Quelle: Handelsblatt
„BADWILL“ Kapital aus dem Nichts: Deutsche Bank könnte bei Fusion mit Coba durch einen Kniff profitieren Fusionen kosten Geld – dank Sonderfällen in der Bilanzbuchhaltung können sie auch Geld herbeizaubern. So vielleicht auch im Fall Deutsche und Commerzbank.
FrankfurtWie sehr Investoren einem börsennotierten Unternehmen trauen oder nicht, lässt sich unter anderem an dem sogenannten Kurs-Buchwert-Verhältnis ablesen. Es besagt, in welchem Verhältnis der gesamte Börsenwert eines Unternehmens zum Eigenkapital der Gesellschaft steht. Normalerweise müsste ein Unternehmen an der Börse genauso hoch bewertet sein wie sein Eigenkapital, das dem Reinvermögen der Aktionäre entspricht. Bei Banken ist das mittlerweile nur noch selten der Fall. Die meisten Institute notieren mit einem hohen Abschlag.
Bei der Commerzbank beträgt das Kurs-Buchwert-Verhältnis weniger als 40 Prozent, weil der Börsenwert bei knapp neun Milliarden Euro liegt, aber das harte Kernkapital zuletzt etwa 23 Milliarden Euro betrug.
Genau diese vermeintliche Unterbewertung hat auch ihre Vorteile. Denn der Kaufpreis bei einer Übernahme orientiert sich in der Regel am Börsenwert eines Unternehmens, vielleicht noch zuzüglich eines Zuschlags. Liegt dieser Kaufpreis weit genug unter dem Wert des Eigenkapitals des gekauften Unternehmens, kann das dem Käufer einen Sondergewinn bescheren.
Der Vorgang klingt wie Bilanzakrobatik, hat aber reale Vorbilder, sogar in Deutschland: Die Aareal Bank hat in den vergangenen Jahren geradezu einen Sport daraus gemacht, kleine Wettbewerber aufzuspüren, die solche Anomalien aufweisen, die im Fachjargon „Badwill“ oder negativer Firmenwert genannt werden.
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Beim Kauf der Corealcredit 2014 erzielte die Aareal Bank einen „Badwill“ von 91 Millionen Euro, bei der Übernahme der Westimmo ein Jahr später weitere 150 Millionen Euro. Beim Kauf der Düsselhyp im vergangenen Herbst waren es 52 Millionen Euro. Das Handelsblatt hat sich den Vorgang von Experten erklären lassen, die aber nicht genannt werden wollten.
So entsteht bei einer Übernahme ein Sondergewinn Vereinfacht gesagt, entsteht ein Badwill so: Bank A kauft Bank B zum Preis 500. Bei Bank B steht ein Eigenkapital von 1000 in der Bilanz. Bei einer Übernahme muss die gesamte Bilanz von Bank B neu bewertet werden, um stille Lasten und stille Reserven zu identifizieren.
In unserem Beispiel kommt heraus, dass Bank B stille Lasten in Höhe von 200 hat. Die müssen vom Eigenkapital abgezogen werden. Die Differenz von 300 ist ein sogenannter „Lucky Buy“, also so etwas wie ein Schnäppchen. Das setzt natürlich voraus, dass die Bank nicht deshalb so billig ist, weil ihre Ertragsaussichten so schlecht sind.
Wie wird das nun verbucht? Nach den Regeln des Handelsgesetzbuchs würde Bank B nach dem Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns zum Kaufpreis also zu 500 eingebucht, abgegrenzt davon werden die übrigen 300 als „Unterschiedsbetrag aus Kapitalkonsolidierung“ vermerkt. Nur wenn sich nachweisen lässt, dass sich tatsächlich ein Gewinn von 800 (Eigenkapital minus stille Lasten) realisieren lässt, steigert der Kauf quasi nach „Beweisführung“ den Gewinn. Die HGB-Regeln sind für die AG-Abschlüsse der Banken relevant.
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Doch für den – wichtigeren – Konzernabschluss gelten die internationalen Bilanzregeln IFRS. Und die IFRS-Regeln sind vergleichsweise aggressiv. In der IFRS-Welt wird der Badwill direkt in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung ausgebucht. Das heißt, er steigert den Gewinn der Bank – und damit auch ihr Eigenkapital. Bank A kann bei der Bankenaufsicht dann beantragen, dass ihr der kapitalförderliche Gewinn auch schon unterjährig anerkannt wird.
Bankenaufseher haben die „Badwills“ kritisch im Blick Auf Deutsche Bank und Commerzbank bezogen heißt das: Wenn die Deutsche Bank die Commerzbank zum Börsenwert bekäme, entstünde eine Differenz von 14 Milliarden Euro. Wenn bei einer Buchprüfung nicht verborgene Lasten entdeckt werden, müsste die Deutsche Bank bei der Übernahme – rein theoretisch – also mehrere Milliarden Euro Gewinn machen.
Die nun spannende Frage ist, wie die Bankenaufseher darauf reagieren. Sie können einen Badwill anerkennen – sie müssen es aber nicht tun. Den europäischen Bankenaufsehern ist durchaus schon aufgefallen, dass dieser Badwill-Effekt in naher Zukunft bei vielen Übernahmen eine Rolle spielen könnte, heißt es in der Branche. Ganz wohl sei den Bankenwächtern dabei nicht, ist zu hören.
„Man sieht sich da jeden Einzelfall genau an“, heißt es in europäischen Aufseherkreisen. Es hat Fälle gegeben, in denen die Aufsicht den Badwill, der bei Übernahmen entstand, nicht anerkannte. Häufig wurde er aber akzeptiert.
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Das Unwohlsein der Bankenaufseher ist nachvollziehbar. Schließlich dürfte an funktionierenden Märkten so etwas wie ein Badwill nicht ohne Weiteres existieren. Dass die Börsenwerte von der Deutschen Bank und der Commerzbank so weit unter deren Eigenkapital liegen, muss Gründe haben.
Zum einen schlägt sich in einem niedrigen Börsenwert die Furcht vor unbekannten Risiken in den Büchern von Banken nieder. Eine weit größere Rolle spielen aber einigen Analysten zufolge mittlerweile die Zweifel an den Ertragsaussichten beider Banken.
Entsteht durch eine Fusion aber tatsächlich eine profitablere Bank – oder können die Vermögenswerte der zugekauften Bank gewinnbringend versilbert werden –, dann werden aus virtuellen irgendwann auch echte Gewinne. ----------- schaun mer mal
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