Eine Studie liefert neuen Zündstoff für die Debatte, ob Finanzinvestoren den Ölpreis in die Höhe treiben. Doch sie ist nicht frei von Widersprüchen. US-Abgeordnete wollen jedenfalls eine schärfere Aufsicht durchsetzen.
Ist der Ölmarkt ein Kasino für hemmungslose Glücksritter? Das behauptet zumindest ein demokratischer Kongressabgeordneter. Und er hat gute Argumente. Laut einer Studie des Energieausschusses haben Finanzinvestoren ihr Engagement an den Terminmärkten massiv ausgebaut. Die Zahl ist beeindruckend: Spekulanten halten inzwischen 71 Prozent aller Ölkontrakte an der New York Mercantile Exchange (Nymex). Vor acht Jahren waren es nur 37 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Energieausschusses des US-Repräsentantenhauses.
"Das wirft natürlich Fragen auf, ob sich die Ölpreise von Angebot und Nachfrage entfernt haben und der Ölmarkt zu einem hemmungslosen Kasino für die Spekulanten geworden ist", sagte der demokratische Abgeordnete John Dingell, der gemeinsam mit seinem Kollegen Bart Stupak die Analyse in Auftrag gegeben hat. Am Montag fand dazu eine Anhörung unter anderem mit Vertretern der Energiebörsen und der US-Terminbörsenaufsicht CFTC statt.
Seit Monaten wird debattiert, ob die Ölpreisrally von Spekulanten getrieben wird oder nicht. Die Ölstaaten nutzen solche Untersuchungen dazu, der Finanzwelt die Verantwortung für die Rekordjagd des Ölpreises zuzuschanzen.
Die Untersuchung des Energieausschusses ist aber nicht frei von Widersprüchen. Denn sie kommt zu anderen Ergebnissen als Stellungnahmen der CFTC. Deren Chefökonom Jeffrey Harris hatte wiederholt betont, dass das Engagement der Finanzinvestoren in den vergangenen Jahren nicht zugenommen und sich die Anzahl der Marktteilnehmer nicht entscheidend verändert habe. Das Überraschende daran: Die von Dingell und Stupak in Auftrag gegebene Analyse stützt sich allein auf Daten der CFTC. "Die Ergebnisse verdeutlichen den grundlegenden Wandel, der auf dem Ölmarkt stattgefunden hat. Früher diente der Terminmarkt Käufern und Verkäufern, die sich absichern wollten. Jetzt sind die meisten Handelsteilnehmer Spekulanten", heißt es in einem Memorandum des Ausschusses.
Stupak wirbt schon seit April 2006 für seine Gesetzesinitiative "Prevent Unfair Manipulation of Prices", kurz Pump. Eine am vergangenen Freitag vorgestellte Fassung sieht folgende Verschärfungen vor: Veröffentlichungspflichten für außerbörsliche, bilaterale Handelsgeschäfte, Regulierung ausländischer Börsenplätze, eine stärkere Kontrolle von Swap-Händlern und eine Abschaffung aller Ausnahmen für Positionslimits von Spekulanten.
Erste Erfolge konnte Stupak bereits verbuchen: In die verabschiedete Farm Bill wurde aufgenommen, dass elektronische Handelsplätze der Aufsicht der CFTC unterstellt werden. Diese waren zuvor von der Kontrolle ausgenommen. Dies wurde im Fachjargon als "Enron-Lücke" bezeichnet, weil sie der pleitegegangene Energiehandelskonzern in Washington durchgesetzt hatte. Zudem hat die CFTC die Transparenzvorschriften für Indexinvestoren verschärft. Ab sofort werden deren Positionen auch bei Energiefutures im wöchentlichen Bericht "Commitment of Traders" veröffentlicht. Bisher war das nur bei Agrarrohstoffen der Fall.
Der Energieausschuss nimmt sich zudem die Aktivität von Indexinvestoren und Swap-Händlern vor. Indexinvestoren, darunter auch große Pensionsfonds, setzen passiv auf Rohstoffindizes und wetten auf steigende Kurse. Swap-Händler wiederum sichern die Positionen von Indexinvestoren ab und genießen Ausnahmen von Positionslimits. Für Stupak ein Skandal. Er kommt zum Schluss, dass 85 Prozent der Termingeschäfte von Indexinvestoren über Swaps abgewickelt werden. "Wenn wir diese Ausnahmen zurücknehmen, schließen wir eine der wichtigsten Möglichkeiten für Finanzinvestoren, die Kontrolle der Behörden zu umgehen", sagt Stupak.
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