Komme jetzt erst dazu, die aktuellen Ereignisse hier zu verdauen. EIGENTLICH hat sich ja nicht sehr viel verändert an der grundsätzlichen Lage.
Was allerdings auch mir sehr sauer aufstößt, ist, dass schon wieder irgendwoher in großem Umfang Kosten kommen, mit denen vorher nicht gerechnet wurde. Im Q1 Call hatte man noch angekündigt, man werde vermutlich nur leicht unter 2021 liegen im recurring operating income. Diese Kommunikation hat sich mal wieder geändert.
Aus dem Call: - Guidance von maximal 40% Rückgang im operating income ist sehr konservativ - Sante wird 2022 negatives EBIT haben, aber vermutlich nur knapp negativ - HCP UK: das Problem ist hier, dass die neue Software aus Regulierungsgründen (so habe ich das verstanden) erst 2023 auf den Markt gebracht werden kann. Daher kann man da auch erst ab 2023 wieder neue Marktanteile gewinnen. - Langfristig: Die Kostenbasis soll stabiler werden, während das Wachstum weitergehen soll. So will man die Margen wieder auf ein ordentliches Niveau bringen.
Der Squad-Manager fragt recht ungehalten nach der Kosteneffizienz von Cegedim. Er sagt (zurecht), dass Cegedim auf Basis üblicher Effizienzmetriken wie Umsatz pro Mitarbeiter im Vergleich zu nahezu allen Peers sehr viel schlechter dasteht. Offensichtlich sei Cegedim ineffizient geführt, was die Personalsituation angehe. Er fragt, welche konkreten Programme das Management einsetzt, um das offensichtliche Overstaffing zu reduzieren und so die Kosten in den Griff zu bekommen.
Antwort lautete: Wir sehen uns nicht als overstaffed an, denn sonst würden wir ja das Unternehmen ineffizient führen. Vielmehr sind die hohen Kosten getrieben von der einmaligen Opportunität Sante im Markt zu plazieren. Dafür braucht man ein grosses Vertriebsteam. Der Markt wird jetzt verteilt, daher muss man investieren in Vertrieb.
Das ist -- theoretisch -- natürlich total nachvollziehbar. Aber: gegeben, wie oft Cegedim in der Vergangenheit schon enttäuscht hat, und gegeben, dass man auch dieses Quartal schon wieder die tatsächlichen Kosten der Gruppe unterschätzt hat, ist wenig verwunderlich, dass das Vertrauen des Marktes am Tiefpunkt ist.
Es ist andererseits aber auch klar, dass zumindest die Vertriebskosten für Sante dauerhaft zurückkommen werden, wenn das Produkt erstmal plaziert ist. Insofern werde ich hier sicher keine Aktien verkaufen, wenn nur die Anlaufkosten höher sind als vermutet. Bedenklicher wäre, wenn Sante als Produkt keinen Erfolg hat. Das wird man vermutlich erst in 1-2 Jahren sehen können.
Natürlich besteht ein Risiko, dass der Kostenanstieg mangelndem Vertriebserfolg geschuldet ist, und Cegedim denkt, dass sie jetzt All-in gehen müssen. Im Call wird dies abgestritten. Den Kursrückgang finde ich stark übertrieben. Allerdings hat das Management sich die geringe Vertrauensbasis durchaus selbst erarbeitet.
WENN Sante der erwartete Erfolg wird, kann das hier natürlich ein enorm profitables Investment werden. Denn die UK Probleme wird man auf die eine oder andere Art ja nicht dauerhaft haben. Allerdings wird man nach all den Jahren einfach dünnhäutiger. Das geht mir bei Cegedim nicht anders.
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