Knapp eine Woche nach dem vermuteten Hack-Angriff auf die Webseiten der Bush-Wahlkampagne blockieren deren Betreiber "aus Sicherheitsgründen" Surfer aus nicht vertrauenswürdigen Staaten. Dazu gehört ganz Europa, Australien, Afrika und Asien - kurzum der "Rest der Welt". | Aktuelle Bush-Kampagnenwebseite: Für alle Nicht-Amerikaner verboten | Anfang letzter Woche war Schluss mit Bush, zumindest im Web. Die Webseiten der Bush-Kampagne sowie die offizielle Webseite der republikanischen Partei gingen in einem elektronischen Sturm von Seitenaufforderungen aus aller Welt unter - schnell war klar, dass es sich um eine "Denial of Service"-Attacke (DoS) handelte.
Dabei "kidnappen" die Angreifer eine möglichst große Zahl von Rechnern, um von diesen aus zeitparallel Seitenaufrufe zu starten, bis der angefragte Server unter der Überlast in die Knie geht. Der Spuk dauerte knapp zwei Tage, dann hatten die amerikanischen Webmaster die Situation wieder unter Kontrolle. Das Ganze, kommentierte ein Sprecher der Bush-Wahlkampagne wortkarg, sei "keine große Sache" gewesen.
Offenbar aber groß genug, um daraus Konsequenzen zu ziehen. Seit Montag laufen Surfer außerhalb der USA vor die virtuelle Wand, wenn sie versuchen, die Bush-Webseiten zu besuchen. "Sie haben nicht die erforderliche Berechtigung, um die Seite anzuzeigen", lautet der stattdessen angezeigte Standardtext der Http-Fehlermeldung 403 - und die besagt nicht mehr und nicht weniger als "Zutritt verboten".
Der Rest der Fehlermeldung ist ein Treppenwitz: "Wenden Sie sich an die Website, indem Sie eine der auf der www.georgebush.com Startseite angegebenen E-Mail-Adressen oder Telefonnummern verwenden, wenn Sie nicht die erforderliche Berechtigung haben, um dieses Verzeichnis oder diese Seite anzeigen zu können." Ein guter Plan - wenn man die E-Mail-Adressen denn finden könnte. Ohne Zugang zur Seite ist das allerdings nicht einfach.
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| Sowohl Websurfer als auch IT-Sicherheitsunternehmen wurden binnen Stunden auf das Phänomen aufmerksam, das Rätselraten begann: Steckte eine neuerliche Attacke dahinter? IT-Experten verneinten das schnell: Die Fehlermeldung 403 geht in aller Regel vom angefragten Server aus. Bis zum Mittwoch kam von Seiten des Bush-Kampagnenteams keinerlei Kommentar.
Dann endlich gab Bush-Sprecher Scott Stanzel der Presse eine äußerst knappe Erklärung: "Wir haben diese Maßnahme aus Sicherheitsgründen ergriffen." Rückfragen zwecklos, mehr braucht man nicht zu wissen.
Alle Kontinente sind blockiert - bis auf die USA
Die Sperre umfasst nach derzeitigem Kenntnisstand alle Länder, die nicht USA heißen: Von Europa über Asien und Australien bis Afrika scheint alles blockiert zu sein.
Dass Webseiten für bestimmte IP-Adressen, Adressblöcke oder Länderkennungen blockiert werden, ist an sich nicht ungewöhnlich: Sowohl Internetzensur übende Länder wie Saudi Arabien oder China, als auch Webseiten innerhalb "kritischer Infrastrukturen" wie Stromversorgung, Regierungsnetze oder militärische Server greifen standardmäßig auf dieses Mittel zurück. Dass aber eine politische Website gleich dem ganzen Rest der Welt außerhalb der USA den Zugang verwehrt, dürfte ein echtes Novum darstellen. Gerade der laufende US-Wahlkampf ist für die Welt so wichtig, dass bereits von einer "Welt-Wahl" gesprochen wurde: Entsprechend groß ist das internationale Interesse an der Wahlkampfseite.
| Fehler 403: Zutritt verboten | Die Maßnahme ist vor allem deshalb zweifelhaft, weil sie alle treffen dürfte, außer denen, die zu so etwas wie einer DoS-Attacke fähig wären. Die ließe sich nämlich immer noch umsetzen - entweder über das Kapern amerikanischer Rechner, oder per "Umleitung" der Massenanfragen über diverse Proxies in den USA.
Denn wirklich blockierbar ist im Internet so gut wie nichts.
Wer sich für die Inhalte der Bush-Website interessiert oder den Administratoren - wie auf der 403-Fehlerseite vorgeschlagen - eine E-Mail senden möchte, erhält Zugang zu der Webseite über diverse Proxy-Server. Dabei handelt es sich quasi um "Vermittlungsstellen", die Anfragen auf Seitenaufrufe vermitteln und die entsprechenden Daten "durchreichen": Auf Seiten der angeforderten Webseite wird dann nicht die IP-Adresse des Anfordernden registriert, sondern die des Proxys.
Das Prinzip findet bei zahlreichen kommerziellen wie kostenlosen Anonymisierungsservices Anwendung. Die verlangsamen zwar das Surfen, bieten aber eine offene Hintertür zu blockierten Webseiten (siehe Linkverzeichnis). Die lässt sich allerdings noch weit einfacher öffnen: Wer statt der offiziellen Webadresse die IP-Nummer dahinter direkt eingibt (http://65.172.163.222/), landet problemlos auf der Bush-Seite. "Aus Sicherheitsgründen" verhindert haben Bushs EDV-Meister somit rein gar nichts - nur den Blick aufs aktuelle Wahlkampfgeschehen erschwert.
Frank Patalong
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