Cybernet: "Positives EBITDA Mitte 2001"
Cybernet ist ein Internet-Provider und Internet-Dienstleister. Obwohl das Unternehmen offiziell in den USA angesiedelt ist und an der Nasdaq notiert, liegt der Tätigkeitsbereich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Italien. Der Kurs der Aktie schwankte in den vergangenen 52 Wochen zwischen 18,50 und 1,75 Euro. Anläßlich eines am Dienstag veröffentlichten Großauftrages sprach Instock mit dem Vorstandsvorsitzenden Andreas Eder.
Instock: Sie beklagten in einem Aktionärsbrief vom 20. November 1999 genauso wie im Aktionärsbrief am 5. Januar 2001 die fallenden Kurse der Cybernet-Aktie. Worin sehen Sie außer der allgemeinen Markentwicklung die Knackpunkte, die zu dem stetigen Kursverfall Ihrer Aktie führen? Eder: Die Kursentwicklung unserer Aktie im letzten Jahr ist für mich nicht nachvollziehbar. Das Unternehmen hat sich gerade in diesem Zeitraum radikal verbessert. Wir haben unseren Umsatz je Mitarbeiter drastisch steigern können. Der liegt jetzt bei 120.000 Euro. Weiterhin haben wir den Umsatz überwiegend organisch dramatisch gesteigert und die Kosten dramatisch reduziert. Wir haben ja schon zum dritten Quartal 2000 gezeigt, dass wir den EBITDA-Verlust (EBITDA = Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen ? Anm. d. Red.) von fast 15 Millionen im vierten Quartal 1999 auf 5,8 Millionen Euro reduzieren konnten. Dieser Trend ist ungebrochen und geht so weiter.
Instock: Sie sprachen gerade die dramatische Steigerung des Umsatzes pro Mitarbeiter an. In einer Emissionsstudie der Berliner Effektenbank zu Ihrem Börsengang ist aber die Rede von 260.000 Euro Umsatz pro Mitarbeiter. Damit haben Sie nicht einmal die Hälfte des prognostizierten Volumens erreicht. Warum nicht? Eder: Zunächst muß man sagen, dass sämtliche Prognosen in diesem Markt von der Realität übertroffen oder auf den Kopf gestellt wurden. Ob es sich dabei um die Deregulierung im Telekombereich oder um die Reduzierung der Margen sowie der Wachstumsraten in den verschiedenen Marktsegmenten handelt, immer verlief die Entwicklung in der Realität ganz anders, als es Ende 1998 vorhersehbar war. Dadurch haben wir uns schon im Jahr 1999 von der ursprünglichen Planung verabschieden müssen. Dazu kommt, dass wir Ende 1999 einen Konsolidierungskurs eingeschlagen haben. Bis dahin sind wir sehr rasch gewachsen und haben ebenso schnell verschiedene Unternehmen übernommen. Die Integration dieser Unternehmen ist uns nicht in dem Umfang und im Rahmen des ursprünglichen Zeitplanes gelungen. So kam es, dass wir 1999 beschlossen haben, uns auf unser Kerngeschäft zu konzentrieren und auf weitere Akquisitionen zu verzichten. Oberstes Ziel war, unser Geschäft nach vorn zu bringen. Wie die Zahlen zeigen, ist uns dies sehr gut gelungen.
Instock: Heißt das, dass Sie sich bei Ihren Akquisitionen übernommen haben? Eder: Wir haben sicherlich mehr Unternehmen übernommen, als wir verkraftet konnten. Wir haben von unserer Managementkapazität her nicht alles im gewünschten Umfang verdauen können.
Instock: Haben Sie sich überschätzt? Eder: Da gab es vielfältige Gründe. Einerseits war damals das Motto der Stunde, sich schnell in ganz Europa Marktanteile zu sichern. In dieser Zeit sind alle Unternehmen sehr schnell expandiert und haben versucht, sich über Akquisitionen Marktanteile zu verschaffen. Ende 1998 bis Anfang 1999 wurde man von allen Seiten gedrängt, möglichst schnell zu wachsen. Kein Mensch hat einen Blick darauf geworfen, ob am Ende auch die ?Bottom Line? paßt. Wir haben damals ebenfalls versucht, sehr schnell in Europa zu wachsen, was uns ja auch gelungen ist. Heute sind wir in Deutschland, Italien, der Schweiz und Österreich mit starker Präsenz vertreten. Das ist der positive Effekt. Die Integration der übernommenen Firmen erfolgte allerdings mit einer gewissen Verzögerung erst im Jahr 2000.
Instock: Augenscheinlich glauben immer weniger institutionelle und private Anleger an die Story von Cybernet. Wie wollen Sie diese Tendenz nicht nur stoppen sondern umkehren? Eder: Dem widerspreche ich.
Instock: Der Kurs Ihrer Aktie spricht eine andere Sprache. Eder: Im Moment ja, aber wir haben in den letzten Wochen sehr viele Gespräche geführt und führen die noch. Diese deuten darauf hin, dass sich sehr viele institutionelle Anleger für unsere Aktien interessieren. Wir konnten unsere Margen durch Investitionen in den Datencenter-Servicebereich deutlich erhöhen. Hier haben wir uns ein Geschäftsfeld erschlossen, dass nicht nur stark wächst, sondern auch überdurchschnittlich hohe Margen bringt. Damit ist unser Weg in die Profitabilität absehbar. Dies wird zwar von der Masse der Anleger noch nicht honoriert, doch die institutionellen Anleger sind sehr interessiert. Was derzeit noch den Enthusiasmus der Anleger etwas bremst, ist unsere Finanzstruktur.
Instock: Was stimmt in Ihrer Finanzstruktur noch nicht? Eder: Es ist bei uns so, dass wir einen großen Teil der Wachstumsfinanzierung über Anleihen realisiert haben. Diese Unternehmensanleihen sind mit 14 beziehungsweise 13,5 Prozent verzinst. Diese Last drückt selbstverständlich auf unser Gesamtergebnis. Wir sind derzeit in vorbereitenden Gesprächen zur Umfinanzierung. Sollte uns dies gelingen, so hätte das eine wahnsinnige Hebelwirkung auf den Aktienkurs.
Instock: Wovon hängt der Erfolg dieser Gespräche ab? Eder: Zunächst haben wir einen Teil schon aus eigener Kraft geleistet. So haben wir für fast 80 Millionen Dollar Anleihen zurückgekauft. Dabei haben wir die schwache Marktsituation ausgenutzt, um unsere Schulden zu reduzieren. Jetzt versuchen wir auch mit Hilfe weiterer Investoren, die Umfinanzierung der kompletten Fremdverschuldung zu bewerkstelligen. Wir müssen jetzt diese Investoren davon überzeugen, dass diese Investition sehr lukrativ ist.
Instock: Bis wann soll dieser Prozeß abgeschlossen sein? Eder: Das ist schwer zu sagen. Das wird sich sicherlich noch die nächsten Monate hinziehen.
Instock: Wichtig für die Anleger ist immer das Erreichen der Planzahlen. Werden Sie Ihre Vorgaben für 2000 erreichen? Eder: Davon gehen wir aus. Noch vergehen bis zum endgültigen Jahresabschluß einige Wochen, doch wir sind auf einem guten Weg. Ich sehe aber auch nicht, dass wir mit großen Überraschungen aufwarten werden. Doch darauf kommt es letztendlich auch gar nicht an. Wichtiger ist, dass wir unseren eingeschlagenen Kurs konsequent durchhalten. Unser Ziel ist es, Mitte 2001 ein positives EBITDA vorlegen zu können. Ob wir dass für das ganze Jahr schon realisieren können, ist noch fraglich. Quartalsweise werden wir diese Marke sicherlich erreichen.
Instock: In einem Interview mit gatrixx-tv sagten Sie, dass die Sommerzeit bei Ihnen die umsatzschwächste sei. Wieso wollen Sie nun ausgerechnet in dieser Zeit die Gewinnzone erreichen? Eder: Sicherlich gibt es quartalsmäßige Schwankungen. Andererseits gibt es im operativen Geschäft Trends, die so stark sind, dass sie solche Schwankungen überdecken. Unsere massiven Maßnahmen zu Reduzierung der Kosten und zur Steigerung der Produktivität werden ihre Resultate bringen. Insgesamt gehen wir davon aus, dass wir unsere Planungen erreichen werden.
Instock: Kommen wir noch einmal zu Ihren Datencentern: Sie haben gerade einen Großauftrag für das Datencenter in Hamburg in Höhe von 39 Millionen Mark vermeldet. Wie bedeutend ist dieser Auftrag für Cybernet? Eder: Mit diesem weiteren Großauftrag sind wir nur wenige Monate nach der Eröffnung des Datencenters in Hamburg dort profitabel. Das ist um so erstaunlicher, wenn man weiß, dass im Markt damit gerechnet wird, dass es von der Eröffnung eines solchen Datencenters bis zum Break-even nach EBITDA rund 18 Monate dauert. Wir haben in Hamburg nach nur zwei Monaten den Break-even nach EBIT (Ergebnis vor Steuern und Zinsen ? Anm. d. Red.) erreicht.
Instock: Können Sie den Auftraggeber nennen? Eder: Nein, dass darf ich nicht. Wichtig ist, dass es sich um einen nicht kündbaren Vertrag mit einem festen Preis von jährlich 3,9 Millionen Mark handelt. Dazu kommt noch, dass der Preis an den Inflationsindex geknüpft ist.
Instock: Welche Kosten stehen den Einnahmen gegenüber? Eder: Das darf ich im Detail nicht sagen. Unsere Marge liegt aber über 80 Prozent.
Instock: Herr Eder, vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Helmut Harff.
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