Mal angenommen wir hätten derzeit nicht nur eine Flüchtlingskrise, sondern zusätzlich eine tiefe Rezession mit hoher Arbeitslosigikeit und dazu auf der rechtsnationalen Seite einen sehr starken Politiker, der die etablierten Parteien zumindest rhetorisch übertrumpft.
Ich glaube, der Zeitgeist ist dann nur noch ein Wort.
Klar gab in den späten 20er Jahren und frühen 30er Jahren noch andere Dinge, die man beachten muss. Erstens der Versailler Vertrag, zu dem es heute keinen Vergleich gibt., Zweitens die damals sehr junge Demokratie, die heute sicherlich viel gefestigter ist. Drittens Jahrhunderte lange Hetze gegen Juden, ein gewisser verbreiteter Sozialdarwinismus und ähnliches.
Heutzutage haben die meisten Deutschen aus all diesen Dingen gelernt. Leider nicht alle. Insofern stimmt es von der Masse der Extremisten auf allen Seiten zwar sicherlich, was du sagst, aber wehret den Anfängen. Lass die Sprache der AFD noch ein bißchen aggressiver werden, lass eine extreme wirtschaftliche Krise dazu kommen und einen "Führer", und du hast plötzlich auch einen Zeitgeist, der dem von damals zumindest bedrohlich nahe kommen kann. Offenbar sind sich viele Leute der Dynamik gesellschaftlicher Prozesse gar nicht im klaren. Es fängt mit Worten an, die plötzlich wieder sagbar sind. Es geht über erste Gesetzesvorschläge zur Ausgrenzung von Minderheiten. Und es endet mit der Ausgrenzung eben dieser Minderheiten oder schlimmeren. Die Identitären und einzelne AFD-Kader und rechte Vordenker sagen beispielsweise sehr klar, dass Migranten irgendwann in letzter Konsequenz aus Deutschland heraus gebracht werden müssen, um die "Umvolkung" bzw. Vermischung des deutschen Volkes zu stoppen oder gar rückgängig zu machen. Da fragt dann oft niemand nach, wie das eigentlich passieren soll. Wenn man das etwas weiter denkt, seh ich schon Züge mit "undeutschem Volk" nach Osten fahren, ohne das diese gleich umgebracht werden. Aber was stellen sich diese Leute eigentlich genau vor? Massenvertreibung von Menschen, die sie nicht als deutsch betrachten? In letzter Konsequenz ist das Teil der Worte, die viele Rechtspopulisten heute ihren Anhängern eintrichtern. Und man hört ja genau das oftmals am Rande von Pegida-Kundgebungen und ähnlichen Montagsdemos durch einfache Bürger, die es aber gleichzeitig weit von sich weisen, Nazis zu sein. Da bemerkt man dann halt, dass es mit Worten anfängt, die immer mehr durch rechtspopulistische Parteien in die Mitte als sagbar getragen werden.
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the harder we fight the higher the wall