Angsthasen haben Konjunktur
Der erfahrene Börsenmann erklärt, warum Aktien die richtige Wahl sind und warum die USA nicht in die Rezession rutschen werden.
Herr Heller, die Anleger sind nervös, die Angst vor einer Rezession in den USA und die anhaltende Finanzkrise trüben die Stimmung. Teilen Sie die Sorgen der Anleger?
HELLER: Nein, überhaupt nicht. Ich bin seit 1969 an der Börse und habe seitdem 14 Krisen erlebt, von der Continental-Illinois-Bankpleite 1984 über den 1987er Crash und die LTCM-Krise 1998 bis heute. Ich habe einmal nachgerechnet: Nach jeder dieser Krisen notierte der S&P500-Index ein Jahr später im Schnitt um 18 Prozent höher. Börse ist zu 50 Prozent Psychologie und derzeit befällt einige Investoren wieder die Lust am Untergang.
Was macht Sie so sicher, dass die Krise schon bald überstanden sein wird?
HELLER: Im Schnitt kommt es alle drei bis fünf Jahre zu Verwerfungen an den Märkten. Jede dieser Krisen hat einen anderen Auslöser, aber eines ist allen Krisen gemeinsam. Die Fed hat danach immer die Zinsen gesenkt und wer sagt, dass Zinssenkungen nicht wirken, hat von der Börse nichts verstanden. Die Angst, sinkende Zinsen müssten automatisch die Inflation beflügeln, ist töricht. Zinsen können erhöht und gesenkt werden. Die Notenbank kann, nachdem eine Maßnahme gewirkt hat, eine Zinssenkung mühelos wieder rückgängig machen.
Der DAX ist auch dieses Jahr um 19 Prozent gestiegen. Das ist das fünfte Jahr in Folge mit hohen Gewinnen. Nach dem Gesetz der Serie wäre der Markt reif für eine Korrektur.
HELLER: Im Prinzip haben Sie recht, aber eben nur im Prinzip. Der DAX ist unter den internationalen Indizes ein Sonderfall. Anders als der S&P500 hat er zwischen 2000 und 2003 über 70 Prozent an Wert verloren. Man sollte sich vielmehr an den Bewertungen orientieren. Und die zeigen: Als der DAX im Jahr 2000 um die 8000 Punkte stand, lag das Kurs-GewinnVerhältnis bei 30, jetzt liegen wir bei 12 oder 13. Das ist ein entscheidender Unterschied.
Warum stehlen die großen Aktien den kleinen Werten die Show?
HELLER: Das hat zwei Gründe. Die Private-Equitiy-Firmen sind in den letzten Jahren bei den kleineren Werten eingestiegen und haben die Kurse nach oben getrieben. Hinzu kommt, dass die Investoren aus China und dem arabischen Raum mit ihren riesigen Volumen gar nicht in die Nebenwerte investieren können. Derzeit sollte man die großen Werte favorisieren, sie sind weltweit günstiger bewertet.
Der DAX wurde zuletzt nur von wenigen Werten getrieben.
HELLER: Das ist völlig richtig, deswegen haben auch nur die wenigsten Anleger diese 19 Prozent erzielt. Ich denke, die Zeit ist reif für einen Favoritenwechsel. Die Volkswagen-Story und die der Zulieferer wie Continental neigt sich dem Ende zu, auch Versorgerwerte sind relativ teuer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass 2008 Finanzwerte wie die Deutsche Bank oder die Allianz die Nase vorn haben werden. Bei all dem Geschrei über Subprime dürfen wir eines nicht vergessen: Die internationale Finanzbranche ist heute viel besser kapitalisiert als vor wenigen Jahren. Die Banken müssen jetzt einen Teil der hohen Gewinne abgeben, die sie in den Jahren zuvor mit diesen Subprime-Titeln verdient haben.
In den Medien findet derzeit der große Abgesang auf die USA statt. Der Dollar fällt und fällt und man fürchtet eine Rezession in den USA.
HELLER: Kennen Sie den ,,Frontpage-Indicator"? Wenn es der Dollar erst einmal auf das Titelblatt des "Spiegel" geschafft hat, ist der Wendepunkt nicht mehr weit. Es gibt derzeit eine fast 100-prozentige Übereinstimmung unter den Experten, dass der Dollar weiter fällt. Ich sage Ihnen: Wenn Sie die Kaufkraft vergleichen, ist der Dollar um 15 Prozent zu niedrig bewertet.
Kommt es zur Rezession?
HELLER: Nein. Die Wirtschaftsdynamik wird zwei bis drei Quartale abnehmen und spätestens im zweiten Halbjahr 2008 sind die Amerikaner wieder da. Ich bin mir sicher, dass die USA in einem Wahljahr in keine Rezession rutschen werden. Da wird die Fed mit Zinssenkungen und die Regierung mit höheren Staatsausgaben gegenhalten. Ich halte US-Multis, die hohe Auslandserträge erzielen, für attraktiv. Dazu zählen Microsoft, General Electric, Intel oder auch IBM.
Gibt es einen Trend, auf den Sie 2008 setzen?
HELLER: Ja, auf die Rückkehr von Big Pharma. Sie bekommen heute eine Pfizer, Merck oder Novartis mit 60 Prozent Rabatt. Früher lagen die KGVs bei 25 bis 30, heute liegen sie um 15. Hinzu kommt eine interessante Dividendenrendite von 3 Prozent.
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