ftd.de, Fr, 9.1.2004, 15:06 Bush plant US-Stützpunkt auf dem Mond
US-Präsident George W. Bush will eine Siedlung oder feste Station auf dem Mond schaffen, um dann als nächsten Schritt Amerikaner zum Mars zu schicken. Experten zweifeln an der technischen und finanziellen Machbarkeit der ehrgeizigen Pläne. Der Mars-Flug und die ständige Raumstation auf dem Mond sind nach Informationen von US-Regierungsbeamten die Kernpunkte einer programmatischen Rede, die Bush Mitte nächster Woche halten will. Nach Bushs Vorstellungen solle unverzüglich mit entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten begonnen werden, hieß es weiter.
Die ehrgeizigen Ziele sollen neuen Schwung in das amerikanische Raumfahrtprogramm bringen, das unter einer Serie von Rückschlägen leidet. Zugleich will der Präsident seinen Wahlkampf in diesem Jahr mit einem zukunftsträchtigen Thema besetzen. Bush tritt damit in die Fußstapfen seines Vaters George, der als Präsident zum 20. Jahrestag der ersten bemannten Mondlandung 1989 ebenfalls die Wiederaufnahme der Mond-Missionen und die Entsendung von Astronauten zum Mars als Ziele für das 21. Jahrhundert genannt hatte. Zum letzten Mal hatte 1972 ein Mensch den Mond betreten.
Nasa-Chef Sean O'Keefe betrachtet die "Spirit" und ihre Schwestersonde "Opportunity", die am 24. Januar auf dem Mars landen soll, als Vorhut für eine menschliche Expedition zum Roten Planeten. Wenn Roboter die Bedingungen vor Ort erst ausreichend erforscht hätten, "können wir in absehbarer Zeit auch Menschen schicken", sagte O'Keefe am Mittwoch. Ein bemannter Flug zum Mars werde voraussichtlich mehr als zehn Jahre Vorbereitungszeit erfordern, sagte ein Regierungsbeamter.
Neue Zielsetzung für US-Raumfahrt Bush-Sprecher Scott McClellan bestätigte lediglich, dass der Präsident eine Rede zum Raumfahrtprogramm halten werde. Darin werde Bush die Konsequenzen aus der Untersuchung zum Absturz der Raumfähre "Columbia" ausführen. Die Untersuchungskommission hatte eine neue Zielsetzung für die US-Raumfahrt gefordert, der es seit 30 Jahren an einer klaren Vision fehle.
Ein Mitglied der Kommission übte am Donnerstag jedoch Kritik an den bisher bekannt gewordenen Plänen. Statt Menschen sollten die USA lieber mehr Roboter wie die Mars-Sonde "Spirit" ins All schicken, sagte Physik-Nobelpreisträger Douglas Osheroff in einer ersten Reaktion. "Ich glaube, wir sind noch 30 Jahre davon entfernt, den Mars betreten zu können. Und ich weiß nicht, ob es einen Grund gibt, es zu tun", sagte Osheroff.
Für den Direktor für Raumfahrtprojekte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Klaus Berge, ist eine bemannte Mission zum Mars eine kulturelle Frage und keine wissenschaftliche. "Wenn der Mensch ins All aufbrechen will, muss er irgendwann über den Mond hinaus", sagte Berge der Nachrichtenagentur dpa.
Zwischenstopp auf dem Erdtrabanten
Vorbereiten könnte den bemannten Flug zum Mars eine Rückkehr der Menschen zum Mond. "Die Amerikaner haben diese Vision - obwohl nicht offiziell verkündet -, und wenn man zum Mars will, wäre ein Zwischenstopp auf dem Mond wünschenswert", sagte Berge. So ließe sich die allein wegen des Treibstoffbedarfs immens große Marsrakete auf dem Erdtrabanten leichter bauen und starten. Der Mond besitzt nur rund ein Neuntel der Schwerkraft der Erde. Eine bemannte Raumstation auf dem Mond wäre Experten zufolge notwendig, um Ausrüstung und Überlebenstechniken für eine spätere Mars-Mission zu testen. Die Kosten einer solchen Station würden nach Ansicht des Physiker Osheroff allerdings die Ausgaben für die Internationale Raumstation ISS weit in den Schatten stellen. Das vor 15 Jahren von Bush senior vorgeschlagene Programm hätte nach damaligen Schätzungen rund 500 Mrd. $ gekostet.
Neben den USA plant auch China einen Ausbau seines Weltraumprogramms: Nach dem erfolgreichen Flug des ersten Taikonauten im vergangenen Herbst soll 2005 ein Raumschiff mit mehreren Besatzungsmitgliedern ins All starten, wie zwei chinesische Zeitungen am Freitag berichteten. Die US-Pläne wollte China trotz einer Anfrage der Nachrichtenagentur AP nicht kommentieren.
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