Analysten - heute großer Artikel in der SZ

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neuester Beitrag: 27.03.01 12:32
eröffnet am: 27.03.01 12:19 von: b121 Anzahl Beiträge: 3
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27.03.01 12:19

67 Postings, 8573 Tage b121Analysten - heute großer Artikel in der SZ

Wenn mir jemand verrät wie ich den Artikel in meinen Thread reinstelle oder das für mich jemand anders übernimmt der den Artikel gelesen hat. Bin leider kein Computerexperte.
ARtikel auf Seite 30 der Süddeutschen vom 27.3.2001, sehr erhellend, bestätigt eigentlich alle Meinungen hier auf Ariva, die Analysten als Kontraindikatoren bezeichnen oder als nicht vertrauenswürdig. Erinert mich irgendwie an den Film mit Richard Gere und Andy Garcia "Vertrau Ihm, er ist ein Cop".  

27.03.01 12:29

41 Postings, 8823 Tage AmokArtikel aus SZ

Vom zynischen Spiel der Analysten

(SZ vom 27. März 2001) - Im Grunde ist Tony Goldings Botschaft simpel. Analysten, lautet ein Fazit des Ex-Investmentbankers, sind gekauft. Und Fondsmanager, so eine weitere Einsicht, haben längst aufgehört, den geschriebenen Analysten-Empfehlungen zu trauen.

Dabei ist Golding kein Rebell. Der schmale Mittfünfziger mit den schneeweißen Haaren hat lediglich in den letzten zwei Jahren seine Insidersicht auf die City, das Finanzzentrum London, niedergeschrieben.

Zuvor hat er vierundzwanzig Jahre lang selbst dort gearbeitet. 1974 begann er als Analyst bei einer kleinen Brokerfirma. Vier Jahre später wechselte er zur Investmentbank Flemings, zunächst als Forschungsdirektor in der Anlageabteilung, zuletzt auf der Seite der Investmentbanker, die Geschäfte mit Unternehmenskunden abschließen. 1998 ließ er sich vorzeitig pensionieren, zog sich in den Londoner Vorort Chiswick zurück, wo er in einem Backsteinhäuschen mit Erker wohnt.

„Meine Sicht von dem, was Analysten tun, ist ziemlich zynisch“, räumt Golding ein. Kein Lächeln mildert das Urteil. In der Theorie ist der Rat von Analysten, die externe Kunden beraten, unabhängig: Empfiehlt der Analyst von Merrill Lynch für die Telekom-Branche, Vodafone zu kaufen, so sollte der so informierte Fondsmanager davon ausgehen können, dass das Lob nicht einem verdeckten Interesse von Merrill Lynch folgt.

In der Branche spricht man von der Chinesischen Mauer, die Analysten von den Investmentbankern zu trennen habe. Die Praxis jedoch funktioniere anders, erzählt Golding und zitiert einen Freund, Investmentbanker bei einer großen amerikanischen Bank: „Unser Verhältnis zu Analysten ist ganz klar geregelt: Sie arbeiten für uns.“

Üppige Bezahlung

Das aber, sagt Golding, sei schlicht eine Frage der Bezahlung. Analysten verdienen viel. Ein internes Papier des Personalkonzerns TMP Worldwide hielt mit Stand November 2000 fest, dass amerikanische Analysten bereits in ihren ersten drei Berufsjahren ein Gesamteinkommen von bis zu einer Millionen DM erwarten könnten, in Europa seien immerhin bis zu 400000 DM drin.

Erfahrenere Analysten könnten in Amerika mit vier Millionen und in Europa immerhin noch mit rund 1,5 Millionen DM rechnen, wobei die Gehälter der Sell-side-Analysten, die die Kunden beim Aktienkauf beraten, deutlich über denen der Buy-side-Analysten liegen, die die Fondsmanager des eigenen Hauses beraten.

Die üppigen Gehälter, sagt Tony Golding, könnten aber nicht mehr aus den Gebühren gezahlt werden – etwa 0,1 bis 0,2 Prozent des Gesamtwertes, zu dem Aktien ge- oder verkauft werden. Ein Klacks im Vergleich zu den Handelsgebühren, wie sie bis Mitte der siebziger Jahre üblich waren. Deren Verfall setzte ein mit der Liberalisierung der Börsengesetze, zunächst 1975 in New York, dann im Oktober 1986 in London (Big Bang).

Heute müssen Analysten subventioniert werden: „Ich würde mich sehr wundern“, sagt Golding, „wenn heute noch irgendein Investmenthaus eine in sich profitable Forschungsabteilung hätte.“

Damit kamen die Investmentabteilungen ins Spiel. „Das Aktiengeschäft“, schreibt der Ex-Banker in seinem Buch, „kann ruhig Verluste machen, solange es als Hebel dient für andere Geschäfte.“ Bei Flemings zum Beispiel habe er sich unter anderem um ein mittelständisches Unternehmen bemüht. Sein Ziel: Flemings als Berater für eine Fusion zu empfehlen, ein Geschäft, das typischerweise ein halbes bis ein Prozent vom Gesamtumfang des Abschlusses einbringt.

„Unser Konkurrent war Morgan Stanley. Sie erschienen mit ihrem Merger-and-Acquisition-Team, und mit im Tross war ihr Analyst. Der hielt seine Präsentation, glänzte mit seinen Branchenkenntnissen und warb damit für die Kompetenz seiner Bank. Als es dann zur Sache ging, musste er den Raum verlassen. Aber seinem Bonus hat dieser Auftritt gewiss nicht geschadet. Wir hingegen als kleines Investmenthaus konnten mit solch einem Analysten nicht aufwarten, und das war deutlich von Nachteil.“

Golding glaubt, dass die Hälfte der Kosten, die Analysten verursachen, mittlerweile vom Investmentgeschäft getragen werden, also der Beratung von Unternehmenskunden bei Fusionen, Firmenkäufen oder beim Börsengang. „Ich weiß, dass Goldman Sachs es so handhabt. Und UBS Warburg.“ Credit Suisse First Boston habe sogar ganz offen den Schleier fallen lassen. Im vergangenen März ernannte die Bank kurzerhand ein und dieselbe Person zum Leiter des Investmentbanking und des Aktiengeschäftes, für das die Analysten arbeiten.

Mit ihren Branchenkenntnissen und ihren engen Kontakten zum Management seien Analysten ideal positioniert, um ihre Kollegen vom Investment Banking bei Unternehmen einzuführen und den Weg für deren Finanzierungsgeschäfte zu ebnen, schreibt Golding. Das heißt: Analysten lassen sich ihre Unabhängigkeit vom eigenen Haus abkaufen.

„Wenn Analysten einer Bank heute eine Aktie besonders loben, geht die Branche mittlerweile davon aus, dass sie versuchen, den Preis des Unternehmens vor einer Übernahme hochzureden.“ Und: „Kein institutioneller Anleger traut heute noch den geschriebenen Empfehlungen eines Sell-side-Analysten.“

Anderes gelte jedoch für das vertrauliche Gespräch. Wenn ein Fondsmanager das Urteil eines Analysten schätze, dann greife er zum Telefon und frage nach dessen wahrer Meinung. Die könne sich dann so anhören: „Wir empfehlen für das Papier X Kaufen. Das buchstabieren Sie bitte folgendermaßen: V-e-r-k-a-u-f-e-n.“

Und die Unternehmen? Warum spielen sie das Spiel mit, lassen sich von Analysten beeindrucken, von positiven Berichten schmeicheln, die anscheinend doch niemand glaubt? „Die Unternehmen haben Angst,“ sagt Golding. Der Grund dafür sei wieder Geld. Das Geld nämlich, das Investmentbanken damit verdienen, der einen Firma den Kauf einer anderen vorzuschlagen. Dabei kann jeder Jäger, aber auch Beute sein.

Die Konsequenz: Kein Unternehmen will es sich mit einer Investmentbank verscherzen. „Die größeren achten darauf, dass sie mit jedem Finanzgeschäft eine andere Bank beauftragen, um nur ja keine zu verärgern. Jedes Unternehmen ist angreifbar. Da muss nur einmal die Jahresbilanz schlechter ausgefallen sein als erwartet, der Börsenkurs sinkt, und schon wäre ein Aufkauf billiger.“

Abgekartetes Spiel

Hier wiederum schließt sich der Kreis. Denn welche Zahlen das Publikum von einer Bilanz erwartet, entscheiden Analysten. Die brauchen für ihre Vorhersagen Zahlen.

„Das Spiel geht dann folgendermaßen“, erzählt Golding: „Ein Finanzvorstand gibt dem Analysten ein paar Einblicke in die Lage des Unternehmens. Darauf sagt der Analyst: Das sieht nach diesem oder jenem Gewinn oder Verlust aus. Wenn der Vorstand damit einverstanden ist, murmelt er etwas vor sich hin, oder grunzt zustimmend.

Und man kann davon ausgehen, dass er den Analysten auf eine leicht pessimistische Vorhersage hinlenkt, damit am Bilanztag selbst die positive Überraschung den Aktienpreis nach oben treibt.“

(@B12 den Artikel auf der web-site der sueddeutschen suchen, kopieren (makieren, rechte Maustaste usw.) und hier einfügen.)

Gruß amok
 

27.03.01 12:32

67 Postings, 8573 Tage b121@amok - vielen Dank

bin beim Mittagessen gerade selber auf die Idee gekommen es so zu versuchen, aber du warst schneller. Trotzdem vielen Dank für Deine Unterstützung, ich fand den Artikel recht ansprechend.

Gruß B12  

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