'500 Prozent Gewinn' - Heiße Luft in Börsenbriefen
15:07 12.01.12
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Sie heißen "Aktienteufel", "Kursraketen" oder "Bulle & Bär" und versprechen Anlegern heiße Tipps für das schnelle Geld mit Aktien: Unzählige Börsenbriefe sind in Deutschland auf dem Markt, die Anlegern Kaufempfehlungen geben oder auch vor Investments warnen. Gegen eine monatliche Gebühr oder auch gratis gehen sie per Mail an Zehntausende Abonnenten - und können damit Kurse bewegen. Längst nicht allen Empfehlungen sollten Anleger aber vertrauen: Ein Herausgeber von Börsenbriefen aus Oberbayern steht seit Donnerstag in München wegen der Manipulation von Aktienkursen vor Gericht.
Der 47-Jährige Diplom-Kaufmann gab zu, in seinen Briefen vor allem Werbung für die Aktien gemacht zu haben, die er selbst besaß. Seine Leser - die Briefe gingen wöchentlich an rund 18 000 Abonnenten - wussten davon nichts. "Ich hatte wenig Ahnung", sagte er zum Prozessauftakt. In den meisten Fällen habe er im Auftrag eines Komplizen gehandelt, der ihn beauftragte, Berichte über bestimmte Übernehmen in seinen Börsenbriefen zu veröffentlichen. Der Komplize hat deutlich mehr an den Aktiengeschäften verdient als der 47-Jährige und steht Ende des Monats zusammen mit ehemaligen Funktionären der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger ebenfalls vor Gericht.
Die Aktionen liefen immer nach einem ähnlichen Muster ab: Die beiden Männer kauften Aktien der Firmen günstig ein, lösten mit den Jubel-Berichten ein Kursfeuerwerk aus und verkauften die Papiere dann in den meisten Fällen mit hohem Gewinn. Die übrigen Aktionäre waren die Dummen: Sie mussten zusehen, wie die Aktien nach den Kampagnen wieder abstürzten und ihr Depot dahinschmolz. Zahlreiche Leser beschwerten sich laut Anklage bei dem Angeklagten, weil sie auf die Tipps hereingefallen waren.
Mit blumigen Texten in den Börsenbriefen hatte der 47-Jährige sie heiß gemacht: Den Aktionären des US-Gastunternehmens Digital Ecosystems etwa versprach er Gewinne von "mittelfristig 400 bis 500 Prozent", kündigte "Hammer-Neuigkeiten" an, verglich die Aktienanlage mit einem "6er im Lotto" und versicherte "Aktionäre sitzen auf einem Schatz". In anderen Fällen gab er konkrete Kursziele für die Aktien aus - die meist doppelt bis dreimal so hoch waren wie der aktuelle Kurs der Aktie an der Börse.
Derartige Kursziele sind durchaus auch in anderen Börsenbriefen üblich. Allerdings sind die Herausgeber verpflichtet, darauf hinzuweisen, wenn sie selbst Aktien der beworbenen Firmen halten - denn damit dürfte den meisten Lesern klar sein, was sie von der Empfehlung halten dürfen. Die Finanzaufsicht Bafin ruft Anleger deshalb grundsätzlich zur Vorsicht im Umgang mit den Börsenbriefen auf. Auf ihrer Homepage warnt sie vor Schwarzen Schafen. Die Herausgeber von "Aktienteufel", "Kursraketen" oder "Bulle & Bär" zum Beispiel waren auf Nachforschungen der Behörde nicht zu ermitteln. Auch der Angeklagte, der dank seines Geständnisses auf eine Bewährungsstrafe von maximal zwei Jahren hoffen kann, lässt inzwischen ganz die Finger von Aktien. "Das hab ich eingestellt."/dwi/DP/wiz
--- Von Daniela Wiegmann, dpa --- Quelle: dpa-AFX
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