hört sich ziemlich gut an! http://www.welt.de/data/2004/10/02/340196.html Arbeitssuche in China: Passgenaues Jobangebot per SMS Chinesische Studenten können gegen zehn Euro Gebühr an einem Test teilnehmen, der ihr Berufsprofil diagnostiziert. Danach werden ihnen genau die Jobs offeriert, für die sie die entsprechende Qualifikation besitzenvon Silvia Meixner Alles begann mit 22 Motorola-Handys. Das war vor zehn Jahren. Über solche Größenordnungen lächelt W.e.i. Zhou (35) heute vermutlich. Damals kostete ein gutes Handy in Deutschland rund 800 Euro, in China fünftausend, die meisten Menschen dort konnten von einem Mobiltelefon nur träumen. Es war eine kleine Herausforderung, Käufer für 22 Mobiltelefone zu finden.
Heute ist China der größte Handymarkt der Welt und auch die Herausforderungen sind größer geworden: Über 300 Millionen Chinesen besitzen ein Mobiltelefon, bis 2006 sollen es 400 Millionen sein. W.e.i. Zhou ist Vorstandsvorsitzender des Nasdaq-notierten Unternehmen Intac International, verkauft immer noch Handys, aber auch andere Dienstleistungen und freut sich über jeden Studenten, der ein Mobiltelefon besitzt. Der nämlich ist potentieller Kunde für seinen Online-Stellenmarkt "joyba.com" und wird künftig die Daten seines Ansprechpartners bei einem potenziellen neuen Arbeitgeber per SMS oder E-Mail erhalten. Joyba ist eine Plattform, die Unternehmen mit ihren künftigen Mitarbeitern - Studenten, die kurz vor dem Abschluss ihres Studiums stehen- zusammenbringen will.
Recruiting ist in China ein schwieriges Unterfangen, weil viele Zeugnisse in den Augen westlich orientierter Firmenchefs wenig aussagekräftig sind. Dieses Problem hat auch die chinesische Regierung erkannt und sich einen Kooperationspartner gesucht: W.e.i. Zhous Unternehmen "Intac International" (mit Büros in Hongkong, Peking, Dallas, Frankfurt /Main) hat nun die Datensätze von rund drei Millionen chinesischen Studenten, die demnächst ihr Studium beenden werden und einen Arbeitsplatz suchen. Das chinesische Bildungsministerium ist zu zehn Prozent an joyba.com beteiligt, das Internetportal wurde im April 2004 eröffnet. Bis Mitte 2005 sollen 20 Millionen Einträge verzeichnet sein.
Unternehmen wie Cisco und Yahoo gehören zu seinen Kunden, die erst dann eine Provision bezahlen, wenn ein Arbeitsvertrag zu Stande kommt. Die Studenten bezahlen rund fünf Euro für die Registrierung bei joyba.com und einen Cent für jede SMS, die sie erhalten. Jeder Student nimmt gegen zehn Euro Gebühr an einem Test ("Student Background Check") teil, der ihm in der Folge nur jene Jobs offeriert, für die er auch die entsprechende Qualifikation besitzt.
Der Vorteil für Unternehmen: Sie bekommen genau die Arbeitskraft, nach der sie suchen. "Das Recruiting-Problem droht zum Investitionshemmnis Nummer Eins zu werden", sagt W.e.i. Zhou. Für den Besuch von Recruiting-Messen fehlen vielen ausländischen Unternehmen, die auf den chinesischen Markt drängen, Zeit oder finanzielle Mittel. "Die Firmen suchen meist auch nicht nur ein oder zwei Mitarbeiter, sondern ein paar hundert auf einmal. Oder sie rufen an und sagen: "Sucht uns 3000 Leute'", so der chinesische Unternehmer. Zahlen, von denen man im krisengeplagten Deutschland nur träumen kann. Hier werden derzeit eher 3000 Menschen auf einen Schlag entlassen statt angestellt. "Deutschland ist wie ein Sozialamt", sagt der chinesische Unternehmer. Er meint das bestimmt nicht böse. Er staunt darüber. Als Kind wollte er Astronom werden, studierte Innenarchitektur und versuchte schließlich sein Glück als Jungunternehmer. Heute geht er nie ohne seine drei Handys aus dem Haus. Neben der Vermittlung von Jobs bietet joyba.com auch einen News- und Spieledienst, Kontaktbörse und Handy-Klingeltöne. Das Unternehmen rühmt sich, das "bedeutendstes Karriereportal in China" zu sein. Die drei Millionen Kundendaten von Menschen, die jung und künftig vielleicht erfolgreich sein werden, sind natürlich auch auf anderem Gebiet gleichermaßen eine Lizenz zum Gelddrucken: "Intac stehen alle Kommerzialisierungsmöglichkeiten der Studenten-Daten zur Verfügung", heißt es in der firmeneigenen Werbemappe. Die Joyba-User sind jung, dynamisch, die Macher Chinas von Morgen, ihre Daten begehrt. Allein der Markt für Online-Werbung soll bei Intac International von 61 Millionen US-Dollar (2002) bis zum Jahr 2007 auf 344 Millionen Dollar wachsen. Da nimmt sich der Cent, den die Studenten für eine SMS bezahlen, geradezu bescheiden aus.
Artikel erschienen am Sa, 2. Oktober 2004
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