Tricks am Mobilfunk-Markt Neuen Preisstrukturen begegnen mehrere Anbieter mit kaumnachvollziehbaren Rechenkunststücken. (Freitag, 15. Juli 2005) Vor wenigen Tagen ist erneut Bewegung in den Mobilfunkmarkt gekommen. Mit großformatigen Anzeigen wirbt die Telco Services GmbH, Idstein, mit Gesprächskosten „zum Festnetzpreis“. Ab 1,5 Cent könne man jetzt mit seinem Handy ins Festnetz telefonieren – ein weiterer Schritt in Richtung international wettbewerbsfähige Preise? Höchstens ein kleiner. Den Festnetzpreis von 1,5 Cent pro Minute gibt es nämlich nur in der Nebenzeit im Ortsbereich, bei 24 Monaten Vertragsbindung und einem monatlichen Grundpreis von 15,95 Euro. Tagsüber zahlt man für Ferngespräche 4,9 Cent.
Dennoch scheinen sich die überhöhten deutschen Handy-Preise dem Ende zuzuneigen. Erst vor wenigen Tagen wurde eine Studie des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht, nach der den durchschnittlichen deutschen Handy-Nutzer 150 ausgehende Telefonate und 42 SMS 69,42 Euro im Monat kosten. In Schweden zahlt der Kunde für diese Leistungen 57,04, in Großbritannien nur 51,77 Euro.
Die deutschen Verbraucher ärgern sich nicht nur über hohe Minutenpreise von bis zu 0,49 Cent pro Minute, die einem T-Mobile beispielsweise abnimmt. Günstigere Verbindungsentgelte gab es bisher nur dann, wenn man sich im Gegenzug auf monatliche Grundgebühren, einmalige Anschlusspreise, Mindestumsätze und ähnliche Dinge einließ, die je nach Anbieter zu Paketen geschnürt werden, die sich kaum vergleichen lassen. Das ist natürlich so gewollt. Im Vergleich zu diesem Verbraucher-unfreundlichen Tarif-Wirr-Warr nimmt sich die Offerte der E-Plus-Tochter Simyo, die den Preiskampf eröffnete, wohltuend überschaubar aus. Wer sich eine Prepaid-Karte kauft, zahlt 19 Cent pro Minute für Mobiltelefonate in alle deutschen Netze und 14 Cent pro SMS. Mailboxabfragen sind kostenlos.
Noch attraktiver ist das jüngste Angebot von Victorvox Anders als bei Simyo muss der Kunde bei „Simply“ kein Guthaben erwerben. Bezahlt wird nach Rechnungsstellung: Einheitlich 18 Cent pro Minute in alle deutschen Netze, SMS-Versand für 13 Cent. Auch hier kein Mindestumsatz, Grundgebühr oder Mindest- Vertragslaufzeit. Allerdings gibt es auch kaum weiteren Service.
Beide Billiganbieter erfüllen gesonderte Wünsche nur gegen oft happige Aufpreise. Das heißt: Wer nur möglichst günstig und preis-transparent mobil telefonieren will, ist hier gut aufgehoben.
Auf diese Billig-Offerten reagierte Tchibo mit einer kaum nachvollziehbaren „Preissenkung“. Gestartet war der Hamburger Kaffeeröster mit einem Minutenpreis von 35 Cent. Jetzt schönt das Unternehmen seinen „Rund-um-einfach-Tarif“ auf die 19-Cent-Marke herunter – mit einigen Rechentricks. Tatsächlich kostet das „Tchibofonieren“ in alle Netze weiterhin 35 Cent pro Minute. Der beworbene Preis greift nämlich nur bei Neukunden, die sich bis zum 31. Juli für Tchibo entscheiden. Denen wird jeweils 85 Prozent des Aufladebetrags gutgeschrieben, so dass 100 Euro Aufladung zusätzlich 85 Euro als Guthaben einbringen – so kommt man auf einen Minutenpreis von 19 Cent.
Den neuen klaren Preisstrukturen begegnen auch weitere Mobilfunkanbieter mit kaum nachvollziehbaren Rechenkunststücken. Mobilcom preist derzeit einen „9,9-Cent-Tarif“ an. Für monatlich 19,80 Euro gibt es 200 Freiminuten, woraus sich – rechnerisch – der beworbene Preis ergibt. Die Nachteile: Werden die Inklusivminuten nicht ausgenutzt, erhöht sich der Preis sehr schnell, ab der 201. Minute werden 39 Cent verlangt. Eine geringere Monatspauschale (9,90 Euro), dafür jedoch höhere Minutenpreise berechnen Debitel mit 15 Cent/Minute und The Phone House mit 14 Cent.
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