bei der Wahl des passenden Produkts lenken die Finanzexperten den Blick auf Indexfonds, bei denen "das Risiko Fondsmanagement gänzlich ausgeschaltet" werde, weil solche Produkte lediglich ein Marktbarometer wie den Dax nachbilden: "Langfristig schneiden nur sehr wenige aktiv gemanagte Fonds besser ab als ihr Vergleichsindex." Nichtsdestotrotz haben die Finanzdienstleister schon den nächsten potenziellen Schlussverkaufshit ausgemacht: Dachfonds, die so ausgestaltet sind, dass ihre Manager steuerfrei umschichten und sich so Marktentwicklungen anpassen können. Kritiker bemängeln jedoch, dass bei Dachfonds sehr hohe Gebühren anfallen. Auch ein weiterer Gewinner der Abgeltungssteuer hat seine Tücken: die Fondspolice. Läuft diese mindestens zwölf Jahre und wird erst nach dem 60. Lebensjahr ausgezahlt, fällt künftig - wie bei Kapitallebensversicherungen auch weiterhin üblich - nur auf die Hälfte der Erträge der persönliche Steuersatz an. Die Verbraucherzentrale Bremen sieht darin eine Wettbewerbsverzerrung: Vor Steuern seien Fondspolicen im Vergleich zur direkten Anlage in Fonds mit einem Sparplan das eindeutig schlechtere Produkt, nach Steuern werde es künftig oft ganz anders aussehen. Die Versicherer wird's freuen, sie wittern bereits das große Geschäft. Quelle:http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/...p;em_cnt=1263593
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