19.02.2001: Die 400.000 %-Strategie für den NEMAX 50 Wer ist der Mann, dessen Aktien in 39 Jahren auf das 4.000fache stiegen und wie würde er am Neuen Markt investieren? FinanzNachrichten.de nennt Ihnen die erfolgreichsten Investmentgrundsätze aller Zeiten und überträgt sie auf den NEMAX 50.
Der erfolgreichste Deal der Finanzgeschichte wurde wohl 1962 getätigt, als ein junger Mann aus der mittelamerikanischen Stadt Omaha für 18 USD je Aktie in die Textilfirma Berkshire-Hathaway einstieg. Die Aktien der Firma, die 1956 gar nur 7,5 USD wert waren, sind heute das teuerste Wertpapier an der Wallstreet und wechseln derzeit für 70.000 USD je Stück den Besitzer. 1998 notierten die Papiere im Hoch sogar bei mehr als 85.000 USD. Hinter diesen unglaublichen Zahlen steht der Name der Investmentlegende Warren Buffett, dessen Vermögen auf etwa 40 Mrd. USD geschätzt wird.
Die einflussreichste Beteiligungsgesellschaft der Welt
Seine Firma Berkshire-Hathaway, die er 3 Jahre nach seinem Einstieg komplett übernahm, konstruierte er zu einer Beteiligungsgesellschaft um, die heute Anteile von jeweils rund 10 % an Aktien wie Coca-Cola, American Express oder Gillette hält. Daneben kontrolliert das Firmenimperium des Spekulanten unzählige Groß-Versicherungen und auch viele mittelständische US-Unternehmen. Einmal im Jahr gibt Buffett, dessen Aktie im vergangenen Jahr vom Tief weg fast 75 % Performance brachte, seinen Aktionären darüber Auskunft, wie er das Geld der Firma Berkshire anlegt. Den nächsten Termin für diese Rede, der die ganze Wallstreet zitternd lauschen dürfte, wird Anfang März sein. Buffett hüllt sich zwar bezüglich seiner Investments oft lange in Schweigen, doch die Grundsätze seiner Strategie sind durch unzählige Veröffentlichungen und Kommentare allgemein zugängliches Gedankengut geworden.
Die erfolgreichsten Investment-Grundsätze aller Zeiten
So ist bekannt, dass Buffetts Anlagestrategie maßgeblich auf einer Veröffentlichung seines Lehrmeisters Prof. Benjamin Graham basiert. Dieser schrieb 1949 das Buch „The Intelligent Investor“ und entwickelte die „Theorie des Inneren Wertes“. Kaufenswert waren nach dieser Theorie nur Unternehmen, die an der Börse eben unter diesem Inneren Wert notierten. Buffett schlüsselte diesen sehr schwammigen Begriff in unterschiedliche Kriterien auf und entwickelte Grundsätze, die die Aktie eines kaufenswerten Unternehmens erfüllen musste. Diese Grundsätze gingen als die Strategie des „Value-Investings“ in die Finanzgeschichte ein.
Folgende Punkte haben unter anderem bezüglich des jeweiligen Unternehmens berücksichtigt zu werden:
- starker Markenname - einfaches Geschäftsmodell - hohe Umsatzrendite - hohe Eigenkapitalquote - geringe Verschuldung - hoher Cashflow - niedriges KGV - hohe Dividendenrendite - langfristig zügig wachsende Gewinne - geringe Abhängigkeit von Konjunkturzyklen - kompetentes Management
Lässt sich Value-Investing auf den Neuen Markt übertragen?
Schnell wird klar, dass diverse Punkte der Buffett-Strategie unter keinen Umständen von Unternehmen am Neuen Markt zu erfüllen wären. Besonders problematisch stellt sich die Forderung eines einfachen Geschäftsmodells und die geringe Abhängigkeit von Konjunkturzyklen dar. Im Zusammenhang mit Technologieaktien sind diese Punkte kaum zu erfüllen, so dass wir bei unserem folgenden Versuch, diese Strategie auf den NEMAX 50 zu übertragen, die beiden Punkte aus unserem Anforderungskatalog streichen sollten. Weiters sollten wir eine „hohe Dividendenrendite“ relativieren. Da nämlich kaum Unternehmen am Neuen Markt eine Dividende ausschütten, sollten wir uns darauf beschränken, den Unternehmen, die eine Dividende ausschütten, einen Bewertungsbonus zuzugestehen. Außerdem werden wir den Begriff „starker Markenname“ leicht in das Kriterium „dominante Marktstellung“ umwandeln.
NEMAX 50-Mitglieder mit Value
Im Test kristallisiert sich ganz klar ein Führungstrio heraus, das sich von einer kleinen Verfolgergruppe absetzen kann. Das wenig überraschende Ergebnis des Versuches ist aber, dass wohl die Hälfte der Mitglieder des NEMAX 50 nach unseren modifizierten Kriterien des Value-Investing vollkommen unbrauchbar sind. Lesen Sie nun drei Kurz-Porträts der Testsieger.
Balda – Trotz enttäuschender Handyabsätze auf gutem Kurs
Teils sehr gut erfüllt die Balda AG die Kriterien unserer Checkliste. Das Unternehmen wurde am Freitag abend am Frankfurter Parkett bei einem Kurs von 19 Euro mit 640 Mio. Euro bewertet. Der Hersteller von Handy-Verschalungen trat in dieser Woche mit den vorgelegten Geschäftszahlen den Beweis an, dass man schneller als der Handymarkt wachsen kann und so eine gewisse Immunität gegenüber den aktuellen Absatzschwankungen besitzt. Wenn 2002 allerdings UMTS-Handys verkauft werden, sollte die Nachfrage bei Balda wieder explodieren. Nachdem im vergangenen Jahr eine Umsatzsteigerung um 100 Mio. Euro auf 160,3 Mio. Euro gelang, wird nun aber 2001 erst einmal ein deutlich moderateres Wachstum erwartet. Doch das Management sorgte, wie schon mit der Veröffentlichung der letzten Quartalsberichte für große Freude bei den Aktionären. Balda will in diesem Jahr Erlöse von 220 Mio. Euro erzielen, ehe dann 2002 wieder eine Wachstumsbeschleunigung prognostiziert wird, die das Unternehmen zu Erlösen von 310 Mio. Euro führen soll. 2001 wird ein Konzernergebnis nach Steuern von 0,53 Euro pro Aktie erwartet. Besonders beeindruckend war im Jahr 2000 vor allem die Planungssicherheit des überragenden Managements, das riesige Auftragsausfälle durch den Großkunden Ericsson gar überkompensieren konnte. Die Eigenkapitalquote liegt bei 40 %. Der Cashflow betrug im abgeschlossenen Geschäftsjahr 0,45 Euro pro Aktie. Der Weltmarktanteil von Balda wird aktuell auf 7 % geschätzt. Mit Kunden wie Siemens, Ericsson, Alcatel und vor allem Nokia ist die Marktstellung als außerordentlich stark, wenn auch nicht dominant zu beschreiben. Das besondere Leckerchen an der Balda-Aktie ist allerdings, dass in diesem Jahr erstmals eine Dividende in Höhe von 0,13 Euro ausgeschüttet werden soll.
Kennzahlen
KGV 2000: 47 KGV 2001e: 36 Dividendenrendite 2000: 0,7% Umsatzrendite 2000: 8,3% Eigenkapitalquote 2000: 40% Marktstellung: stark Gewinnwachstum 2000–2002e: 34 % p.a.
Ergebnis
Die Balda-Aktie erzielt, verglichen mit dem NEMAX-50-Durchschnitt, eine gute Umsatzrendite. Die Eigenkapitalquote ist eher mäßig. Das KGV von 36 ist nicht als niedrig zu bezeichnen, allerdings soll der Aktionär nach Analystenschätzungen über Jahre hinaus mit einem jährlichen Wachstum von mindestens 30 % rechnen können. Je langfristiger der Anleger denkt und je mehr er an ein Anhalten des Booms in der Mobiltelefonie glaubt, desto interessanter wird die Aktie für ihn. Neben der Dividendenrendite überzeugt die Aktie aber vor allem durch ein sehr souveränes Management.
ce Consumer – Billiger und besser denn je
Auch die ce Consumer Electronic AG meldete erst in dieser Woche ihre Unternehmensergebnisse. Und diese waren, trotz mehrmaliger Erhöhungen der Planzahlen weit besser als vom Markt erwartet. Der inzwischen 25 Jahre alte Chipbroker sprang mit 556 Mio. DM Umsatz weit über die Schwelle von 0,5 Mrd. DM und übertraf die Erwartungen der Analysten um fast 20%. Besonders positiv nahm der Markt dabei auf, dass Erich J. Lejeune ankündigte, länger als ursprünglich geplant den Vorstandsvorsitz von ce behalten zu wollen. Die Schwäche von ce ist nach der Buffett-Methode vor allem die Umsatzrendite, die bei einer Berechnung mit dem EBIT von 24,3 Mio. DM nur 4,4 % beträgt. Das große Potential der Aktie liegt im geringen KGV auf Basis der Schätzungen für 2002, das laut Ansicht des Bankhauses Lampe bei einer Gewinnerwartung von 0,93 Euro pro Aktie aktuell bei 15 liegt. Aber Vorsicht, für 2001 werden 0,40 Euro nach 0,24 Euro im Jahr 2000 erwartet und deshalb sollte das Bärenfell noch nicht verkauft werden, solange der Bär nicht erlegt ist.
Ein besonders großer Vorteil bei ce sollte vor allem der Punkt sein, dass das Unternehmen in seinem Geschäft sehr unabhängig von der Konjunktur des Halbleitermarktes ist. Denn sollte es zu einem Nachfrageeinbruch kommen, verdient ce besonderes Geld daran, Überbestände zu managen. Ein weiteres Schmankerl ist das angekündigte Aktienrückkaufprogramm, das ce im Falle einer Bodenbildung durchführen will. Die Marktstellung von ce ist sehr gut. Erst vor wenigen Tagen konnte der größte Auftrag der Firmengeschichte an Land gezogen werden und die kritische Masse ist in diesen Umsatzdimensionen zweifelsfrei vorhanden. Für 2001 sei ganz klar, das ce ein Milliardenkonzern sein werde, sagt Lejeune bereits bei der Veröffentlichung des 9-Monatsberichtes 2000.
Kennzahlen
KGV 2000e: 58 KGV 2001e: 35 Dividendenrendite: - EBIT-Marge 2000: 4,4 % Eigenkapitalquote QIII/2000: 60 % Marktstellung: stark Gewinnwachstum 2000–2002e: 55 % p.a.
Ergebnis
Der einzige Schönheitsfehler des Unternehmens ist eine recht niedrige Umsatzrendite. Der Wert soll aber in den nächsten 2 Jahren zumindest um 2 % gehoben werden. Ansonsten besticht ce durch ein „relativ geringes“ KGV, so wie durch tolle Wachstumsraten. Die Eigenkapitalquote hat mit 60 % einen sehr guten Wert. Die Aktie scheint deutliches Aufholpotential zu haben. Einen dicken Minuspunkt handelt sich die Aktie aber für die Verbindlichkeiten in der Größe von 70 Mio. Euro ein. Diese sind durch die jüngsten Akquisitionen entstanden, sollten aber bald wieder abgebaut werden. Den Verbindlichkeiten stehen zudem 40 Mio. Euro Cash gegenüber.
Singulus – Die nächste DVD-Welle kommt bald
Dritter im Bunde unserer Testsieger ist die Singulus Technologies AG. Das Unternehmen setzte im Geschäftsjahr 2000 satte 730 Mio. DM um und erzielte dabei einen Konzernüberschuss von 100 Mio. DM. Die damit erreichte Umsatzrendite von 13,7% stellt den absoluten Spitzenwert unter den NEMAX 50-Mitgliedern dar. Singulus entwickelt Produktionsanlagen für die Herstellung von optischen Speichermedien und ist auf diesem Gebiet mit globaler Präsenz und technologischer Marktführerschaft absoluter Weltmarktführer. Nach sensationellen Ergebnissen für 2000 meldete das Unternehmen, dass man für 2001 aufgrund eines Nachfrageeinbruchs in Fernost ein leicht rückläufiges Geschäft erwarte. Ab 2002 rechnen Experten aber dann bereits einen neuen Nachfrageboom nach Singulus-Anlagen zur Produktion von DVD vor. Denn dann würden DVD-Recorder für den Einbau in PCs unter ein Preisniveau von 1.000 DM fallen, was den DVD-Boom weiter verstärken könnte. Doch Singulus hat bereits mit eigenen Maßnahmen gegengesteuert und ist in das Beschichtungsgeschäft eingestiegen. Anfang Januar konnte die Installation der ersten Modulus-Beschichtungsanlage gemeldet werden. 2002 sollen die neuen Maschinen bereits mit 100 Mio. DM zum Singulus-Umsatz beitragen können. Auch bei Singulus ist die Kompetenz des Managements sehr zu unterstreichen. Die IR-Politik gehört zu den transparentesten überhaupt. Für 2002 werden bei Singulus Umsätze im Wert von 840 Mio. DM erwartet. Der Gewinn soll dann etwa auf 120 Mio. DM steigen. Die Planungen dürften traditionell sehr konservativ sein.
Kennzahlen
KGV 2000e: 18 KGV 2001e: 17 Dividendenrendite: erste Gewinnausschüttung vermutlich für Geschäftsjahr 2001 Umsatzrendite 2000: 13,7 % Eigenkapitalquote 1999: 48 % Marktstellung: dominant Gewinnwachstum 2000–2002e: 10 %
Ergebnis
Das Bewertungsniveau macht die Aktie trotz eines Nullwachstums in 2001 hochattraktiv. Das Unternehmen ist grundsolide. Weiters ist mit einem „EMC-Effekt“ zu rechnen: Auch optische Speichermedien werden ständig benötigt werden und somit von ein paar zyklischen Schwankungen abgesehen, zu einem langfristig hohen Wachstum für den Kahler Maschinenbauer führen.
Fazit
Neben den drei vorgestellten Werten kommen im NEMAX 50 auch Unternehmen wie ACG, Comroad, International Media oder Medion auf interessante Ergebnisse in den Tests. Auch diese vier Firmen überzeugen durch sehr kompetentes Management. Das Team um den Comroad-Vorstandsvorsitzenden Bodo Schnabel wurde im letzten Jahr gar von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre ausgezeichnet.
Vollkommen ungeeignet für ein Investment nach der Buffett-Methode sind zum Beispiel Firmen wie Pixelpark, Intershop, EM.TV, United Internet, Gauss Interprise oder ADVA. All diese Firmen kommen vor allem wegen roter Zahlen nicht in Betracht.
David Khalil, FinanzNachrichten.de-Redaktion
David Khalil schreibt als freier Journalist für mehrere Online-Medien und ist Redakteur von FinanzNachrichten.de. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels besitzt er keine Aktien der Firmen Balda, ce Consumer oder Singulus. Dieser Bericht stellt keinesfalls eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers dar. Die veröffentlichten Informationen geben lediglich einen Einblick in die Meinung eines Wirtschaftsjournalisten. Für weitere Fragen steht der Redakteur via Mail (david.khalil@finanznachrichten.de) zur Verfügung.
gruß proxi
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