«Supergau ist eingetreten» - Münchener Infineon-Werk vor dem definitiven Ende - IG Metall will notfalls mit Streiks weiterkämpf Mittwoch 14. September 2005, 18:44 Uhr
München (ddp). Der Halbleiterhersteller Infineon will sein Werk in München-Perlach definitiv Anfang 2007 schließen. Für den Großteil der rund 800 Mitarbeiter werde es dann keine Weiterbeschäftigung geben, sagte ein Konzernsprecher am Mittwoch in München. Zuvor waren Übernahmeverhandlungen für das Werk mit dem Erfurter Halbleiterhersteller X-FAB gescheitert. Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer sagte dazu: «Der Supergau ist eingetreten.» Die Gewerkschaft werde aber noch nicht aufgeben und behalte sich als letztes Mittel einen ANZEIGE Streik vor. Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) bedauerte das Scheitern der Gespräche.
Infineon (Xetra: 623100 - Nachrichten) und X-FAB teilten gemeinsam mit, nach umfassender Prüfung habe sich herausgestellt, dass das Werk langfristig nicht wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden könne. «Wir hätten das Werk Perlach gern als Halbleiterstandort fortgeführt und sind dafür an die Grenzen des Möglichen gegangen», sagte der Vorstandsvorsitzende von X-FAB, Hans-Jürgen Straub. Es habe sich aber herausgestellt, dass die wirtschaftlichen und strukturellen Defizite in Perlach zu groß seien.
Neugebauer widersprach dieser Einschätzung energisch. Ein Gutachten der IG Metall zeige eindeutig, dass es für das Werk eine Zukunft geben könne. «Vielleicht fehlt es am Willen und der Bereitschaft zu kreativen Lösungen», sagte der Gewerkschaftsboss. Die IG Metall werde eine Schließung «nicht akzeptieren» und sei zu einem Sanierungstarifvertrag bereit.
Der Münchener Gewerkschaftssekretär Mathias Sommerfeld drohte: »Falls das Unternehmen aber stur bleibt, werden wir zum letzten gewerkschaftlichen Mittel greifen, zum Streik.« Die IG Metall werde die Vorbereitungen für eine Urabstimmung und einen Arbeitskampf sehr schnell in die Wege leiten. Er hoffe aber, dass bei Infineon »doch noch die Vernunft einkehrt«. Auch Neugebauer wollte einen Streik »nicht ausschließen«. Er setze zunächst aber auf Verhandlungen mit Infineon noch in diesem Monat.
Auch Wirtschaftsminister Wiesheu betonte: »Sollte es eine weitere Möglichkeit geben für die Fortführung des Werkes, dann müsste selbstverständlich ein weiterer Versuch gemacht werden." Allerdings sei er nicht sehr optimistisch. Man könne «an der Tatsache nicht vorbei sehen, dass mit dem Scheitern dieser Verhandlungen die Aussichten erheblich schwieriger geworden sind».
In dem Infineon-Werk, das vor rund 20 Jahren ursprünglich als Forschungsstandort gegründet worden war, werden vor allem Chips für den Mobilfunk und die Automobilindustrie hergestellt. Gefertigt wird dort ausschließlich auf 150-Millimeter-Siliziumscheiben, während der heutige Industriestandard 200 Millimeter beträgt.
ddp.vwd/ume/rab Gruss Ice
|