Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hat nun auch Deutschland erreicht. Die Zeitung ist voll von Meldungen über vollzogene oder drohende Firmenpleiten, milliardenschwere staatliche Hilfsprogramme, um die für die Volkswirtschaft wichtigsten Firmen zu unterstützen, und Tausende von verlorenen Arbeitsplätzen, besonders in der Automobilindustrie und im Handel. In dieser Situation wird leicht übersehen dass es einen Wirtschaftszweig gibt, den wir in Deutschland in den letzten Jahren neu entwickelt haben, und der solche Sorgen nicht kennt: die Branche der erneuerbaren Energien.
Nach Zahlen des Bundesumweltministeriums hat sich die Zahl der Stellen in diesem Bereich in den vergangenen zehn Jahren von 66 000 im Jahr 1998 auf 285 000 im Jahr 2008 um über 300 Prozent erhöht. In derselben Zeit blieben die Zahlen in allen anderen Bereichen konstant, etwa in der Automobilindustrie (750 000, ohne Berücksichtigung der letzten 6 Monate), oder fielen, zum Teil drastisch, wie im Textil- und Bekleidungsgewerbe von 270 000 auf unter 170 000 (Quelle: Statistisches Bundesamt).
Im Solarvalley Mitteldeutschland, in dem sich die großen Firmen der Photovoltaik angesiedelt haben, konnte man im vergangenen Jahr eine Wanderbewegung von Beschäftigten der in Deutschland schnell abnehmenden Halbleiterindus-trie beobachten. Ganze Arbeitsgruppen fanden sich in den neuen Firmen wieder.
Natürlich sind auch die Firmen der Solarindustrie von der Wirtschaftskrise betroffen. Nach einem globalen Wachstum von über 100 Prozent 2008, das durch die vorteilhaften, genauer gesagt: zu hohen Einspeisetarife in Spanien stimuliert worden war, kommt 2009 mit einer im besten Fall konstanten Installation neuer Photovoltaiksysteme. Das Problem sind Großanlagen, die eine Finanzierung erfordern, die in diesem Jahr nur schwer erhältlich ist. Für Deutschland kann festgehalten werden, dass 2009 eine Photovoltaikanlage bei drastisch gesunkenen Preisen – eine private Anlage kann man sich heute für 3500 Euro pro kWp (Kilowattpeak) fertig installieren lassen – und einem Einspeisetarif von 43 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh), mit einer Photovoltaikernte von jährlich 900 bis 1000 Kilowattstunden pro installiertem kWp, eine Rendite von 8 bis 12 Prozent garantiert auf 20 Jahre abwirft. Daher sollte im privaten Bereich die Nachfrage nach derartigen Anlagen eher noch steigen. Der Einspeisetarif wird 2010 voraussichtlich um volle zehn Prozent gesenkt werden, und es ist nicht sicher, dass die Preise für Photovoltaikanlagen noch einmal um einen solchen Prozentsatz abnehmen werden.
In der letzten Woche brachte die 2008 von Freiburg nach München umgesiedelte Inter-Solar einen Weltrekord mit mehr als 60 000 Besuchern und mehr als 1400 Ausstellern, die über 100 000 Quadratmeter Fläche belegten. Angesichts dieser Zahlen ist es erstaunlich, dass sich weder Kanzlerin noch Wirtschaftsminister auf der Inter-Solar sehen ließen. Dies wird sich in den kommenden Jahren sicher ändern.
Die Vorbereitung zur Inter-Solar Nordamerika laufen auf Hochtouren, die in San Francisco zusammen mit der Semicon West, der führenden Halbleiterausstellung in den USA, vom 14. bis 17. Juli veranstaltet wird. Die Zahl der Aussteller wird sich von 210 im Auftaktjahr 2008 auf 450 mehr als verdoppeln. Diese Erweiterung wurde durch die reduzierte Flächenanforderung der Semicon West in diesem Krisenjahr der klassischen Halbleiterindus-trie ermöglicht. Dieses Jahr wird für die Inter-Solar San Francisco wichtig werden, da US-Präsident Obama die Signale auf Grün gestellt hat für eine Umstellung auch der US-Wirtschaft auf den sparsamen Einsatz von Energie und die Umstellung auf erneuerbare Energien. Die Rede ist von einem "Green New Deal" in Anlehnung an den "New Deal" zwischen den Wirtschaftskräften, den Präsident Roosevelt 1930 ankündigte, um die Wirtschaft aus der Krise von 1929 zu führen.
Zu wenig Aufmerksamkeit für erneuerbare Energien
Es ist bedauerlich, dass diese für Deutschland so erfreuliche Entwicklung, die durch das erfolgreiche Erneuerbare Energiengesetz EEG stimuliert wurde, in der Öffentlichkeit (außerhalb Freiburgs) nicht die entsprechende Aufmerksamkeit findet. Die Abwesenheit führender Politiker auf der Inter-Solar München in diesem Wahljahr demonstriert dies deutlich. Bei der Bundestagswahl am 27. September werden die Karten neu gemischt werden, und im nächsten Jahr werden wir sicher eine andere Erfahrung machen.
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