Börse macht Ernst mit dem Ausschluss von Penny-Stocks
Die Deutsche Börse will nach einem Magazinbericht bereits am Freitag Einzelheiten zu dem geplanten Ausschluss von Niedrigpreis-Aktien (Penny-Stocks) vom Neuen Markt bekannt geben. Wie das Nachrichtenmagazin "Fokus" am Samstag vorab berichtete, sollen Aktien, die länger als 30 Tage unter einem Euro notieren vom deutschen Wachstumssegment ausgeschlossen werden. Einzelheiten zu diesem Vorhaben sollen bereits am Freitag bekannt gegeben werden. Dies wollte Börsensprecher Walter Allwicher der Nachrichtenagentur Reuters nicht bestätigen. Die Deutsche Börse befinde sich nach wie vor im Abstimmungsprozess mit Marktteilnehmern wie Unternehmen, Banken und Vertretern von Kleinaktionären, sagte Allwicher. Mit einer Verschärfung des Regelwerks würde die Deutsche Börse Forderungen von Aktienexperten und Unternehmen folgen, die vor Attraktivitätsverlust und Abwanderungen von Firmen warnen.
Nach "Focus"-Informationen will Börsenchef Werner Seifert dem Neuen Markt strengere Regeln auferlegen als dem US-Vorbild Nasdaq, um dem Vertrauensverlust der Anleger Einhalt zu gebieten. Den Plänen zufolge sollen die unter die Marke von einem Euro gefallenen Aktien nur dann am Neuen Markt gelistet bleiben, wenn sie an 30 der folgenden 90 Tage den Wert von einem Euro wieder übertreffen. An der US-Technologiebörse Nasdaq genügt ein Wert von mehr als einem Dollar (rund 2,28 Mark) über einen Zeitraum von zehn Tagen, um einer Streichung aus dem Index zu entgehen.
Kriterien für einen Ausschluss können nach Ansicht von Neuer-Markt-Chef Rainer Riess der Börsenwert oder die Insolvenz sein. Zum Zeitpunkt, wann eine Regelwerksänderung in Kraft treten könnte, machte Riess in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" am Donnerstag keine Angaben, sagte aber, es brauche eine gewisse Vorlaufzeit für die Unternehmen. Bei der jüngsten Änderung der Richtlinien seien dies knapp drei Monate gewesen.
Forderungen einiger Marktteilnehmer gehen jedoch schon über den Ausschluss von Penny-Stocks hinaus. Sie plädierten für härtere Strafen bei zu später oder falscher Information und eine Verkleinerung des Auswahlindex Nemax50 auf 30 Werte. Markus Straub von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre sagte dem "Focus", "die Emissionsbanken müssen schon bei der Börsenzulassung die Spreu vom Weizen trennen". Fondsmanager Karl Fickel, Partner der Fondsgesellschaft Lupus alpha, forderte in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung am Donnerstag eine Verschärfung der vorhandenen Sanktionsmechanismen für zu spät oder falsch berichtende Firmen.
"Die Marktkapitalisierung muss das entscheidende Kriterium für einen Ausschluss sein und nicht, dass die Aktie unter einem Euro notiert", sagte Ulf Moritzen, Fondsmanager bei Nordinvest am Mittwoch Reuters. Wassili Papas, Fondsmanager bei Union Investment, sagte, zwar sei die Forderung nach schärferen Maßnahmen nachvollziehbar, aber grundsätzlich solle sich der Markt eher selbst bereinigen. Seiner Ansicht nach werden in den kommenden zwölf bis 24 Monaten beim gültigen Regelwerk 50 bis 100 Unternehmen verschwinden. Danach könne sich der Neue Markt erholen, wenn die Konjunktur wieder anspringe.
Nach Händlereinschätzung kann es zu Abgabedruck kommen, wenn Unternehmen das Segment wechseln, weil viele Fonds stark im Neuen Markt engagiert seien. Fickel sagte, er lege weiter Geld am Neuen Markt an. Dort gebe es nach wie vor gute Unternehmen. Allerdings könne nicht mehr problemlos auf die Auswahl im Nemax50 verwiesen werden, da der Index zu groß sei, um lückenlose Qualität zu bieten. Von verschiedenen Seiten war eine Verkleinerung des Auswahlindex auf 30 Werte gefordert worden. Papas sagte, bei der Auswahl von Titeln konzentriere er sich nicht ausschließlich auf den Neuen Markt. Dennoch seien die großen Unternehmen bei einem Wechsel nicht mehr in dem Segment gelistet, "in dem wir unsere Benchmark haben". Michael Fraikin, Fondsmanager bei SEB und Invesco, sagte vergangene Woche, Penny Stocks seien prinzipiell für Fonds unattraktiv.
Während Singulus und Mobilcom einen Segmentwechsel nicht mehr ausgeschlossen haben, wollen andere im Auswahlindex Nemax50 gelistete Unternehmen dem Neuen Markt die Treue halten. Nach Aixtron und Biodata versicherte am Donnerstag auch Intershop-Sprecher Heiner Schaumann, dass das Thema nicht diskutiert werde. Jedoch habe Intershop immer schon auf die im Sinne des Anlegerschutzes strengeren Regeln der Nasdaq verwiesen. "Es gibt keinen Grund, die Nasdaq-Regeln hier nicht zu übernehmen", sagte Schaumann. Händler sagten am Mittwoch, das Abwandern von qualitativ guten, profitablen Werten wäre eine Katastrophe. Sie forderten daher nicht nur den Ausschluss von Penny-Stocks, sondern auch von insolventen Firmen und extrem umsatzschwachen Aktien.
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