Quelle: Börsen-Zeitung, 05.06.2009 auf Seite 11 :
"Wir haben tief Luft geholt"
Konzern will mit Schuldenrückkauf und Privatisierungen Bilanzstärke erhöhen - Aufsichtsratschef geht
Von Antje Kullrich, Düsseldorf
Börsen-Zeitung, 5.6.2009 Der Immobilienkonzern Colonia Real Estate arbeitet nach dem horrenden Konzernverlust von 83 Mill. Euro im vergangenen Jahr intensiv am Ausbau seiner Finanzstärke. Mit der zweiten Kapitalmaßnahme binnen zwei Monaten hievten die Kölner ihre Eigenkapitalquote auf über 26 % und damit wieder in den selbst gesteckten Zielkorridor zwischen 25 und 30 %. Mit dem Rückkauf eigener Schulden und Verkäufen von Einzelobjekten aus dem rund 20 000 Einheiten umfassenden Bestand will Deutschlands drittgrößter börsennotierter Wohnungskonzern in den kommenden Monaten für noch mehr bilanzielle Solidität sorgen. "Wir haben tief Luft geholt", sagte Vorstandschef Stephan Rind der Börsen-Zeitung. In den vergangenen Monaten hat das SDax-Unternehmen zudem 28 % der Belegschaft abgebaut und die Verwaltungskosten nach seinen Angaben mehr als halbiert. Das Kostensenkungsprogramm war im Herbst initiiert worden, nachdem deutliche Wertkorrekturen im Bestand nötig geworden waren. Colonia Real Estate beziffert das eigene Immobilienvermögen heute auf 900 Mill. Euro.
Optionsscheine gewandelt
Mit der Umwandlung von rund 6,5 Mill. Optionsscheinen hat sich Colonia jetzt noch einmal 13 Mill. Euro frisches Kapital besorgt, nachdem die Gesellschaft bereits im April 3,6 Mill. Euro brutto im Rahmen einer Kapitalerhöhung eingesammelt hatte. "Wir haben keine Pläne für weitere Eigenkapitalmaßnahmen in diesem Jahr", kündigte Rind an. Auch Verkäufe größerer Immobilien-Portfolios stehen derzeit nicht auf der Agenda. Das gibt der Markt einfach nicht her, da die Banken derzeit die dafür notwendigen Finanzierungen nicht anbieten. Den Jumbo-Pfandbrief der Deutschen Bank sowie den Pfandbrief der Aareal Bank in dieser Woche wertete Rind jedoch als gutes Zeichen, da diese Assetklasse einen wichtigen Refinanzierungskanal für die kreditgebenden Institute darstelle. "Wenn jetzt die im Markt hängenden Verbriefungsstrukturen bereinigt werden und gleichzeitig der Pfandbriefmarkt sich wieder öffnet, werden sich auch die Finanzierungsmöglichkeiten verbessern. Dann werden wir auch eine Belebung im Markt erleben. Aber das sehe ich nicht vor Anfang 2010."
Privatleute langen zu
Derweil setzt Colonia auf Verkäufe von Einzelobjekten. Für Privatanleger sei der Immobilienmarkt angesichts niedriger Zinsen und Inflationsängsten derzeit sehr attraktiv, argumentierte Rind. Zudem seien Finanzierungen bis 5 Mill. Euro deutlich leichter zu bekommen. Im zweiten Quartal habe Colonia bereits Immobilien für rund 8 Mill. Euro veräußert - teilweise zu Preisen von 20 bis 30 % über Buchwert. Ziel ist laut Rind ein Verkaufsvolumen von 30 Mill. Euro im Gesamtjahr. Einiges tun will der Immobilienkonzern auf der Schuldenseite. Die Finanzschulden von 628 Mill. Euro Ende März sind bei einem Eigenkapital von jetzt 244 Mill. Euro kein Pappenstiel. Allerdings, so betont Rind, müsse das Unternehmen im laufenden Jahr keinen Cent refinanzieren und 2010 nur 17 Mill. Euro. Der Großteil der Verbindlichkeiten wird erst nach 2012 fällig. Der Vorstand ist im vergangenen Jahr dazu übergegangen, mit Banken über den vorzeitigen Rückkauf der eigenen Schulden zu verhandeln - und dabei "interessante" Abschläge zu erreichen, wie Rind ausführt. Bisher gelang das in zwei Transaktionen mit einem Volumen von insgesamt 71 Mill. Euro. Finanziert werden die Rückkäufe laut Rind aus dem eigenen Cash-Bestand oder mit anderen Banken, die dafür ein Darlehen auf niedrigerer Basis zur Verfügung stellen. "Ich rechne damit, dass wir im laufenden Jahr weitere Verbindlichkeiten zurückkaufen", sagte Rind. Knall auf Fall hat Colonia Real Estate in dieser Woche ihren Aufsichtsratsvorsitzenden verloren. Klaus B. Steiger trat zurück und nannte eine schwere Erkrankung in der engsten Familie sowie den eigenen Gesundheitszustand als Grund. Mit der Entwicklung des Konzerns habe der Schritt nichts zu tun, teilte Steiger in einer persönlichen Erklärung mit. Ganz unwillkommen dürfte der Colonia der Rücktritt nicht sein. Denn Steigers Ruf hatte zuletzt gelitten. Als Ex-Aufsichtsratsmitglied der Aufina AG, die durch Anlegerbetrügereien in die Schlagzeilen geraten war, war er zwar nicht straf-, aber zivilrechtlich belangt worden. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte das Urteil bestätigt. Neu in den Aufsichtsrat, der am 8. Juli auf der Hauptversammlung komplett gewählt wird, sollen der Ex-Bundestagsabgeordnete Klaus Lennartz (SPD) und Carsten Strohdeicher, Unternehmensberater aus München, einziehen.
Quelle: Börsen-Zeitung, 05.06.2009 auf Seite 11
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