HAINZELL/KIEL Mit seinem alten Gartenschuppen hat Gert Schneider den Internetanbieter Freenet in die Knie gezwungen. Weil er mehrfach fehlerhafte Abrechnungen anmahnte und damit erfolglos blieb, kam ihm die Idee: Er verkauft dem Unternehmen etwas, was es nicht bestellt hat.
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Der 40-Jährige schickte der freenet Customer Care GmbH Ende des vergangenen Jahres eine Auftragsbestätigung über den Verkauf eines Holzschuppens für 40.000 Euro, Sommerreifen für 600 und Holz für 300 Euro. Obendrein stellte Schneider dem Kieler Unternehmen monatlich 50 Euro für Hausmeisterdienste in Rechnung. Damit hatte sich Schneider eigentlich nur Gehör für sein Anliegen verschaffen wollen. Die Geschichte: Der gebürtige Hünfelder wollte im September zum Internetanbieter freenet wechseln, nachdem er in sein Haus in Hainzell eingezogen war. Bei einem Vertriebspartner in Fulda unterschrieb er den Vertrag für Festnetzanschluss und Internet zum Pauschalpreis. Einige Tage später kam die Überraschung mit der Post: Laut Auftragsbestätigung hatte Schneider einen teureren Telefonanschluss, ein anderes Surfpaket und obendrein einen Handyvertrag gekauft. „Den haben sie mir draufgepackt, obwohl ich den gar nicht bestellt hatte“, sagt Schneider. Als selbständiger Immobilienmakler hat er bereits zwei Mobiltelefone.
Rechnungen und Mahnungen kamen zuhauf
Schneider reklamierte daher schriftlich und verlangte das günstigere Angebot, das er bestellt hatte. „Ich habe rund 70 Briefe, Mails und Faxe geschickt“, erklärt Schneider. In Antwortschreiben, die immer von anderen Sachbearbeitern kamen, seien stets falsche Bezüge hergestellt worden. Freenet ging auf Schneiders Hinweis aber auch nicht ein, verschickte stattdessen Rechnungen und Mahnungen und drohte schließlich mit einem Inkassoverfahren. Auch die freenet-Mitarbeiter an der telefonischen Service-Hotline hätten kein Gehör für Schneiders Anliegen gehabt. „In dem Laden muss es drunter und drüber gehen“, vermutet der 40-Jährige heute. Er sollte für etwas zahlen, was er nicht bestellt hat. „Normal ist das nicht“ ist zufällig der alte Werbeslogan von freenet. Im Dezember platzte Schneider dann der Kragen: „Was die können, kann ich auch“, sagte er sich und stellte im Gegenzug seinem Provider etwas in Rechnung, was der nicht bestellt hatte. Der Genervte verschickte eine Auftragsbestätigung über den Kauf eines 40.000 Euro teuren Holzschuppens samt Reifen und Holz. Weil der Anbieter innerhalb von vier Tagen Widerspruchsfrist nicht reagiert hat, schickte Schneider am fünften Tag die Rechnung über 40.900 Euro, eine Woche später eine Mahnung. „Ich habe das so genauso gemacht wie freenet“, sagt der frühere Disponent und Speditionsleiter. Dass diese Summe nicht gezahlt werden würde, war Schneider von Anfang an bewusst. „Ich wollte nur auf mich aufmerksam machen.“ Mit Erfolg: Kurz vor Weihnachten – ein Vierteljahr nach Schneiders erster Reklamation – reagierte freenet schließlich, wies den Schuppenkauf zurück und akzeptierte die Kündigung. „Ein Mitarbeiter rief mich an und klärte die Sache.“ Warum das Kieler Unternehmen so lange gezögert hat, Schneider zuzuhören, und ob der Fuldaer Vertriebspartner etwas vertauscht haben könnte, konnte nicht geklärt werden.
Bedauern für Herrn Riedel
Die Bitte um eine Stellungnahme gegenüber der Zeitung ließ der Vertriebspartner unbeantwortet. Freenet teilte mit: „Da die Bestellung in einem Shop getätigt wurde, unterliegt die Bestellung jedoch nicht dem Fernabsatzgesetz und somit besteht auch kein Widerrufsrecht, eine Stornierung war daher nicht möglich.“ Weil Schneider trotz falscher Bestellung Internet und Telefon nutzte, sei das Geschäft zustande gekommen. Ein nachträglicher Tarifwechsel sei technisch damals nicht möglich gewesen, „und wurde daher von uns abgelehnt“. Freenet betont, dass ausschließlich aus Kulanzgründen die Kündigung akzeptiert und die Rechnungsbeträge reduziert wurden. In dem letzten Brief an Gert Schneider im Februar teilt der Provider lediglich mit, dass „wir es außerordentlich bedauern, Ihnen solche Mühen bereitet zu haben und bitten (...) um Entschuldigung“. Offenbar hatte das Unternehmen noch immer nicht das Durcheinander bewältigt, bleibt aber seinem alten Werbespruch „Normal ist das nicht“ treu: Die Anrede im Brief an Schneider lautete „Sehr geehrter Herr Riedel“.
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