Schweiz Wetterleuchten über dem Wohlstandsberg
Torsten Riecke 20.12.2008 WIWO In der Schweiz wanken die Stützen des vergangenen Booms. Experten warnen, dass die Eidgenossen deshalb diesmal nicht so glimpflich durch die weltweite Wirtschaftskrise kommen werden wie in der Vergangenheit. Der Aktienmarkt spiegelt das bereits wider. ZÜRICH. Die Schweizer Unternehmen und Banken stellen sich für 2009 auf eine Durststrecke ein. Die wichtigsten Exportmärkte der Schweizer Wirtschaft befinden sich entweder bereits in einer Rezession oder stehen kurz davor. Und auch die Alpenrepublik selbst ist von der Finanz- und Wirtschaftskrise voll erfasst worden. Die Nationalbank geht davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr um bis zu einem Prozent schrumpfen wird. Der Konsum stagniert bereits. Ohne Impulse aus dem Aus- und Inland werden Umsätze und Erträge der helvetischen Firmen unter Druck geraten. Und ohne diese fundamentalen Stützen dürften es auch die Börsenkurse schwer haben.
Meist sind die Eidgenossen in der Vergangenheit besser durch die Konjunkturtäler marschiert als die meisten ihrer europäischen Nachbarn. Vor allem dank ihrer internationalen Ausrichtung und ihrer hohen Wettbewerbsfähigkeit verlief der Wachstumseinbruch weniger dramatisch und die Schweizer Firmen haben meist schnell wieder Tritt gefasst. Die vergangenen vier Rezessionen der vergangenen 20 Jahre dauerten meist nur wenige Quartale. Entsprechend robust zeigte sich der Schweizer Aktienindex SMI. Nur nach dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 gab es einen Absturz. In den übrigen Wirtschaftsflauten zuckte die Börse nur kurz. "Der Schweizer Aktienmarkt war immer schon etwas defensiver als andere", sagt Thomas Steinemann, Marktstratege bei der Privatbank Vontobel. Mit einem vergleichsweise immer noch recht robusten Konsum und einem gesunden Immobiliensektor ist die Schweiz auf den ersten Blick auch diesmal wieder besser für die Krise gerüstet als ihre Nachbarn. Experten warnen jedoch, dass die Eidgenossen diesmal nicht so glimpflich davon kommen werden. Der Aktienmarkt spiegelt das bereits wider: Mit einem Minus von rund 35 Prozent befindet sich der Börsenindex SMI im Gleichschritt mit den meisten anderen Börsenplätzen. Zudem sind die Säulen des Booms, der Finanzsektor und die Exportwirtschaft, jetzt die Sorgenkinder. Nach Ansicht von Steinemann sind die schlechten Wirtschaftsdaten allerdings schon weitgehend in den aktuellen Kursen enthalten. "Wenn es nicht noch sehr viel schlimmer kommt, haben wir weitgehend eine faire Bewertung erreicht", glaubt der Vontobel-Stratege. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Schweizer Aktien ist kräftig gesunken und liegt jetzt mit etwa 10 weit unter dem langfristigen Durchschnitt von 16.
Die Analysten der UBS raten jedoch zur Vorsicht beim Aktienkauf. "Derzeit ist kein Zeitpunkt, um aggressiv in Aktien zu investieren", sagt UBS-Ökonom Alexander Kobler. Wer in diesen Krisenzeiten dennoch an der Börse investieren wolle, solle Branchen auswählen, deren Gewinne weniger stark schrumpfen dürften. Die UBS nennt als Beispiele den Gesundheitssektor, Basiskonsumgüter und den Telekommunikationsbereich. Zwar sieht auch die Großbank nach der Verkaufswelle der letzten Monate wieder langfristiges Potenzial für Wertsteigerungen. Weitere Einbrüche am Aktienmarkt könnten jedoch angesichts des Ertragsdrucks auf die Unternehmen nicht ausgeschlossen werden. Die Analysten sagen für das nächste Jahr zwar immer noch ein Ertragsplus von 78 Prozent für die Schweizer Unternehmen voraus. Erklärlich ist das jedoch nur durch den Basiseffekt der schwachen Ergebnisse 2008. Die Schätzungen könnten zudem überzogen sein.
Weitgehend krisenresistent zeigt sich auch der Nahrungsmittelriese Nestlé. Der Konzern verbuchte in den ersten neuen Monaten einen Rekordumsatz. "Welche Krise?", fragt man am Hauptsitz Vevey mit einem Augenzwinkern. An der Börse zählt die Nestlé-Aktie mit einem Minus von "nur" 20 Prozent in diesem Jahr zusammen mit den Pharmawerten Roche und Novartis zu den wenigen Stützen. "Nestlé und die Pharmawerte sind eine gute Defensivstrategie" rät auch Steinemann. Sollte es Mitte 2009 mit der Konjunktur bereits wieder nach oben gehen, seien zyklische Werte wie der Zementhersteller Holcim oder der Industriegigant ABB attraktive Anlagen. Größere Chancen als auf dem Aktienmarkt sehen die UBS-Vermögensberater allerdings bei Unternehmensanleihen. Zwar würden dort die Ausfallquoten durch die Krise deutlich ansteigen. Die hohen Renditen glichen jedoch das Ausfallrisiko mehr als aus. ----------- Zahlst Du noch Steuern oder zumwinkelst Du schon ?
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