06. Mai 2004 Simon Moroney, der Vorstandsvorsitzende des Münchener Biotech-Unternehmens Morphosys, hält die Aktie seines Unternehmens trotz der deutlichen Kurssteigerung zwischen Januar und März dieses Jahres für unterbewertet. " Das ist natürlich nur meine persönliche Meinung" , sagt Moroney gegenüber dieser Zeitung. Doch falle auf, wie sehr die Bewertung amerikanischer Unternehmen, die bei ähnlicher Größe in einem vergleichbaren Geschäftsfeld tätig seien, und die deutscher Biotech-Anbieter, in diesem Fall Morphosys, voneinander entfernt seien. " Das Unternehmen Applied Molecular Evolution in San Diego, das mit unserem durchaus vergleichbar ist, wurde jüngst vom amerikanischen Pharmakonzern Eli Lilly für rund 360 Millionen Dollar gekauft" , sagt Moroney. Morphosys dagegen sei an der Börse lediglich rund 90 Millionen Euro wert. " Die amerikanischen Investoren und Analysten kommen besser mit Kursschwankungen klar. Die wissen, das Zyklen in einem Markt normal sind, besonders dann, wenn sie in einen Zukunftsmarkt investieren" , hat Moroney festgestellt.
Anders als für den Münchener Nachbarn GPC Biotech ist eine Notierung an der Nasdaq nach den Worten von Moroney für Morphosys bisher aber kein Thema, wenn ein solcher Schritt auch " jederzeit vorstellbar" sei. Schließlich erziele das Unternehmen schon heute rund 80 Prozent seines Umsatzes in den Vereinigten Staaten und stelle sich dort auch regelmäßig im Rahmen sogenannter Roadshows bei Investoren vor. Diese Anleger haben von Moroney in der jüngeren Vergangenheit ausschließlich gute Nachrichten gehört, nachdem das Unternehmen seine Kosten zuvor drastisch reduziert hat. Im vergangenen Jahr war es gelungen, den Fehlbetrag von 24,4 auf 4,1 Millionen Euro zu reduzieren. Der Mittelzufluß (Cash-flow) aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit war mit 5,8 Millionen Euro nach einem Minus von 15,2 Millionen Euro im Vorjahr sogar positiv. Bei den flüssigen Mitteln und den Wertpapieren konnte sich Moroney über einen Zuwachs von 20 Prozent auf 23,2 Millionen Euro - und damit über zusätzliche finanzielle Stabilität für sein Unternehmen - freuen. Im ersten Quartal 2004 hat sich die positive Tendenz bestätigt.
" Noch vor einem Jahr waren wir Morphosys gegenüber kritisch eingestellt, jetzt hat sich ein Stimmungswandel vollzogen, und wir sind eher positiv gestimmt" , würdigt Hanns Frohnmeyer, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, die Fortschritte. Positiv sei zu vermerken, daß die Patentstreitigkeiten, die das Unternehmen lange beschäftigt hätten, inzwischen beigelegt seien. Zudem habe Morphosys seine Kosten in den Griff bekommen und sich von den großen Plänen bei der Forschung für eigene Medikamente verabschiedet. Für das laufende Jahr hält Moroney an seiner Prognose fest, daß der Umsatz von zuletzt 15,3 (Vorjahr: 16,8) Millionen Euro im zweistelligen Prozentbereich steigen wird. Daraus folge sehr wahrscheinlich ein Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda).
Moroney räumt zwar ein, daß es auch andere Unternehmen gibt, die ähnlich wie Morphosys in der Lage sind, vollkommen menschliche Antikörper herzustellen. " Doch wir sind die einzigen, denen es gelingt, diese so zu optimieren, daß sie perfekt zu den vorgegebenen Targets der Pharmakonzerne passen, das heißt, daß sie sich später optimal an den jeweiligen Krankheitserreger binden" , fügt er hinzu. Davon, daß Moroney mit dieser Behauptung zumindest nicht ganz unrecht hat, sind immer mehr Pharmakonzerne überzeugt, die mit Morphosys sogar entsprechende Entwicklungspartnerschaften eingehen. " Inzwischen befinden sich 20 Produkte, die mit Hilfe unserer Antikörper entwickelt werden, in der Forschung oder in der präklinischen Entwicklung" , sagt Moroney. Davon werden es nach seiner Schätzung mindestens fünf auf den Markt schaffen. Dem ersten Morphosys-Antikörper soll noch in diesem Jahr der Sprung in die klinische Forschung gelingen. (Kno.)
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.05.2004, Nr. 106 / Seite 23
Grüße ecki
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