http://www.noz.de/deutschland-und-welt/politik/...zeugabstuerze-fehltAtomkraftwerk Lingen: Nebelanlage zum Schutz gegen geziele Flugzeugabstürze fehlt
Osnabrück. Auch elf Jahre nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 sind nicht alle Schutzmaßnahmen gegen gezielte Flugzeugabstürze auf deutsche Atomkraftwerke umgesetzt. Am Kernkraftwerk Emsland fehlt eine Nebelanlage. Das ergaben Recherchen unserer Zeitung.
Demnach hatten die Betreiber nach den Anschlägen ein sogenanntes Vernebelungskonzept für Atomkraftwerke entwickelt: Die Bauten sollten bei Gefahr hinter einer Wand verschwinden, die dem Piloten entführter Maschinen die Sicht versperrt. So zumindest der Plan.
Bis heute fehlt so eine Anlage in Lingen, der Antrag von RWE wartet noch auf Bearbeitung. „Das Genehmigungsverfahren […] läuft“, heißt es aus dem zuständigen niedersächsischen Umweltministerium. „Zurzeit werden die vom Betreiber vorgelegten Unterlagen von hinzugezogenen Sachverständigenorganisationen geprüft.“ Darunter die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) . Und hier liegt laut Ministerium einer der Gründe für das langwierige Verfahren: „Aufgrund der überaus hohen Arbeitsbelastung durch die Überprüfungsprozesse nach Fukushima insbesondere bei der GRS hat sich die Bearbeitung verzögert.“
Erst wenn die Expertisen vorlägen, könne ein Genehmigungsbescheid erstellt, der bundesaufsichtlichen Prüfung vorgelegt und gegebenenfalls den Betreibern grünes Licht gegeben werden. Im Klartext: Es dauert noch. Betreiber RWE will sich auf Nachfrage unserer Zeitung nicht zum Verfahren äußern. Man warte ab, heißt es.
Deutlicher wird Bundestagsmitglied Sylvia Kotting-Uhl, atompolitische Sprecherin der Grünen: „Das Argument, eine kürzliche Überlastung der GRS sei an den Verzögerungen in Niedersachsen schuld, ist vorgeschoben und unglaubwürdig.“ Sie wirft dem Umweltministerium in Hannover vor, die Arbeiten schon lange zu verschleppen. „2005 musste es als einzige Behörde vom damaligen Bundesumweltminister Trittin offiziell angewiesen werden, die Maßnahmen endlich in Angriff zu nehmen.“
Kotting-Uhl bezieht sich dabei auf das Pilotprojekt am AKW Grohnde, Landkreis Hameln-Pyrmont. Das begann 2005. Stückweise folgten weitere Kraftwerke: Im baden-württembergischen Philippsburg erteilte das zuständige Landesumweltministerium 2010 die Genehmigung zur Installation einer solchen Tarnanlage. 2011 folgte unter anderem Esenshamm.
Höchster baulicher Schutz
Weitere Ursache, warum Lingen hintansteht: Bundesumweltministerium und Energiekonzerne hatten sich geeinigt, „dass zunächst ältere Anlagen mit Tarnschutzsystemen versehen werden sollten“, so das niedersächsische Umweltministerium. Der Meiler im Emsland gehöre zu den Kraftwerken mit dem höchsten baulichen Schutz. Übrigens: Gesetzlich verpflichtend sind die Tarnsysteme nicht. Zudem ist bislang nie – auch nicht während des Pilotversuchs – ein AKW eingenebelt worden.
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