Gesamter Artikel in der der EamS vom 17.8.2003:
Das Vertrauen der Anleger in die Gewinn-Aussichten der Chip-Konzerne nimmt zu. Doch hinter den Kulissen tobt ein erbitterter Kampf. Bei welchen Titeln der Einstieg trotzdem lohnt
von Klaus Schachinger / Euro am Sonntag
Das Milliarden-Geschäft mit Chips hat gerade begonnen, wieder Spaß zu machen - und schon wird um die Profite des nächsten Booms gestritten: "Wenn jemand erzählt, dass es wenig Hoffnung auf eine Erholung gibt, versucht er, andere vom Aufschwung auszuschließen", behauptet John Hsuan, der Vize-Chef von United Microelectronics (UMC), einem Chip-Auftragsfertiger aus Taiwan.
Gemeint ist damit auch Yoon Woo Lee. Der Chef von Samsung Electronics, dem zweitgrößten Chip-Hersteller der Welt, hatte vor wenigen Tagen erklärt: "Das zweite Halbjahr bringt eine saisonale Verbesserung, aber keine fundamentale Erholung." Chip-Einkäufer, die sich auf Woo Lees Einschätzung verlassen, könnten jedoch eine böse Überraschung erleben. Derzeit sind auch kleinere Hersteller wie UMC noch voll lieferfähig - kommt der Boom jedoch, dann können nur Giganten wie Samsung Nachfragespitzen bedienen - zu entsprechenden Preisen natürlich.
Die Börse glaubt an den Aufschwung: Seit Anfang des Jahres hat das Börsenbarometer der Branche, der Index der US-Chip-Werte SOXX (siehe Chart) um mehr als 25 Prozent zugelegt. Und trotz der zum Teil hohen Bewertung - Intel etwa hat ein 2004er-KGV von 27, das von Texas Instruments liegt bei 31 - haben die Halbleiteraktien weiter Kursphantasie.
"Die Verkäufe von Notebooks sind stark, das Geschäft mit Netzwerkcomputern, den Servern, erholt sich, die Lagerbestände sind niedrig", fasst Hans Mosesmann, Analyst der US-Investmentbank Soundview, die Gründe für weitere Kursgewinne zusammen. Der wichtigste Markt für Halbleiter sind Computer, in denen 43 Prozent der Bausteine und fast alle DRAM-Chips verbaut werden. Im Tagesgeschäft mit DRAM’s wird die These vom nahen Aufschwung schon durch steigende Preise belegt. So konnte Marktführer Samsung in Verhandlungen mit PC-Herstellern Preiserhöhungen von bis zu zwölf Prozent durchsetzen, heißt es in der Branche. Solche Preisgespräche finden in Abständen von wenigen Wochen statt. Samsung will das Signal für bessere Zeiten nicht näher kommentieren - nur so viel: "Die DRAM-Preise werden bis Ende des Jahres langsam weiter steigen", sagte Samsung-Electronics-Chef Woo Lee.
Gedämpften Optimismus können sich die Großen leisten - etwa Samsung oder Intel. Sie haben mit Milliardeninvestitionen in moderne Fertigung sichergestellt, dass sie langfristig am günstigsten produzieren. Und sie können schnell reagieren: Bei den für 2003 vorgesehenen Investitionen - 3,5 Milliarden Dollar bei Intel und knapp fünf Milliarden Dollar beim Mischkonzern Samsung allein in die Halbleiterfertigung - ist klar, dass das Produktionsvolumen auch schnell hochgefahren werden kann. Aber noch ist der Markt nicht so weit.
Moderates Umsatzwachstum bei deutlich mehr Profit, das treibt die Aktien der Branche in diesem Jahr, glaubt Bear-Stearns-Analyst Gurinder Kalra. Die Wachstumsprognosen für den 2003er-Umsatz der Branche - insgesamt 153 Milliarden Dollar - erhöhte Analyst Kalra von 6,5 auf 8,7 Prozent. Seine Schätzungen für den Preisanstieg setzte er um mehr als das Vierfache von 0,5 auf 2,3 Prozent herauf. Für die Großen der Branche könnte noch mehr drin sein. Aktuell zeigt Intel mit dem neuen Centrino-Chip, wie man einen Markt aufmischt. Computerbauer wie Dell, IBM und Hewlett-Packard (HP) zeigen großes Interesse an Intels neuen Laptop-Prozessoren. Mit erweiterter Funktion ermöglichen sie den schnellen drahtlosen Internetzugang via Funknetz - im Technik-Jargon Wireless Fidelity (Wi Fi) genannt. Intel betreibt seit März mit Millionenaufwand Werbung, um Centrino als Marke für Mobilität zu etablieren. Mit gutem Erfolg.
Schon wenige Monate nach dem Start der Kampagne streckte Intersil, im Vorjahr mit fast 50 Prozent Anteil Marktführer bei Wi-Fi-Chips, die Waffen und verkaufte sein Geschäft. Der Clou für Intel: Die Anziehungskraft der billigen Wi-Fi-Chips beflügelt Laptop-Verkäufe und damit den Verkauf von deutlich profitableren Intel-Bausteinen in tragbaren Computern. "Unter dem Strich verdient Intel an einem Laptop 105 Dollar mehr als an einem PC", weiß Soundview-Analyst Mosesmann. Höhere Laptop-Gewinne und günstigere Produktionskosten sind der Grund für Intels stark angehobene Gewinnmarge für 2003 - von 51 auf 54 Prozent. Ein Analyst kommentierte die Überraschung mit dem Spruch: "Intel hat das Kaninchen aus dem Hut gezaubert." Nicht weggezaubert, aber nicht mehr relevant sind für die Wirtschaft in Asien inzwischen die Auswirkungen der Lungenkrankheit SARS. Die Nachfrage nach Konsumelektronik, wie etwa Flachbildschirm-TVs, zieht wieder an. Gut vor allem für Micronas. Die Chips und Chip-Sätze der Schweizer kommen hauptsächlich in den großformatigen TV-Geräten von Samsung sowie Philips und LG Electronics zum Einsatz.
Die starke Kursdelle der Micronas-Aktie ist ausgebügelt. Stornierte Aufträge von Samsung & Co hatten die Aktie auf Talfahrt geschickt. Lange Zeit pendelte das Papier auf 17-Euro-Niveau - inzwischen zeigten die Maßnahmen des Managements jedoch Wirkung. Konzernchef Wolfgang Kalsbach schaffte es, trotz 17 Prozent Umsatzrückgang im Vergleich zu den ersten drei Monaten des Jahres, die Bruttomarge über 40 Prozent zu halten. Stabil blieb die Nachfrage für Micronas-Chips im Automobilsektor. Dank des stetig wachsenden Anteils an Elektronik in den Autos sind die Schwankungen geringer als im übrigen Halbleitersektor.
«Die Kosten wieder im Griff und den Turnaround nach zwei schwierigen Jahren geschafft hat Chip-Zwerg Dialog Semiconductor mit einem erwarteten Jahresumsatz von gut 90 Millionen Euro. Während der ersten sechs Monate wurde der operative Verlust im Vergleich zum Vorjahr um 40 Prozent auf 4,2 Millionen Euro abgebaut. Der Verkauf neuer Produkte für die Automobil- und Mobilfunkbranche erhöhte den Umsatz um 24 Prozent auf 21,1 Millionen Euro. Mit Spezial-Chips zur Steuerung des Energieverbrauchs und zur Steigerung der Sprachqualität bei Handys - größter Kunde ist die Siemens-Mobilfunksparte - macht Dialog fast 80 Prozent seines Umsatzes. Neu sind Kameramodule für Handys, die Dialog helfen könnten, schon im vierten Quartal die Gewinnschwelle zu erreichen. Profitabilität für das Gesamtjahr peilt Dialog für 2004 an. Finanzielle Mittel sind ausreichend vorhanden. Dialog verfügte Ende Juli über 29 Millionen Euro als Reserve - am Anfang des Jahres waren es 31 Millionen Euro. Dass auch Große das Dialog-Know-how schätzen, zeigt ein speziell für Intel entwickelter Chip für das Energiemanagement in Handys. Dass Intel es schafft, das Monopol von Texas Instruments bei Handy-Chips zu brechen, wird in der Branche kaum bezweifelt. Gut für die Kursphantasie der Dialog-Aktie.
SYNOPSYS: Software für neue Chip-Ideen
Ein Geheimtipp für Anleger ist die Aktie von Synopsys. Die US-Software-Firma schreibt Programme, mit denen Chips entwickelt werden, und hat damit sich für Intel und Co unentbehrlich gemacht. Während die Halbleiterindustrie in den letzten 40 Jahren Berg- und Talfahrten mitmachte, blieb das Geschäft mit Design-Software stabil. Mit einem geschätzten Umsatz von rund 1,1 Milliarden Dollar in 2003 ist Synopsys in der 4-Milliarden-Dollar-Branche die Nummer1. Zwei Drittel des Umsatzes kommen von 50 großen Kunden, darunter Intel, Motorola, Cisco und Nokia. Im Vergleich zu dem 2004er-KGV von über 25 für Halbleiter- und Software-Aktien ist Synopsys mit einem KGV von 17 noch günstig. Die Tech-Aktie ist ein Kauf für konservative Anleger.
Wertpapiere des Artikels: TEXAS INSTR. DL 1 INTL BUS. MACH. DL-,20 INTEL CORP. DL-,001 SAMSUNG EL.0,5GDRS NV PFD HEWLETT-PACKARD DL-,01 ADVANCED MIC.DEV. DL-,01 MICRONAS SEM.HLDG NA SF 1 UTD MICROELECTR. ADR/5 DELL INC. DL-,01
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