Frankfurt am Main, 6. November 2003
Ergebnisse der 154. Sitzung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 6. November 2003
DLM beschließt Abgrenzungspapier Rundfunk/Mediendienste DLM berät Anträge von „Vision on TV“ und „Erotic Media“
DLM beschließt Abgrenzungspapier Rundfunk/Mediendienste
Die DLM hat sich in ihrer heutigen Sitzung mit der Abgrenzung von Rundfunk und Mediendiensten auseinandergesetzt und hierzu ein Strukturpapier einstimmig beschlossen. Dieses Strukturpapier gibt Kriterien und Handlungsempfehlungen für die Abgrenzung vor.
In materieller Hinsicht beruht die Abgrenzung auf dem Tatbestandsmerkmal der Darbietung, die durch die Meinungsbildungsrelevanz der jeweiligen Angebote gekennzeichnet ist. Die Meinungsbildungsrelevanz wiederum lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anhand ihrer Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft messen.
Die DLM hat diese Kriterien in ihrem aktuellen Strukturpapier näher ausdifferenziert. Dabei wird Rundfunk nicht als abstrakte, feststehende Größe, sondern als Typus verstanden, der durch offene Merkmale geprägt wird.
Danach ist ein Angebot umso rundfunktypischer
je höher die Wirkungsintensität bzw. Meinungsrelevanz der verbreiteten Inhalte als solche ist,
je stärker die redaktionelle Gestaltung der Inhalte ist,
je realitätsnäher die Inhalte präsentiert werden,
je größer die Reichweite und seine gleichzeitige Rezeptionsmöglichkeit/tatsächliche Nutzung sind und
je weniger Interaktivität des Nutzers den Rezeptionsvorgang bestimmt (Passivität des Nutzungsverhaltens und einfache Bedienbarkeit des Empfangsgerätes).
Das Papier wird derzeit noch redaktionell überarbeitet und steht in Kürze zur Verfügung.
DLM berät Anträge von „Vision on TV“ und „Erotic Media“
Den Landesmedienanstalten liegen Anträge auf medienrechtliche Unbedenklichkeit von den Anbietern T-Online für „Vision on TV“ und von der Erotic Media GmbH für ein gleichnamiges Angebot vor. Über verschiedene Verbreitungswege wie beispielsweise DSL, Breitbandkabel oder Satellit sollen zum Teil pornografische Inhalte verbreitet werden.
ie DLM hat die Anträge auf Grundlage des verabschiedeten Strukturpapiers zur Abgrenzung von Rundfunk und Mediendiensten intensiv beraten.
T-Online: Vision on TV
Für das Angebot von T-Online kam man zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um Rundfunk, sondern um einen Mediendienst handelt:
T-Online will den Kunden Spielfilme über DSL-Verbindungen anbieten. Die Filme werden auf die Rechner der Abonnenten geladen. Vision on TV bietet zwei Varianten:
Es soll ein real-video-on-demand-Angebot unterbreitet werden, das aus Kapazitätsgründen derzeit voraussichtlich nur 30.000 parallele Zugriffe erlauben wird. Ähnlich einer elektronischen Videothek werden die einzelnen angebotenen Filme hier direkt abgerufen und auf den Rechner des Kunden überspielt.
Daneben will Vision on TV den Kunden aktuelle Spielfilme anbieten, die zu Zeiten, in denen das Netz nicht ausgelastet ist, auf speziell dafür vorgesehene Festplattenrecorder geladen werden. Der Kunde muss nur für die Filme ein Entgelt entrichten, die er ansieht. Ein Kopieren oder längerfristiges Speichern der Filme wird technisch nicht möglich sein.
T-Online hat nicht ausgeschlossen, auch Angebote für Erwachsene in geschlossenen Benutzergruppen vorzusehen. Insoweit liegt der Antrag auch der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) vor, die sich mit den Jugendschutzfragen auseinander setzen wird.
Da das Vorhaben in beiden Varianten die oben genannten Kriterien für Rundfunk nicht erfüllt, ist es als Mediendienst zu klassifizieren. Der Antrag wurde zur abschließenden Entscheidung an die zuständige Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR Hessen) zurückverwiesen.
Erotic Media
„Erotic Media“ will zwei digitale Kanäle mit erotischen und auch pornografischen Spielfilmen anbieten. Die Filme sind für die Kunden auf Wiederholungsschleifen verfügbar. Täglich wird ein neuer Spielfilm offeriert. Es handelt sich um ein pay-per-view-Angebot im near-video-on-demand-Verfahren, das nur Erwachsenen in geschlossenen Benutzergruppen zur Verfügung gestellt wird. Der registrierte, volljährige Kunde kann jeden Film gegen Einzelentgelt abrufen. Die technische Verbreitung soll über die premiere-Plattform erfolgen, womit das Angebot auch in nahezu allen Kabelanlagen in Deutschland verfügbar ist.
Eine Einordnung von Erotic Media als Mediendienst wurde in der beantragten Form – einer dreistündigen Nutzung beider Kanäle – mehrheitlich kritisch betrachtet. Die DLM hat daher die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) gebeten, der Antragstellerin eine Änderung des Angebotes in Richtung einer Einzelbestellung und -bezahlung von Filmen des near-video-on-demand-Dienstes anheim zu stellen. Bei entsprechender Nachbesserung kann das Angebot nach überwiegender Auffassung als Mediendienst eingestuft werden.
Im Zusammenhang mit den geplanten Inhalten hat die DLM nochmals bekräftigt, dass pornografische Inhalte ausschließlich in Mediendiensten und auch dann nur in geschlossenen Benutzergruppen angeboten werden dürfen. Die Anstrengungen der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM), über einen geschlossenen Benutzerkreis einen vorbildlichen Jugend- und Konfrontationsschutz zu gewährleisten, wurden von der DLM ausdrücklich begrüßt.
Prof. Wolfgang Thaenert, der DLM-Vorsitzende, hob hervor, dass der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nach wie vor Fernsehkanäle mit pornografischem Inhalt verbietet. „Dieses Verbot kann nur so wirksam sein, wie es gelingt, der Verbreitung pornografischer Inhalte aus dem Ausland Einhalt zu gebieten.“
Kontakt bei Rückfragen: Ruth Annette Schriefers, Tel.: (05 61) 9 35 86 – 12, E-Mail: dlm-presse@lpr-hessen.de.
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