1. Mai 1933 SPD-Gewerkschtler und NAZIS gemeinsam
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eröffnet am: | 23.03.04 18:01 von: | proxicomi | Anzahl Beiträge: | 19 |
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Am 1. Mai 1933 begingen SPD-Gewerkschaftler gemeinsam mit den Nazis den " Tag der nationalen Arbeit" .
Die Wahrheit zeige sich, so der Philosoph Karl Jaspers, wenn die Dinge auf die Spitze getrieben werden. Die Wahrheit beweise derjenige, so Ernesto Che Guevara, der bereit ist, für sie den Kopf hinzuhalten. Umgekehrt aber zeigt derjenige, der dann, wenn`s drauf ankommt, nicht seinen Kopf riskiert, die Wahrheit über sich. Die Wahrheit über die deutsche Arbeiterklasse zeigte sich nicht in den ruhigen Jahrzehnten vor dem 1. Weltkrieg, auch nicht in den Goldenen 20er Jahren, sondern in der zugespitzten Situation beim Ausbruch des 1. Weltkrieges, als auch die sozialdemokratischen deutschen Arbeiter in nationaler Besoffenheit den Krieg bejubelten. Und eben im Jahr der Machtübertragung auf die Nazis 1933, als die deutsche Arbeiterbewegung im wichtigsten Augenblick ihrer ganzen bis dahin gehenden Geschichte nicht bereit war, den Kopf für die Weimarer Republik und gegen den Faschismus zu riskieren. Die sozialdemokratischen Gewerkschaften marschierten sogar am faschistischen 1. Mai unter Hakenkreuzfahnen mit.
Im Anschluß an den inszenierten Reichstagsbrand wurde die KPD verboten, ihre Führer und Parlamentsabgeordneten verhaftet, und in den Straßen wütete der Terror der SA gegen die Juden. Die Antwort der Arbeiterbewegung aber blieb aus. Reagierte in Frankreich die Arbeiterklasse auf die faschistischen Machtambitionen 1934 mit einem Generalstreik, und antwortete die spanische Arbeiterklasse auf den faschistischen Franco-Putsch 1936 mit Bürgerkrieg und Revolution, so kam es in Deutschland nicht einmal zu einem Streik. Ja schlimmer noch, der sozialdemokratische Teil der deutschen Arbeiterbewegung versuchte sogar, Teil der neuen Volksgemeinschaft zu werden. Am 20. März 1933 sandte der sozialdemokratische Voritzende des ADGB, Leipart, eine Denkschrift an Adolf Hitler und erklärte darin die Bereitschaft, am faschistischen Staat mitzuarbeiten. Der Vorstand des ADGB erklärte sich ähnlich. In einem Brief vom 29. März bot Leipart der Hitlerregierung an, die Beziehungen zur Mutterpartei SPD abzubrechen. Zwar stimmte die SPD-Fraktion im Reichstag gegen die Ermächtigungsgesetze, " aber zugleich bekannte sich" der SPD-Vorsitzende Otto Wels in seiner legendenumwobenen Ablehnungsrede zur Hitlerschen Forderung nach " `Gleichberechtigung` Deutschlands und wandte sich gegen `Übertreibungen` der ausländischen Presse" , weil die über den Naziterror berichtete. Außerdem " (enthielt) die Rede von Otto Wels das offizielle Angebot einer loyalen Mitarbeit der sozialdemokratischen Partei" (Schleifstein, 1980, S.85). Lösten die Gewerkschaften die Beziehung zur SPD, so erklärte Otto Wels seinerseits " den Austritt aus der sozialistischen Internationale" gerade deshalb, " weil diese die Wahrheit über die Lage in Deutschland sagte" (Abendroth, 1978, S.68). In einem Aufruf vom 19. April 33 begrüßte der Vorstand des ADGB die Umwandlung des 1. Mai, des " Internationalen Kampftages der Arbeiterklasse" , zum faschistischen " Tag der nationalen Arbeit" und empfahl seinen Mitgliedern teilzunehmen. In der " Gewerkschaftszeitung" hieß es am 29. April 33: " Wir brauchen wahrhaftig nicht `umzufallen`, um zu bekennen, daß der Sieg des Nationalsozialismus (...) auch unser Sieg ist" . Am 1. Mai 1933 marschierten die sozialdemokratischen Gewerkschaften unter der Hakenkreuzfahne. Vergeblich. Am 2. Mai stürmte die SA die Gewerk-schafts-häuser, verschleppte viele Gewerkschafter ins Gefängnis und zerschlug die Gewerkschaften. An deren Stelle trat die DAF. Trotz dieses Terrors der Nazis hörte der Anpassungskurs der SPD immer noch nicht auf, so als wollte die SPD mit Gewalt die Richtigkeit dessen beweisen, was die KPD schon immer über die Sozialfaschisten zu sagen wußte: Am 17. Mai 1933 stimmten die verbliebenen 65 SPD-Abgeordneten im deutschen Reichstag der außenpolitischen Erklärung Adolf Hitlers zu und sangen anschließend gemeinsam mit den Nazis die deutsche Nationalhymne. Am 19. Juni 1933 dann der Höhepunkt sozialdemokratischer Anpassungsleistung. Der in Deutschland verbliebene Vorstand der SPD wählte alle seinen jüdischen Mitglieder ab, um doch noch Teil der neuen arischen Ras-se-gemeinschaft werden zu können. Vergeblich. Am 22. Juni 33 wurde die SPD endgültig verboten. Nach Angaben von Wolfgang Abendroth seien " von der SPD-Führung nur die am 4. Mai 1933 ins Ausland gegangenen Vorstandsmitglieder dem Sog der Anpassung nicht erlegen" (S. 68).
Hatten die deutschen Arbeiter 1918 noch die Kraft, einen zwar nicht als sinnlos, aber immerhin als aussichtslos empfundenen Krieg zu beenden und die Burgfriedensvolksgemeinschaft aufzukündigen, so folgte die komplette Volksgemeinschaft 1944/45 ihrem Führer in einem aussichtslosen Krieg bis zur totalen Zerstörung, bis zur allerletzten Schlacht. 1945 dann wollten die Besiegten ihren " Tag der nationalen Arbeit" , der ihnen einst vom Führer Adolf Hitler geschenkt wurde, keineswegs zurückgeben. Sie veränderten einfach den Namen in " Tag der Arbeit" , so wie eben der " DAC" sich fortan " ADAC" nannte.
Carl Zeland
Der 1. Mai 1933 in Düsseldorf
Über die Nazizeit in Düsseldorf gibt es viele Bücher. Der 1. Mai bleibt in der Regel jedoch ausgeklammert. Eine der wenigen Beiträge dazu findet sich in dem leider vergriffenen Buch von Karl Schabrod " Widerstand gegen Flick und Florian" (Röderberg Verlag 1978):
" Die Gewerkschafter wurden sogar aufgerufen, zum sogenannten `Feiertag der nationalen Arbeit`, an der von den Nazis organisierten Kundgebung am 1. Mai teilzunehmen. Aber schon einen Tag später schlug der Zentralausschuss zum Schutz der dutschen Arbeit gegen die Gewerkschaften los. Unter der Führung von Kreisleiter Keyssner, Gau-Betriebszellenobmann Moll und SA-Standartenführer Lohbeck wurden um 10 Uhr früh durch die SA die Gewerkschaftsbüros im Volkshaus, Flingerstrasse, und in der Wallstrasse besetzt. Am nächsten Tag, dem 3. Mai, wurde auch Hans Böckler, der spätere Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), verhaftet, den man für angebliche Unterschlagungen verantwortlich zu machen suchte. Am 5. Mai, früh morgens um 4 Uhr, wurde der Düsseldorfer Arbeitervorort Gerresheim von 3500 Angehörigen der SA, der SS und des Stahlhelms heimgesucht. (...) 280 Arbeiter wurden kurzerhand für verhaftet erklärt und unter Beschimpfungen in einem langen Zug quer durch die Stadt bis an den Rhein eskortiert."
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gruß
proxi
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Eben habe ich dazu das gefunden:
Indessen habe die SPD Leiparts SED-Beitritt und die Haltung des Gewerkschaftsvorstandes zu den Vorgängen um den 1.Mai 1933, für die sie Leipart zu Unrecht verantwortlich machte, nicht tolerieren wollen. Dieser hatte am 29. März 1933 Hitler brieflich die Trennung der Gewerkschaften von der SPD mitgeteilt. Am 19. April 1933 empfahl der Vorstand des ADGB seinen Mitgliedern die Teilnahme an den von den Nazis verordneten staatlichen Maifeiern. Es war damals eine fatale Situation, die die Historikerin Helga Grebing auch im Hinblick auf sozialdemokratische Illusionen mit den Worten zu charakterisieren versuchte: Man glaubte, „durch politischen Selbstmord den organisatorischen Tod zu verhindern“. Doch das nützte nichts. Es folgten nach der Zerschlagung der KPD auch die der SPD und des ADGB und so auch der Leidensweg für Leipart.
Aus.
http://www.berliner-lesezeichen.de/lesezei/Blz00_11/text42.htm
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sind sie diese zerstörer des wohlstands und die vernichter des sozialen friedens der wegbereiter für eine extremvariante neuen typs?
HARTZ-IV-EINFÜHRUNG
Arbeitsagenturen wappnen sich gegen Gewalttäter
Polizei und Dienststellen der Agentur für Arbeit bereiten sich fünf Wochen vor Einführung des neuen Arbeitslosengeldes II auf mögliche gewaltsame Ausschreitungen vor. Mehrere Agenturen haben bereits Bombendrohungen erhalten.
Polizisten sichern die Agentur für Arbeit in Nürnberg vor Demonstranten (Archiv)
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DDP
Polizisten sichern die Agentur für Arbeit in Nürnberg vor Demonstranten (Archiv)
Hamburg - Ab Januar sollen Streifen und Kontrollen vor den Ämtern verstärkt werden, berichtet der SPIEGEL. Polizeibeamte erhielten Sonderschulungen für den Einsatz vor Ort. Das Thüringer Innenministerium hat Gespräche zwischen Polizei und Agenturen zwecks "Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung" angeordnet. Die Arbeitsagentur im bayerischen Deggendorf lässt ihre Angestellten beim Bundesgrenzschutz Kurse in Selbstverteidigung absolvieren.
In den vergangenen Wochen gab es Bombendrohungen gegen Arbeitsagenturen in Wittenberg (Sachsen-Anhalt), Deggendorf (Bayern), Waiblingen (Baden-Württemberg), Bergen (Mecklenburg-Vorpommern), Leipzig (Sachsen) und Stendal in Sachsen-Anhalt. Brandanschläge trafen Agenturen im brandenburgischen Rathenow und Königs Wusterhausen.
Hartz benachteiligt unverheiratete Paare
Die Einführung der Hartz-IV-Reform führt nach Einschätzung des Bundessozialministeriums zu einer Diskriminierung von unverheirateten Paaren. Nach einer internen Stellungnahme, die dem SPIEGEL vorliegt, rechnet das Ministerium damit, dass bis zu 500.000 Arbeitslose keine staatliche Unterstützung mehr bekommen werden, weil ihr Partner zu viel verdient. Von diesen Arbeitslosen lebt etwa jeder Zehnte ohne Trauschein zusammen und muss daher auch seine Krankenversicherung selbst bezahlen.
Verheiratete sowie Schwule und Lesben in eingetragener Lebenspartnerschaft könnten kostenlos bei der Krankenkasse des anderen mitversichert werden. Darüber hinaus werden die fälligen Versicherungsbeiträge unverheirateter Arbeitsloser vom Arbeitsamt in der Regel nicht als Belastung anerkannt und bei der Berechnung des gemeinsamen Haushaltseinkommens abgezogen. Umgehen lässt sich die Beitragslast nur durch eine Trennung. Ohne den zahlungsfähigen Partner haben Betroffene dann wieder Anspruch auf Arbeitslosengeld und die Übernahme der Krankenversicherungskosten.
servus
greendead
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Die anderen Feldherrn der allgemeinen Geschichte, werden je nach Sicht der Dinge glorifiziert und als grosse Herrscher ihrer Zeit gesehen. Das Gemetzel, daß sie dabei anrichteten unterscheidet sich nicht.
Widersprüche aufdecken, Zusammenhänge ergründen und vorallem die Entstehungsgeschichte zu verstehen sind eine bessere Möglichkeit ähnliches in jeder Form zukünftig wirkungsvoll zu verhindern. Verbote bieten ihren Reiz und haben den Mythos am Leben erhalten.
Wir Menschen sind steuerbar und zwar in jede Richtung und zu jeder Zeit. Das sollte uns immer bewußt sein.
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MERKE: wer tot ist, kann nicht mehr gefolter werden!
ein ideologisch-politisch motivierter mord, sei es drum.
also unter uns, erst einmal schauen ob das sterneopfer schon gesperrt wurde.
die deutschen und ihre affinität minderheiten sterne aufzudrücken oder anzunähen.........
servus
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Zum Schwerpunkt dieser Ausgabe
Die radikale Linke in Deutschland hat in den letzten Jahren Antisemitismus und Rassismus zunehmend getrennt voneinander kritisiert. Nun ist eine Tendenz der Auseinanderentwicklung von Positionen zu verfolgen, die zwischen Nichtwahrnehmung, Indifferenz und Polarisierung changiert. Auf einer anderen Ebene zeigen sich Kontroversen zwischen VertreterInnen der postcolonial studies und ihren KritikerInnen. Wegmarken dieser Auseinanderentwicklungen und Differenzen sind die Frage der Bedeutung der Shoah, der 11. September 2001 und der »Nahost-Konflikt«.
Die antirassistische Bewegung hat dabei wie auch die Antifa-Bewegung das Problem, sich im Einzugsbereich der Zivilgesellschaft zu bewegen. Teile der Antideutschen wiederum haben sich, um den Antisemitismus-kritischen Fokus Alleinstellungsmerkmal werden zu lassen, vom Antirassismus verabschiedet. Explizit wurde das Ende der Rassismen etwa auf dem anti-deutschen Kongress in Berlin verkündet. Die postkoloniale Analyse ist in den letzten Provinz-Universitäten angekommen und beweist dort ihre Anschlussfähigkeit an den (multikulturell-)rassistischen, antiamerikanischen und antisemitischen Konsens. Um Deutschland den Gewinner sein zu lassen, reicht es in diesem Kontext, wenn kleine Gruppen sich gegenseitig die Kritik an Herrschaftsverhältnissen, Ideologien und gesellschaftlichen Praxen diskursiv nivellieren.
Zudem bedroht die sich abzeichnende Zweiteilung der Analysen die Linke im Kern ihrer Kritikfähigkeit dahingehend, einerseits wieder hinter die mühsam gewonnene Erkenntnis zurückzufallen, Antisemitismus lasse sich eben nicht unter Rassismus subsumieren; andererseits bleiben beide Phänomene als Teil der gesellschaftlichen Realität anzuerkennen. Die globale kapitalistische Gesellschaft ist voller Rassismen, ideologischen wie praktischen. Doch während der Rassismus zunehmend geächtet wird, tritt der Antisemitismus erneut und mit ihm ein Antiamerikanismus zunehmend wuchtig auf – eine Konjunktur zwischen Suicide-Bombing und miesen Diskursen.
Der angeblich erste Superstar der USA, der als Entertainer Erfolge in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts feierte, nannte sich Al Jolson, war Sohn ostjüdischer MigrantInnen und trat mit schwarzbemaltem Gesicht auf. Das Publikum, das er für sich gewann, laut FAZ mit einer Mischung aus Plantage und Schtetl, war begeistert. Es war ein amerikanisches Publikum und deswegen, das weiß die FAZ, elektrisiert, da prall gefüllt mit Vorurteilen gegen Schwarze und Juden.(1) In Deutschland werden solche Geschichten mit einem entspannten Schauder vernommen: Rassismus und Antisemitismus sind überall im Allgemeinen und in den USA im Besonderen.
Wenn deutsche Linke und Nachwuchs-AkademikerInnen sich arschbombenartig in den postkolonialen Diskurs fallen lassen, tun sie das spät – nach 20 Jahren Debatte. Aber nicht zu spät. Es gibt noch einiges zu holen – für die eigene Identität und für Deutschland. Sie verbreitern einen Diskurs, der mehr als nur regressive Tendenzen beinhaltet: Zunehmend geprägt von der Rückkehr zu einem vulgären Antiimperialismus, der seine Negativreferenzen vor allem in den USA und in Israel sucht. Dazu wird der 11. September zum Teil einer weltweiten sozialen Bewegung gemacht, auf die sich positiv zu beziehen sei.(2) Im fairen Versuch, zu retten was zu retten ist, weist Udo Wolter auf die Verdienste der postkolonialen TheoretikerInnen hin.(3) Aber gerade deren Unverständnis für die warenkapitalistische Vergesellschaftung macht sie nach Wolter anfällig dafür, die vorher kritisierten binären Codes antiimperialistisch zu aktualisieren. Diese Regression zeigt sich dann vor allem im antisemitischen und antiamerikanischen Scheitern bei der Analyse der Gegenwart. Die Reichweite des Instrumentariums erschöpft sich in der Dekonstruktion historischer kolonialer Narrative. Zu guter Letzt mussten sich die Vertreter von Differenz, Fluss und Hybridität selbst von Hardt und Negri in Empire vorhalten lassen, dass sie sich mit ihren kulturalisierenden Formulierungen lediglich kapitalistische Verwertungslogiken rhetorisch vergoldeten. Aber es ist auch ein Diskurs, und das macht ihn spannend für Deutschland, der die angebliche Vormachtstellung des »Paradigmas Auschwitz« und der Kritik am Antisemitismus zu relativieren in der Lage scheint, scheinbar durch bodycount, faktisch durch die Zahl der AnhängerInnen. Diese Chance heißt »Black Holocaust«.(4) In der Geschichte der Sklaverei kommt es den Deutschen zugute, dass sie im 17. Jahrhundert schnell vom internationalen Markt gefegt wurden; in der Geschichte des Kolonialismus kommt ihnen zugute, dass sie zu langsam waren, um die Verbrechen der anderen Kolonialmächte zu toppen. Die Deutschen taten – vor allem im Herero-Aufstand – ihr Bestes, aber Zeit und Einfluss waren in nur geringem Maße vorhanden. Die Kolonien waren den Deutschen neben Ressourcenspendern auch Experimentierfeld: Für Missionierung, Pädagogik, Medizin, Biologie und Rassenforschung, für die Entwicklung von Eugenik und Staatsbürgerschaftsrecht, für einen elaborierten Rassismus, für Mischehenverbot und Formen »weißer« zwischengeschlechtlicher Gleichberechtigung und für Typhus- und Bakterienforschung. Und, will man Hannah Arendt folgen, kann auch die deutsche Reaktion auf den Herero-Aufstand 1904–1907, der systematisch betriebene Mord zehntausender Hereros, als Vorform der nationalsozialistischen Vernichtungswirklichkeit gesehen werden.
Das Scheitern in den Kolonien führte zur Konzentration auf ein Projekt, das den Deutschen wirklich Herzensanliegen wurde: Der Lebensraum im Osten und die antisemitisch-rassistische Neuorganisation Europas. Nach der militärischen Beendigung dieser Träume schmiedeten Deutschland und Frankreich in den 1950er Jahren an Plänen der systematischen ökonomischen Erschließung Afrikas für Europa, während Deutschland allein sich parallel dazu als nahezu frei von kolonialer Schuld präsentierte und die neokolonialen Interessen als vorbehaltslose Entwicklungszusammenarbeit zu verkaufen wusste. Das Chaos der britischen und französischen Kolonialkrisen ermöglichte Deutschland den »ehrlichen Makler« zu geben.
Der Preis für den Einstieg in den Postkolonialismus ist nichts desto trotz hoch: Wer sich auf postkoloniale Analyse (ernsthaft) einlässt, kommt nicht umhin, über deutschen Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart zu reden, kommt nicht umhin nach Herrschaftslogiken zu fragen, nach der Konstitution nationaler Exklusion, nach Geschlechterverhältnissen und nach Eurozentrismus. Weil das unangenehm ist, überlässt es die deutsche Gesellschaft den oben genannten SpezialistInnen und kann selber weitermachen wie bisher. Der Preis ist aber nicht zu hoch, da über Kapitalismus, und das ist vor allem für die akademische Spielart des deutschen Postkolonialismus konstitutiv, nicht gesprochen werden muss. Man kann hier schlicht bleiben und die jeweiligen metropolisch-imperialen Zentren benennen.
Die einfache Logik der Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus, die Wiederentdeckung des »deutschen Weltreiches« als Einsatz im Spiel zur globalen Genozid-Relativierung, besteht darin, dass nur die Deutschen gewinnen können. Die nationale Aneignung des Postkolonialismus entschärft ihn dabei analytisch, legitimiert internationale Ambitionen durch »kritische« Aufarbeitung und ist Teil einer Europäisierung in Sachen gemeinsamen Kolonialherrenerbes.
Schadensbegrenzend will dabei die deutsche postkoloniale Forschung sein, wenn sie Rassismus und Kolonialismus zu einem forcierten Eliteprojekt macht, versorgt von einem Think-Tank rassistischer Ethnologen und Anthropologen, das erst in der deutschen Gesellschaft implementiert werden musste. Eine Studie von H. Glenn Penny zeigt: Die Radikalisierung der Sicht auf »die Wilden« war vornehmlich den Bedürfnissen der Bevölkerung nach Distinktion, Dominanz und Unterhaltung geschuldet.(5) Die »guten Neger«, deutschfreundliche KriegerInnen oder ArbeiterInnen in den Kolonien und possierliche Zurschaugestellte im Reich wurden den in diesem Falle philorassistischen Deutschen zum Vorfahren für die Objekte des Verwertungs- und Leistungsrassismus von heute. Die Multikulti-Ideologeme sind die lang ersehnte Flaschenpost aus Deutsch-Südwest.
Für Phase 2 stehen kontinuierlicher Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus außer Frage. Im Schwerpunkt dieser Ausgabe wollen wir neben einer Bestandsaufnahme aktueller Erscheinungsformen Felder ausleuchten, wo es zu Verschränkungen zwischen Rassismus und Antisemitismus kommt. Die Auseinandersetzung mit dem Postkolonialismus kann dabei helfen und soll verhindern, dass die aktuelle Selbstdiskreditierung dieses Ansatzes dazu führt, Identität, Rassismus und Sexismus aus dem Blick zu verlieren, dass also das Kind mit dem Badewasser ausgeschüttet wird.(6)
Den Angriff österreichischer und migrantischer IslamistInnen auf eine Gedenkveranstaltung in Wien am 9. November 2003 nimmt Thomas Schmidinger in seinem Beitrag zum Ausgangspunkt, um den Antisemitismus in den deutschen und österreichischen Migranten-Communities auszuloten und über die Konsequenzen in der antirassistischen Kooperation nachzudenken. Legiert sind in diesem Antisemitismus die Traditionen des deutschen Antisemitismus mit denen der »Herkunftsländer«. Dabei ist der Zusammenhang komplex. Zeigen Deutsche und Österreicher erst seit den Ausbrüchen von radikaler Judenfeindschaft, Antizionismus und Antiamerikanismus Sympathien für etwas, was sie als »die Sache« Migranten verstehen, ist andererseits der Antisemitismus der »Herkunftsländer« in vielen Fällen historisch durch die Interventionen von NationalsozialistInnen geprägt. Schmidinger kommt zu dem Ergebnis, dass migrantischer Hintergrund und soziale Marginalisierung von Tätern kein Argument sein kann, Antisemitismus zu einem blinden Fleck der Kritik werden zu lassen. Ziel der Kritik muss mit der deutschen Gesellschaft diejenige sein, für deren historisch »größtes« Projekt, die Shoah, der Antisemitismus konstitutiv war.
Café Morgenland beschäftigte sich früh mit Antisemitismus unter MigrantInnen und traut der deutschen Linken, die ihn seit einiger Zeit dort entdeckt hat, rein gar nicht über den Weg. Viel zu sehr ist sie Teil eines Deutschland, das (weiterhin) gefährlich ist: in der Bereitschaft das »Andere« auszulöschen. Die Kritik des Antisemitismus desavouiert sich, wenn sie nicht kontextunabhängig ihre Ziele benennt, sondern Herkunft der Träger in den Mittelpunkt stellt. Antisemitismus und Antiamerikanismus sind in Deutschland insgesamt nicht quantitativ, sondern qualitativ schlimmer als in anderen Ländern: durch die Auschwitz-Option – die Kontinuität der impliziten Drohung der Vernichtung. Und dies verdeutlicht die Zielfindung politischer Handlung dagegen. Auch der Terror gegen Israel kann, so Café Morgenland, »vor Ort« bekämpft werden – beim Angriff auf ein den antiisraelischen Terror finanziell wie ideell unterstützendes Deutsch-Europa.
Im Kontext der derzeitigen internationalen Leistungsschau des Antisemitismus untersuchen Henriette Glaas und Max Sander in ihrem Text dessen französische Spielart. Wie in dem Artikel von Thomas Schmidinger (an den Beispielen Deutschland und Österreich), wird auch hier versucht den »traditionellen« Antisemitismus in Beziehung zu setzen zu dem, der sich mit arabisch-migrantischen Hintergrund entwickelt (hat). Dabei wird deutlich, wie stark der »islamische Antisemitismus« auf koloniale Muster und antisemitische Feindbilder nationalso-zialistischer und christlicher Prägung zurückgreift. Ebenso wird untersucht, wie sich die französische Linke, die antirassistische Bewegung und die No-Globals, die sich im November zum Europäischen Sozialforum in Paris trafen, zur Konjunktur eines sich diesmal multikulturell generierenden Antisemitismus verhalten, nicht-verhalten und beitragen.
Jenseits der Frage, ob der aktuelle Antisemitismus ganz der alte ist, sollte das Interview »Und er ist es heute wieder ...«, das Phase 2 Leipzig mit Moishe Postone führte, größere Klarheit über den grundsätzlichen Zusammenhang von Kapitalismus und Antisemitismus schaffen. Neben Ansätzen aus seinem neuen Buch griff die Redaktion auf den in der wertkritischen Linken zum Klassiker avan-cierten Aufsatz »Antisemitismus und Nationalsozialismus« aus dem Jahr 1979 zurück und befragte nach einer Re-Lektüre den Autor nach der heutigen Gül-tigkeit seines Ansatzes. Verstärkt geht nun Postone, weiterhin den Antisemitismus als Ausdruck von Wertvergesellschaftung und verschwörungstheoretischer Welterklärung fassend, auf den Zu-sammenhang davon ein, welchen Platz eine Gesellschaft (auch historisch) in der ökonomischen Weltordnung einnimmt und wie der Antisemitismus in dieser Gesellschaft ausgeformt ist. Anhand der Rede des malaysischen Premierministers Mahathir auf der Konferenz islamischer Staaten weist er nach, wie verschwörungstheoretische Erklärungsmuster und ökonomischer Niedergang zu einer Konjunktur des Antisemitismus in der isla-mischen Welt geführt haben.
Die Warnung von Moishe Postone, »Wenn man jetzt auf diesen Zug [des Postkolonialismus, P2] aufspringt, finde ich das unglücklich«, versucht Phase 2 Berlin ernst zu nehmen, wenn sie mit ihrem Beitrag »After Dark« eben diesen Ansatz untersucht. Dabei wird ein umfassender Einblick in Entwicklung und Stand der postkolonialen Debatte gewährt und ein Zugriff darauf in Form einer kritischen Würdigung gewählt, der die Potenziale aufzeigt, die der Ansatz für die radikale Linke bereitzustellen in der Lage ist. Die postkoloniale Theoriebildung wird hier vor allem unter dem Aspekt der Subjekts- und Identitätskonstitution untersucht. Der Fokus richtet sich explizit auf die Fallen der Affirmation, die für die postkoloniale Theorielandschaft fast schon strukturierendes Merkmal sind. Die Stärke der postkolonialen Dekonstruktion liegt – und das macht sie für Linke interessant – in der Analyse und Kritik des jeweils hegemonialen Diskurses. Seine Schwäche – und dort ist sie vor allem Teil des Problems und muss abgelehnt werden – liegt in der oft kritiklosen Identifikation mit den angeblich authentischen und legitimen Gegendiskursen der Marginalisierten. Als zentrales Ziel der Kritik identifizieren die AutorInnen das »Weiß-Sein« als »Ort« von Aussagen, Betrachtungen und der Normensetzung. Als das Normale und Selbstverständliche ist dieser Ort selbst »unmarkiert«. Phase 2 Berlin problematisiert die Übertragbarkeit von postkolonialer Theorie auf deutsche Verhältnisse, kommt aber zu dem Schluss, dass die Kritik gewinnen kann, wenn sie sich dieser Ansätze annimmt. In dem Sinne wird auch versucht, in der sich abzeichnenden Zweiteilung von Antirassismus und Antiantisemitismus zu vermitteln.
Die von Phase 2 Berlin in »After Dark« aufgeworfene Frage der transidentitären Organisierung, findet ihre Ant-wort und Konkretion im Artikel »Identitäten auf dem Weg zum Hybriden« der Antirassistischen Gruppe Leipzig. Exemplarisch wird anhand der Diskussionen um die letzten Grenzcamps aufgezeigt, wie sich dieses Konzept in der Gestaltung des Verhältnisses von »Weiß-Deutschen« und »Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund« in den Campvorbereitungen bewährte und wo die Grenzen des Konzeptes lagen. Dabei wird von durch Herrschaft konturierten Identitäten ausgegangen, die rassistische Markierungen reproduzieren und durch eine gemeinsame Politik und Praxis überwunden werden sollen und als Chance eine Hybridisierung von starren identitären Vorstellungen benannt. In ihrem Artikel setzt sich die Leipziger Gruppe auch mit der Gegenposition antirassistischer Gruppen auseinander, die transidentitäre Konzepte als instrumentell und unrealistisch einstufen und befürchten, dass diese Organisierung zum bloßen Selbstzweck jenseits weitergehender politischer Perspektiven gerät.
Fußnoten:
(1) FAZ vom29. September 2003.
(2) Teil der Hate-Parade sind Paul Gilroy, einst gegen jeden Nationalismus und ethnischen Absolutismus; Gayatri Chakravorty Spivak, Sprachhilfe der Subalternen; der Hybriditätsexperte Homi Bhabba; Okwui Enwezor, Kurator der »postkolonialen« Dokumenta XI und, bis vor kurzem, Edward D. Said, Dekonstrukteur des »Orients«. Materialistisch sattelfester, bisher gefeit vor dem Rückfall in simplifizierende Binärschemata von bösen Unter-drückern und guten Widerstandskämpfern und deshalb positiv herauszuheben ist Stuart Hall.
(3) So auf dem SPOG-Kongress in München und demnächst in konkret und iz3w.
(4) Dass sich deutsche HistorikerInnen bisher so wenig mit dem Kolonialismus beschäftigt hätten, sei u.a. »Schuld« der Shoah: »Die zentrale Bedeutung des Holocaust und des deutschen Sonderwegs […] verstärkte noch die Marginalität des Kolonialismusthemas in der historischen Forschung und Publizistik.« Vgl. Andreas Eckert/Albert Wirtz, Wir nicht, die Anderen auch – Deutschland und der Kolonialismus, in: Sebastian Conrad/ Shalini Randeris (Hrsg.), Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Gei-steswissenschaften, Frankfurt/New York 2002, 372–392, 375.
(5) H. Glenn Penny, Objects of Culture. Ethnology and Ethnographic Museums in Imperial Germany, Chapel Hill 2001.
(6) Eine »intertextuelle« Korrespondenzregion des Schwerpunktes stellt in dieser Ausgabe der Gender Jungle dar. Georg Klauda unternimmt in seinem Beitrag »Globalizing Homophobia« eine historisch gesättigte Untersuchung von Realität und Konstrukt »arabischer Homophobie«. Ausgehend von der Frage der Angemessenheit einer Verherrlichung der angeblichen sexuellen Liberalität des Westens, zeigt er den engen Konnex von kolonialen Phantasien und Hegemonien, postkolonialen Überformungen und den Strategien politischer Aneignung und Vereinnahmung.
== Phase 2 Leipzig ==
servus
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