Riesige Fragezeichen bei Logistik-Titeln
Große wie kleine Dienstleister stehen mitten in einem tiefgreifenden Wandel. Analysten raten zur Vorsicht
Von Michael Fabricius Berlin -- Ginge es nach dem Stand der Technik, wären Logistik-Aktien unter den Analysten wohl ein Renner. Auf der Messe Post Expo 2002, die am Dienstag in Köln eröffnet wurde, präsentieren Hersteller und Nutzer Sortieranlagen und Infrastruktur-Lösungen, die das Verteilen von Briefen und Paketen wie ein Kinderspiel erscheinen lassen. Maschinen finden Milzbrand-Erreger, Computer lenken Lastwagen, Briefe werden in Formel-Eins-Geschwindigkeit wegsortiert. Gleichzeitig steigt die weltweite Nachfrage nach Logistik- und Postdiensten kontinuierlich - scheinbar ideale Voraussetzungen, um in der Branche Geld zu verdienen. Doch den Logistik-Titeln gelingt es nicht, sich vom schwachen Gesamtmarkt zu lösen. Analysten machen dafür gravierende Strukturschwächen in den Unternehmen und einen tiefgreifenden Umbau in der gesamten Branche verantwortlich. Mit anderen Worten: Die Logistiker müssen erst einmal ihre Hausaufgaben machen.
Der Chef der Deutschen Post World Net, Klaus Zumwinkel, bestätigte bei der Messe-Eröffnung zwar die Prognosen für das dritte Quartal, wonach der Umsatz bei 40 Mrd. Euro und der Gewinn zwischen 2,2 und 2,3 Mrd. liegen soll. Doch "die Ist-Zahlen können ohnehin keinen mehr bewegen", sagt WGZ-Bank-Analyst Rolf Geck. Viel interessanter sei, wie die Post die von der Regulierungsbehörde geforderte Portoerhöhung zum 1. Januar 2003 verkrafte. Der Konzern geht von 300 Mio. Euro Einnahmeausfällen aus. Das geplante Effizienzprogramm "Star" soll durch Kosteneinsparungen Ausgleich bringen. "Erfolgreiche Einsparungen könnten zumindest das Sentiment für die Aktie etwas verbessern", sagt Geck, der empfiehlt, Post-Aktien zu "akkumulieren". Auch die fortschreitende Liberalisierung der Post-Dienste in Europa ist eine Herausforderung für den Konzern, der zurzeit noch auf das Brief-Monopol angewiesen ist. Ob durch Akquistionen und Kooperationen im Ausland der Wegfall dieser "Cash Cow" ausgeglichen werden könne, müsse sich erst noch zeigen, heißt es bei den Analysten.
Auch andere Logistiker müssen sich erst einmal neu aufstellen. Bei Thiel Logistik sorgte zwar der Erwerb von 45 Prozeont der Anteile durch die Delton AG für Zuversicht. Schließlich sei das zur Familie Quandt gehörende Unternehmen ein zuverlässiger Investor, der Stabilität bringe, meinen die Experten. "Das Problem ist jedoch die geplante Zwangsverschmelzung mit der Delton-Tochter Microlog", sagt Klaus Linde, Analyst bei SES Research. Die Kosten der Verschmelzung seien nicht bekannt, ebenso die künftige Ausrichtung. Zudem habe sich der Vorstand bisher zu wenig um das operative Geschäft gekümmert. Bevor die Unklarheiten nicht beseitigt seien, könne er seine Bewertung "Marketperformer" nicht anheben.
Für noch größere Verwirrung sorgt indes D.Logistics. Nach wie vor bemängeln Analysten die Informationspolitik des Unternehmens. "Es wird zwar umstrukturiert, aber niemand weiß so recht, wohin die Reise geht", so Linde, der das Rating der Aktie deshalb sogar ausgesetzt hat.
Mit der Deutschen Bahn entsteht nach der Übernahme von Stinnes ein weiterer großer Player in der Branche. Kaum ein Analyst vermag es jedoch, Kosten und künftigen Nutzen des Neuerwerbs einzuschätzen. Einig sind sich die Experten lediglich darin, dass "in den Bereichen Transport und Logistik" ein harter Konkurrent für die Post entsteht.
Es gibt jedoch auch Firmen, deren Profit tatsächlich durch äußere Umstände geschmälert wird. Der Paketlieferant Fedex etwa verfügt nach Ansicht von Morgan Stanley über eine effiziente Struktur und moderne Technik. Doch die weltweite Konjunkturschwäche laste stärker auf Fedex als erwartet. Morgan Stanley stufte die Aktie daher jetzt von "gleichgewichten" auf "untergewichten" zurück.
|