Handelsblatt Nr. 244 vom 18.12.07 Seite 16
Windturbinenbauer Nordex schmiert an der Börse ab
Verzögerungen bei zwei Projekten in Italien kosten bis zu 50 Millionen Euro Umsatz und zehn Millionen Euro Ergebnis
MARKUS HENNES | DÜSSELDORF Es kommt nicht häufig vor, dass dieselbe schlechte Nachricht gleich zweimal einen Kurssturz auslöst. Aber der Fall des Hamburger Windanlagenbauers Nordex belegt zweierlei: Die Anleger sind nach den jüngsten Gewinnwarnungen von Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien - allen voran Conergy - hochgradig nervös, und offenbar hat die Börse ein kurzes Gedächtnis.
Der Kurs der Nordex-Aktie ist gestern zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen unter die Räder gekommen. Mit einem Minus von zeitweise mehr als zehn Prozent, das sich bis Handelsschluss auf minus sechs Prozent reduzierte, waren die Titel der größte Verlierer im TecDax. Auslöser der Talfahrt war ein Zeitungsbericht, wonach sich die Fertigstellung von zwei Windparks in Italien wegen schlechter Wetterbedingungen verzögere und Nordex die angestrebten Jahresziele womoglich nicht erreichen werde.
Allerdings hatte das Unternehmen auf diese Projektverzögerung und einen drohenden Umsatzausfall in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe in diesem Jahr schon bei der Vorlage der Neunmonatszahlen Mitte November hingewiesen. Schon damals hatte Vorstandschef Thomas Richterich erklärt, dass Nordex in der Projektabwicklung weiter unter Volllast laufe, möglicherweise das angestrebte Umsatzvolumen für 2007 von 760 Mill. bis 770 Mill. Euro nicht erreichen werde. Am Wochenende konkretisierte er nun das Ausfallrisiko: Um maximal 50 Mill. Euro könne Nordex das Umsatzziel verfehlen. Wie ein Sprecher des Unternehmens gestern ergänzte, könne dies einen Betrag von bis zu zehn Mill. Euro beim Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) kosten.
Zugleich betonte er aber: "Es gibt keine neuen Risiken, und es gibt keine Gewinnwarnung." Nordex sehe nach wie vor gute Chancen, seine ursprünglichen Jahresziele zu erreichen. Sollten die Projekte in Italien nicht mehr rechtzeitig bis zum Jahresende fertig werden, würde die Abrechnung auf das erste Quartal 2008 verschoben.
Analysten gehen allerdings davon aus, dass Nordex die eingetretene Verzögerung in den noch verbleibenden zwei Wochen bis zum Bilanzstichtag nicht mehr aufholen kann. Nach Ansicht von Sven Diermeier, Analyst bei Independent Research, wäre das jedoch kein Beinbruch. Wie sein Kollege Alexander Stiehler von Unicredit geht Diermeier davon aus, dass Nordex die Probleme in Italien 2008 in den Griff bekommt.
Aktienhändler erklärten die gestrigen Kursverluste auch mit Gewinnmitnahmen. Schließlich habe sich der Kurs der Nordex-Aktie seit Jahresbeginn fast verdreifacht und damit viele Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien klar abgehängt.
Hennes, Markus
18. Dezember 2007
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