Apple verliert noch immer deutlich an Marktanteilen Angriff auf Microsoft war wenig erfolgreich / Mac-Software könnte Partnerschaft gefährden / Neue Laptops
Kno. SAN FRANCISCO, 8. Januar. Firmengründer Steve Jobs würde es niemals zugeben, doch der von ihm geführte Computerhersteller Apple hat seine Ziele nicht erreicht. Vor gut 20 Monaten hatte Apple begonnen, in den Vereinigten Staaten Einzelhandelsgeschäfte zu eröffnen. Inzwischen betreibt das Unternehmen 51 dieser Filialen in Nordamerika. Ziel sollte es sein, den Marktanteil von Apple in Amerika von damals knapp 5 Prozent kräftig zu erhöhen. Von einer Verdoppelung war die Rede.
Seit einiger Zeit wird die Grundidee der Geschäfte auf dem Heimatmarkt von Apple mit einer teuren Werbekampagne unterstützt: Die Nutzer des Microsoft-Betriebssystems Windows sollen vom Wechsel zu Apples MacOS überzeugt werden. Das Ergebnis war nicht berauschend. Der Marktanteil von Apple ist nach den jüngsten Zahlen der Marktforschungsagentur Gartner Dataquest in Amerika auf unter 4 Prozent gefallen. Auf der ganzen Welt liegt der Marktanteil weiterhin unterhalb von 3 Prozent.
Die Aktie hat in den vergangenen zwölf Monaten rund 35 Prozent ihres Wertes verloren. Das Unternehmen ist an der Börse nur noch 5,3 Milliarden Dollar wert. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, daß Apple allein 4,3 Milliarden Dollar an liquiden Mitteln in der Kasse hat.
Der Tag, an dem Steve Jobs in San Francisco die zukunftsweisende Eröffnungsrede zur diesjährigen "Macworld"-Messe hielt, begann jedoch mit einer ernüchternden Verkaufsempfehlung für die Apple-Aktie durch die Analysten der Investmentbank Merrill Lynch. Die Apple-Fans, die sich schon in der Nacht vor der Rede in die Warteschlange vor das Moscone-Konferenzzentrum gestellt hatten, um einen guten Platz im Veranstaltungssaal zu ergattern, wird das nicht gestört haben. Doch dem für das kalifornische Unternehmen Apple in den vergangenen Jahren so wichtigen Partner Microsoft wird nicht entgangen sein, daß Jobs angesichts der schwachen Entwicklung seines Marktanteils weitere Attacken gegen den Softwaremonopolisten aus der Nähe von Seattle reitet. Und das, obwohl Microsoft 1997 sogar Apple-Aktien im Wert von 150 Millionen Dollar gekauft hat. Damals verpflichtete sich Microsoft, für das Apple-Betriebssystem mindestens fünf Jahre lang seine wichtigste Software, besonders das "Office"-Programmpaket, weiterzuentwickeln. Inzwischen ist dieser Vertrag ausgelaufen, und eine Verlängerung steht nicht an. Jobs tut unterdessen nichts, um das Verhältnis entspannt zu halten. Neben der Werbekampagne, die Windows offen angreift, stellte er auf der Macworld ein von Apple selbst programmiertes Internetzugangsprogramm (Browser) mit dem Namen "Safari" vor, das Internetseiten erheblich schneller aufbauen soll, als es das Microsoft-Konkurrenzprodukt "Internet Explorer" auf dem Macintosh tut.
Ab sofort hat Apple zudem ein Programm mit dem Namen "Keynote" im Angebot, das nahezu alle Aufgaben, die sich mit dem im Office-Paket von Microsoft enthaltenen Präsentationsprogramm "Powerpoint" erledigen lassen, ebenfalls beherrscht und im Zweifel optisch erheblich ansprechender aufbereitet. Sollte Microsoft seine Unterstützung von Appleeines Tages fallenlassen, wäre das für Jobs und sein Unternehmen ein schwerer Schlag. Die Merrill-Analysten beklagten bei ihrer Verkaufsempfehlung zudem vorausschauend, daß die Apple-Produktpalette recht "dürftig" sei. Daran hat sich auf der Macworld, die im vergangenen Jahr noch die Einführung des vielbeachteten "iMac"-Computers mit Flachbildschirm gesehen hatte, nicht viel geändert. Wer auf schnellere Prozessoren gewartet hatte, die Apple dringend braucht, um den immer größeren Abstand zur Intel-Welt zu verkürzen, wurde enttäuscht.
Statt dessen stellte Jobs den größten Laptop aller Zeiten mit einer im Dunkeln blau schimmernden Tastatur und den bisher kleinsten Apple-Laptop vor, der beim Design jedoch stark an das längst auf dem Markt eingeführte "iBook" erinnert. Auch konnte Jobs davon berichten, daß die Hälfte aller Käufer in seinen Einzelhandelsgeschäften frühere Windows-Nutzer seien und der Umsatz genau im Plan liege. Der digitale Musikspieler "iPod" schließlich habe sich zu einem Verkaufsschlager entwickelt. Bei Merrill Lynch aber heißt es nüchtern: "Wir erwarten weitere Marktanteilsverluste."
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.01.2003, Nr. 7 / Seite 12
|