Zeit-Autor und US-Korrespondent Jörg Wimalasena versucht seinem Artikel nach dem gar nicht so recht "Zeit"-gemäßen Einstieg (siehe Zitat in # 780) noch ein versöhnliches Ende zu geben. Jedoch... (siehe Anmerkung unten!...)
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"konformes" Ende des Zeit-Artikels
...Die kurze Erholungspause für solche Arbeitnehmer wird jedoch bald enden. Anfang September läuft der Zuschuss zum Arbeitslosengeld nach Bidens "American Rescue Plan" aus. Vor allem republikanisch geführten Bundesstaaten geht das noch nicht schnell genug, 23 Staaten wollen schon Mitte Juni die Zusatzleistungen streichen, obwohl sie selbst dafür nicht aufkommen müssen. Bis zu 3,8 Millionen Menschen könnten ihre staatliche Unterstützung verlieren....
....Auf der anderen Seite versuchen die Bundesstaaten aber auch selbst, Anreize zu schaffen. In Arizona gibt es bis zu 2.000 Dollar Bonus für Arbeitnehmer, die eine Vollzeitstelle mit einem Stundenlohn von weniger als 25 Dollar annehmen.
Eine andere Möglichkeit wäre freilich, dauerhaft höhere Löhne zu zahlen – ein Weg, den auf Druck von Arbeitnehmern und Politikern wie dem linken Senator Bernie Sanders immer mehr Konzerne beschreiten. Die Fastfood-Kette Chipotle etwa hat vor wenigen Wochen angekündigt, ihre Durchschnittslöhne auf 15 Dollar die Stunde anzuheben. Die Bank of America will bis 2025 die betriebsinterne Lohnuntergrenze auf 25 Dollar pro Stunde anheben. Und auch kleinere Betriebe scheinen Vorteile in höheren Gehältern zu sehen.
Ein Eiscafé in Pittsburgh erhöhte seine Löhne zum 1. April vom Mindestlohn in Pennsylvania (7,25 Dollar) auf 15 Dollar die Stunde und erhielt daraufhin nach eigenen Angaben mehr als 1.000 Bewerbungen. "Wir konnten praktisch über Nacht 15 Stellen besetzen", sagte Café-Besitzer Jacob Hanchar dem Nachrichtensender MSNBC Mitte Mai. Es habe keine Umsatzeinbußen gegeben und weniger Personalwechsel als sonst. Zudem seien die Mitarbeiter auch weniger ausgezehrt und Burn-out-gefährdet, weil sie nicht mehreren Jobs gleichzeitig nachgehen müssten, um über die Runden zu kommen. Auch die Kunden hätten die Maßnahme goutiert. "Die Leute wollen Betriebe unterstützen, die sich um ihre Mitarbeiter kümmern", sagte Hanchar.
Höhere Löhne statt Kürzungen, immer mehr Konzerne beschreiten diesen Weg. In den USA gibt es die Redensart von carrot and stick, wenn es darum geht, Menschen zu motivieren, eine Aufgabe zu erledigen. Die Karotte steht dabei für Belohnung, der Stock für Bestrafung. Während die US-Politik in der Post-Pandemie-Wirtschaft offenbar wieder zum Stock greifen will, versuchen Teile der Wirtschaft es eher mit Karotten. Und die Unternehmen scheinen damit Erfolg zu haben.
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Meine Anmerkungen/Bedenken:
Erst führt übertrieben hoher Covid-Stimulus (finanziert aus Neuverschuldung/Fed-Gelddrucken) dazu, dass in USA Stellen nicht mehr besetzt werden können, weil die Leute als Arbeitslose deutlich mehr Einkünfte haben.
Als "Ausgleich" sollen nun höhere Löhne den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt "schmackhaft machen". Das funktioniert natürlich auch zunächst.
Nur: Letztlich hat der Über-Stimulus damit auf Umwegen die gefürchtete Lohn-Preis-Spirale in Gang gesetzt, die die "Mutter" aller inflationären Entwicklungen ist. Next step: Galoppierende Inflation.
Wie die Wirtschaftsgeschichte lehrt, ist das Inflationsgespenst, wenn es erst einmal der Flasche entkommen ist, kaum mehr in diese zurückzubekommen (daher: "galoppierend"). Die Horror-Inflation der 1970er-Jahre endete in USA erst, nachdem Anfang der 1980er Jahre der neue Fed-Chef Paul Volcker - den Unmut sämtlicher Marktteilnehmer auf sich ziehend, aber mit Erfolg - die US-Leitzinsen auf fast 20 % hochsetzte.
Würde galoppierende Inflation erneut mit solchen Hochzinsen "bekämpft" werden müssen - siehe Türkei, wo Erdogan genau diese Not-Zinserhöhungen fürchtet und bereits mehrere Notenbankchefs gefeuert hat (# 779) -, dann würde die ganze Niedrigzins-Blase, die subkzessive seit 1980 aufgebaut wurde, krachend zusammenbrechen. Und zwar nicht nur am Aktienmarkt, sondern auch am Immobilienmarkt.
Der Immobilienmarkt ginge den Bach runter, weil Leute, die für 500.000 Euro eine 3-Zi-Eigentumswohung gekauft haben, "weil Geld ja wertlos wird", und sich über die niedrigen Hypo-Zinsen freu(t)en (# 777), ihr blaues oder genauer rotes Wunder erleben. Es dürfte Zwangsversteigerungen ohne Ende gegen, weil die Leute (nach Ablauf ihrer Hypo-Verträge) die Zinslast aus ihren überteuerten Immo-Käufen nicht mehr stämmen könnten.
Die Immobilen-Preise würden wie Steine fallen, die Bauwirtschaft erlahmen (siehe Spanien ab 2009), und es könnten sogar viele Staaten pleite gehen - vor allem in der Eurozone: Bei einem Zinsanstieg am langen Ende (der dem am kurzen Ende meist folgt) wäre die bisherige durch EZB-Nullzinsen geförderte Schuldenwirtschaft in der Eurozone nicht mehr tragfähig. Deutschlands gefeierte "schwarze Null" - die allein daher herrührt(e), dass der deutsche Staat auf seine Schulden (Staatsanleihen) keine Zinsen mehr zahlen muss(te), sondern frecherweise sogar Strafzinsen kassiert - wäre fürs lange Zeit dahin.
Schlussendlich würde auch die PIIGS-Quersubventionierung via EZB zusammenbrechen und damit wohl auch der Euro.
Und alles nur, weil mit Überstimulus in USA ein Wahlkampf gewonnen werden sollte...
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