Die Pariser Konzernspitze gibt nicht auf
Alstom versus Axpo/EGL Hoffen, dass das Aargauer Verwaltungsgericht Klarheit schaffen wird
Italienprojekte der Axpo sind durch eine Beschwerde der Alstom blockiert. Für die Öffentlichkeit stellen sich zwei Fragen: 1. Gefährdet Alstom mit der Blockade tatsächlich das Italiengeschäft der grössten Schweizer Stromgruppe? 2. Haben Axpo/EGL mit dem Nein zur Neuausschreibung die Chancen für bessere Offerten nicht ausgeschöpft? Und warum?
Peter K. Sonderegger
Im April 2004 hat Alstom das erste unter Axpo/EGL-Regie ausgeschriebene Kraftwerkprojekt in Italien verloren. Zum Zuge kam die italienische Ansaldo. Am 21. Januar hat Axpo entschieden, dass die weiteren zwei Kraftwerkprojekte in Rizziconi (Kalabrien) und Salerno nicht neu ausgeschrieben werden. Alstom werde somit keine zweite Chance erhalten.
Seit dem 31. Januar (MZ-Ausgabe vom 24. 2.) läuft eine Submissionsbeschwerde von Alstom vor dem Aargauer Verwaltungsgericht. Die damit ausge-löste aufschiebende Wirkung blockiert jetzt bis auf weiteres die Auftragsvergaben für die beiden Axpo-Kraftwerkprojekte in Süditalien. No comment zu laufenden Verfahren, heisst es bei Axpo und EGL zur Frage, ob man die jetzige Blockade mit dem Antrag zum Entzug der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht bekämpfen will. Als-tom will mit der Beschwerde prüfen lassen, ob das Vorgehen von Axpo rechtens war. Die Turbinenbauer hoffen, dass es doch noch zu einer Neuausschreibung und damit zu einer Chance im zweiten Anlauf kommt.
Kein Verständnis in Paris
Alstom hat mit der Beschwerde fünf vor zwölf die letzte Karte gezogen. Das zeigt: Konzernchef Patrick Kron ist nicht bereit, einfach aufzugeben. Es ist kein Geheimnis, dass man in Paris nicht versteht, dass Frankreich mit der Staatshilfe auch Schweizer Jobs stützt, ein Schweizer Staatsbetrieb aber die Alstom-Konkurrenz bevorzugt. In der Schweizer Öffentlichkeit stellt sich noch eine andere Frage. Hat die im Eigentum der Nordostschweizer Kantone stehende Axpo mit dem Verzicht auf eine Neuausschreibung die Chance für möglicherweise günstigere Angebote aus einer zweiten Offertrunde nicht wahrgenommen? Und warum? Ist Axpo schon mit dem ersten Auftrag an Ansaldo weitere Verpflichtungen eingegangen? In der ersten Offertrunde kamen Ansaldo, Alstom und General Electric in die Endauswahl. Es ist selbstverständlich denkbar, dass in einer zweiten Runde GE und nicht Alstom am besten abgeschnitten hätte. Was bedeutet die beim Aargauer Verwaltungsgericht laufende Beschwerde jetzt für Axpo? Gefährdet die Blockade die ambitiösen Italienpläne? Zum Hintergrund: Axpo-Chef Heinz Karrer und EGL-Chef Emanuel Höhener begründeten am 21. Januar den Verzicht auf eine Neuausschreibung vor allem mit zwei Argumenten. Erstens: Das Konvoi-Verfahren mit nur einem Lieferanten bringe Einsparungen von rund 100 Millionen Euro. Zweitens: Das im April auslaufende Zeitfenster für den Baubeginn in Rizziconi lasse gar keine Zeit mehr für eine Neuausschreibung denn der Terminverfall würde neue Einsprachen gegen das Kraftwerkprojekt ermöglichen. Und vom Stromengpass in Kalabrien profitiere primär dasjenige Kraftwerk, das als erstes ans Netz gehe. Mit dem Faillieren der Italienprojekte stünden runde 800 Millionen Euro auf dem Spiel, argumentieren Karrer und Höhener. Das Submissionsverfahren vor dem Aargauer Verwaltungsgericht dürfte zwei bis drei Monate dauern. Anschliessend steht noch der Weg für eine staatsrechtliche Beschwerde vor dem Bundesgericht offen. Dies verbunden mit dem Gesuch um aufschiebende Wirkung. Es könnte also einige Zeit dauern. Ist also Alstom schuld, wenn die Submissionsbeschwerde zu Bauverzögerung und wie bei Axpo/EGL befürchtet zu namhaften Ertragsausfällen führen sollte? So einfach liegen die Dinge nicht. Die EGL-Projektleiter kannten das Zeitfenster spätestens seit März 2004. Richtung Neuausschreibung tat sich jedoch nichts. Erst Ende Oktober bestellte die Axpo einen Auschuss zur Überprüfung einer Neuausschreibung. Dies als Reaktion auf die massive öffentliche Empörung in der Alstom-Region, weil die Schweizer Stromer die Turbinen und Generatoren nicht quasi beim Nachbarn über der Strasse bestellen wollten. Am 21. Januar kam das Nein zur Neuausschreibung. Begründet mit dem Vorteil des Konvoi-Verfahrens und dem engen Zeitfenster. Beide Faktoren sind bei der EGL seit mindestens einem Jahr bekannt. Kritiker misstrauen deshalb der Begründung und vermuten bewusste Verzögerungstaktik. Zu hoffen ist, dass die Submmissionsbeschwerde und das Verwaltungsgericht jetzt Klarheit schaffen werden.
|