Berlin - Unter enormem Verhandlungszeitdruck versucht die Bundesregierung den deutschen Autobauer Opel aus dem drohenden Insolvenzstrudel der US-Mutter General Motors (GM) herauszuhalten.
Entscheidend dafür sind die Konzepte potenzieller Investoren, für die bis Mittwochabend (18.00 Uhr) eine Abgabefrist gesetzt worden war. Die Bundesregierung werde sich parallel zu GM und US-Regierung umgehend an die Auswertung der Zukunftsmodelle für den deutschen Autobauer machen, versicherte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Mittwoch. Man stehe innerhalb der zuständigen Bundesministerien sowie mit den betroffenen Landesregierungen, aber auch mit GM, Opel und GM-Europe sowie mit der US-Regierung in ständigem Kontakt.
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) kündigte nach einem Treffen der zuständigen Minister und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin an, dem Unternehmen solle möglichst noch vor Ende des Monats eine Perspektive geboten werden. Der amerikanische Opel-Mutterkonzern GM muss seinerseits bis zum 29. Mai der US-Regierung ein tragfähiges Zukunftskonzept vorlegen. Doch selbst die Konzernspitze räumt inzwischen ein, dass eine GM-Insolvenz kaum mehr zu verhindern sei. Dies hätte für die deutsche Tochter Opel gravierende Folgen.
GM-Europachef Carl-Peter Forster ging in der Fachzeitschrift "auto motor und sport" (Freitag) jedoch davon aus, dass Opel auch im Fall der Insolvenz von GM weiter arbeiten könne und Zugriff auf alle Technologien behalte. Opel beschäftigt in vier deutschen Werken rund 25 000 Menschen.
Grundsätzlich entscheiden der ums Überleben kämpfende GM-Konzern sowie die US-Regierung über einen Einstieg von Investoren. Weder von GM noch von der US-Regierung kamen bislang eindeutige Signale. Da der Bund aber Bürgschaften für die Finanzierung einer Beteiligung geben soll, werden die Konzepte auch in Berlin vorgelegt und geprüft. Die aussichtsreichsten Kandidaten sind der italienische Autobauer Fiat sowie der österreichisch-kanadische Zulieferer Magna. Auch der amerikanische Finanzinvestor Ripplewood wird über seine europäische Tochter RHJ International als Interessent gehandelt. Die Bundesregierung bevorzugt jedoch einen Investor, der möglichst selbst in der Automobilbranche tätig ist.
Regierungssprecher Wilhelm sagte, die Runde der zuständigen Minister werde sich in dieser Woche erneut treffen, um die Konzepte zu erörtern. Eine Verhandlungsdelegation stehe weiterhin bereit, kurzfristig nach Washington zu reisen, um eine Herauslösung von Opel auszuloten. Der federführende Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) behalte sich vor, die Delegation zu begleiten. In einem ersten wichtigen Schritt hätten sich Bund, Länder mit Opel- Standorten und staatliche Banken am Dienstagabend auf eine Brückenfinanzierung verständigt, die Opel in der derzeitigen unübersichtlichen Lage Zeit für weitere Verhandlungen mit Investoren verschaffen solle.
Thüringens Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz (CDU) sagte der dpa, der Finanzbedarf des Autobauers solle über einen verbürgten Kredit, für den der Bund und die Länder je zur Hälfte geradestehen, gedeckt werden. Der Kredit solle über öffentlich-rechtliche Banken organisiert und staatlich verbürgt werden. Thüringen will 51 Millionen Euro beisteuern, Nordrhein-Westfalen 150 Millionen Euro und Rheinland-Pfalz laut Südwestrundfunk (SWR) rund 102 Millionen. Hessen will sich nach Angaben des Wiesbadener Finanzministeriums mit 447 Millionen Euro an der geplanten Überbrückungshilfe beteiligen. Insgesamt sind 1,5 Milliarden Euro Überbrückung im Gespräch. Ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums sagte, noch am Mittwochabend sei eine Schaltkonferenz zwischen Bund und den Opel-Standortländern geplant.
Mit dem Treuhandmodell soll Opel aus dem Gesamtkonzern herausgelöst werden, um negative Auswirkungen einer GM-Insolvenz auf die deutsche Tochter zu vermeiden. Bedingung für das Treuhandmodell ist laut Guttenberg, dass Opel-Interessenten zukunftsträchtige Konzepte vorlegen. Sollte es diese Konzepte nicht geben, hält Guttenberg auch eine "geordnete Insolvenz" des deutschen Autobauers für denkbar.
|