Wie Merkel Magengeschwüre meidet Hamburg/Berlin (rpo). Angela Merkel behält Privates gern für sich. Doch immer öfter macht die CDU-Vorsitzende Ausnahmen von der Regel. Scheibchenweise gewährt sie Einblicke in ihre Privat- und Gedankenwelt. Am Montagabend sprach Merkel bei "Beckmann" in der ARD über sich erklärte unter anderem, warum sie manchmal einfach schreien muss.
Merkel ist seit einiger Zeit bemüht, das verbreitete Bild einer kühlen Machtpolitikerin zu korrigieren. Der im vergangenen Jahr erschienene Gesprächsband "Mein Weg" mit vielen privaten Antworten war der breiten Öffentlichkeit noch verborgen geblieben. Auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Düsseldorf flocht sie reihenweise Schilderungen aus der DDR-Zeit in ihre Rede ein. Interviews in "Bunte" und "Bild" folgten Ende 2004. Nun also der Stuhl bei "Beckmann", auf dem Ende November schon der Kanzler saß.
Merkel hat viel erreicht, aber auch viel Verzicht geübt in ihrem Leben. Sie hätte als Jugendliche im brandenburgischen Templin gern ein Moped gehabt, doch ihre Eltern fanden es "zu gefährlich". Die heute 50-Jährige ist kinderlos geblieben. "Es ist nicht so, dass ich mit mir hadere, aber ich staune, dass die Kinder der früheren Klassenkameraden Kinder haben", sagte Merkel. Verzichten muss die Oppositionsführerin auch auf viel Schlaf. Fünf bis sechs Stunden müssen oft reichen, obwohl Merkel gern mal länger schlafen würde.
Noch seltener als Privatbilder von Merkel sieht man ihren zweiten Ehemann, den Chemieprofessor Joachim Sauer, in der Öffentlichkeit. Der ist beruflich ebenso stark engagiert wie seine Gattin. "Es ist nicht so, dass er jeden Tag um 17 Uhr zu Hause sitzt und fragt: Was machst du denn heute Abend?", sagte Merkel. Vor allem eines findet sie an ihm "wunderbar": Er helfe ihr, auch mal über andere Sachen nachzudenken als Politik.
Offen sprach Merkel eigene Schwächen an. Sie räumte ein, dass sie unduldsam ist, gelegentlich zu lauten Tönen neigt und mitunter empfindsam reagiert. "Krebse sind sensibel", sagte die CDU-Chefin unter Hinweis auf ihr Sternzeichen entschuldigend. "Manchmal tun mir auch Sachen leid. Wenn sie über Stunden Sitzungen leiten, sind sie manchmal auch ungerecht zu Menschen, die sich lange vorbereitet haben", offenbarte Merkel.
Vorwürfe, sie sei zu misstrauisch und nicht kommunikativ genug, lässt die CDU-Chefin aber nicht gelten. Wenn sie in ihrem früheren Beruf als Physikerin unter etwas gelitten habe, dann darunter, so wenig sprechen zu können. Und Merkel fühlt sich verkannt, wenn sie als kühl beschrieben werde. Als CDU-Chefin müsse sie Dinge klar ansprechen. Dies seien viele Menschen lange Zeit nur von männlichen Politikern gewöhnt gewesen.
Und noch zwei Dinge breitete Merkel aus. Sie sei abends besser gelaunt als morgens, und sie mag Männer, die "kurz und knapp sprechen, auf den Punkt kommen". Beides spricht eigentlich gegen Frühstücksrunden mit CSU-Chef Edmund Stoiber, dem Merkel 2002 im morgendlichen Wolfratshausen die Kanzlerkandidatur der Union antrug. Noch ein solches Frühstück wird es nicht geben, wie Merkel deutlich machte: "Das Verfahren wird anders ablaufen als beim letzten Mal. Darauf zu hoffen, es wird wieder genauso, wäre fatal".
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