HighTech Investor: Die späte Unterhaltungsallianz
Der Erfolg von Apple bringt Nachahmer auf den Plan. Mit einer Liaison der großen Namen will Microsoft auch das Geschäft mit der digitalen Unterhaltung dominieren. Doch ist es dafür nicht längst zu spät?
Frankfurt – Der Erfolg von Apple mit seinen iPod Musikabspielgeräten und dem Musikportal iTunes hat die Konkurrenz wach gerüttelt. Bereits seit längerem beäugen Apple-Wettbewerber die Musikaktivitäten des Computerherstellers argwöhnisch, spätestens seit den jüngsten Erfolgsmeldungen – hohe Absatzzahlen der iPods und gute Download-Zahlen über iTunes – ist die Konkurrenz auf den Plan gerufen. Nun entwickelt sich um den Softwaremonopolisten Microsoft eine neue Anti-Apple-Allianz.
Digitale Unterhaltung ist eines der wichtigsten Wachsumsfelder, das der Softwarehersteller aus Redmond identifiziert hat. Zwar weisen die Geschäfte mit Betriebssystem- und Office-Software noch immer stabile Zuwächse auf. Doch exponentielles Wachstum wie in den frühen Jahren ist angesichts der Reife des Marktes nicht mehr möglich. Umso logischer erscheint es, dass Microsoft mit seinen Produkten, nachdem der heimische Computerarbeitsplatz gesichertes Terrain ist, größere Ambitionen hegt. Es gilt, auch die heimischen Wohnzimmer zu erobern.
Microsoft ist zu diesem Zweck mit einer ganzen Reihe von Softwareprodukten vertreten. Der Media Player zum Abspielen von Musik und zur Wiedergabe von Filmen ist bereits fest in die Microsoft-Betriebssysteme integriert. Windows Mobile hingegen zielt auf Handys und PDA ab, in denen vielfach bereits MP3-Player integriert sind. Die Windows XP Media Center Edition bündelt dagegen verschiedenste Funktionen und ist als digitales Unterhaltungscenter gedacht, quasi als neuer Kamerad des Fernsehers, der Videorekorder und Stereoanlagen ablöst.
Gestern meldete sich Bill Gates persönlich zu Wort und verkündete eine Kooperation mit zahlreichen Größen der IT-, Internet- und Unterhaltungsindustrie. Neben dem Walkman-Erfinder Sony zählt der Medienkonzern Viacom ebenso zu der neuen Allianz wie TiVo, ein Entwickler von softwarebasierten Videorekordern und das Internetportal Yahoo. Das Ziel der Kooperation: Mehr Musik- und Fernsehprogramme über Microsoft-Websites und Endgeräte, die Microsoft-Software nutzen, verfügbar zu machen.
Man habe eine ganze Reihe von gemeinsamen Interessen, verkündete Bill Gates. Dazu zählten etwa eine einheitliche Infrastruktur für die Distribution von digitalen Inhalten, die Nutzung neuer Absatzkanäle sowie den Schutz von urheberrechtlich geschützten Inhalten gegen illegales Downloaden und Vervielfältigung. In erster Linie dürfte das Hauptinteresse von Microsoft jedoch sein, mehr Betriebssysteme für mobile Endgeräte abzusetzen und an den durchgeleiteten Inhalten mit zu verdienen.
Microsoft schreibt sich daher ein Motto auf die Fahne, das versierten Technologieanlegern und geplagten Windows-Nutzern mindestens ein gequältes Lächeln abringen wird: Microsoft möchte sich gerne als Verfechter der „freien Wahl im Bereich digitaler Unterhaltung“ positionieren. Das ist angesichts der Historie von Microsoft und den rüden Methoden im Umgang mit Wettbewerbern recht gewagt. Doch zumindest im Bereich portabler Musiklösungen zeichnet sich eine monopolartige Stellung von Apple ab.
Denn sowohl die iPod Musikabspielgeräte, als auch die kommerziell derzeit erfolgreichste Musik-Download-Börse iTunes nutzen ein eigenes Datenformat. Die weit verbreiteten MP3-Player sind damit ausgeschlossen und Apple hat nach eigenem Bekunden auch kein Interesse daran, dies zu ändern. Dies könnte die große Chance für die neue Allianz sein – gesetzt der Fall, den großen Ankündigungen folgen auch Taten.
Bis dahin dürfte alle Aufmerksamkeit allerdings Apple gehören. Denn der Erfinder des Mac-Computers veröffentlicht jedes Jahr auf seiner Hausmesse Macworld, die in der kommenden Woche startet, interessante Produktneuerungen und –entwicklungen. Im letzten Jahr war dies zum Beispiel die Meldung, dass der wichtige Microsoft-Hardware-Partner Hewlett-Packard zukünftig den iPod in Lizenz produzieren wird.