DROGEN IN DUBAI Vier Jahre Haft für einen Krümel Haschisch
Dubais Touristen und Edel-Gastarbeiter leben im Luxus - und landen schnell im Knast. Der ägyptische Banker Mo wurde am Flughafen mit 0,03 Gramm Hasch erwischt und zu vier Jahren Haft verurteilt. Rechtshilfeorganisationen sind besorgt: Immer öfter gebe es wegen Lappalien drakonische Strafen.
Kairo - Eigentlich war seine Reise schon zu Ende, als die Odyssee begann. Der 27-jährige Mo hatte alle Passkontrollen hinter sich gebracht, sein Gepäck abgeholt, im Duty-Free in der Ankunftshalle des Flughafens Dubai noch zwei Fläschchen Parfum für Freunde erstanden.
Dann kam ein Mann in der weißen Dischdascha der Golf-Araber auf ihn zu. "Welche Nationalität", fragte der Kriminalbeamte. Und ob er Hasch rauche. Nein, warum? "Du siehst so aus", sagte der Mann in dem bodenlangen Gewand und befahl Mo mitzukommen.
Ein enger Raum in den Katakomben des Dubaier Flughafens war die erste Zelle, die der Banker von innen sah, die erste in einer langen Reihe.
Während er sich nackt ausziehen musste, wurden seine Sachen durchsucht. Schließlich fischte ein Sicherheitsbeamter ein dunkles Krümelchen aus Mos Jeanstasche. "Das ist doch Haschisch!", rief er und Mo ahnte: Jetzt steck ich in der Klemme.
Seit anderthalb Jahren lebte er in Dubai und er hatte genug Geschichten über die drakonischen Strafmaße des Wüstenstaates gehört. Er wusste: Wer als Ausländer in Dubai mit dem Gesetz in Konflikt kommt, sollte sich auf alles gefasst machen.
Es war das glitzernde, glamouröse Image der Emirate, das den jungen Ägypter direkt nach dem Master-Abschluss in London nach Dubai zog. Als eine internationale Bank ihn für die Filiale am Golf anheuerte, freute er sich. Zehntausende hoffnungsfroher Berufsanfänger ziehen jedes Jahr nach Dubai: Europäer, Australier, Araber, alle mit exzellentem Englisch, viele mit Studienabschlüssen von renommierten Universitäten. "Die Emirate sind voller junger Abenteurer, man hat Spaß, feiert viel und arbeitet gleichzeitig sehr professionell", erinnert sich Mo, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. Der Spaß war vorbei, als sich Mo am 4. Juni diesen Jahres in der Flughafenzelle wieder fand. "Da bin ich zum ersten Mal mit dem echten Dubai konfrontiert worden."
"Ich kiffe nicht, das interessiert mich nicht"
Mos Geschichte hatte ein Woche zuvor in Kairo begonnen. Seine deutsch-ägyptische Lieblingscousine heiratete ihren neuseeländischen Freund, 300 Gäste waren angereist, aus aller Welt, um am Pool des besten Hotels in Kairo zu feiern. Auf Bitten von Partygästen besorgte Mo über Freunde ein Stück Haschisch, übergab es und vergaß die Angelegenheit. "Ich kiffe nicht, das interessiert mich nicht, ich hab mich da weiter nicht drum gekümmert." Zwei Tage später reiste er ab, flog zuerst nach London, wo er noch eine Wohnung hat. Während des Zwischenstopps gab er seine Sachen in die Reinigung, auch die Hose, in deren Tasche er die etwa acht Gramm Hasch transportiert hatte, und in der anscheinend ein Krümel hängen geblieben war.
Am schlimmsten, sagt Mo, sei die Unsicherheit gewesen. Noch am Tag seiner Verhaftung hatten die Polizisten in seinem Beisein das Krümelchen gewogen, dass sie bei ihm gefunden hatten. Als die Waage 0,03 Gramm anzeigte, war Mo beruhigt: Das ist ja nichts, da kann mir ja nichts passieren, sagte er sich. Der Urintest war negativ, mit dem er auf Drogenkonsum getestet wurde. Mo wähnte sich schon bald frei.
Doch dann wurde er in eine Sammelzelle des Flughafengefängnisses gebracht. 130 Mann pro Raum, geschlafen wurde in Schichten, es stank, und was seine Zellengenossen berichteten, trieb Mo in die Verzweiflung. "Sie sagten mir auf den Kopf zu, dass ich vier Jahre kriegen würde, dass ich mir keine Illusionen machen soll." Auch der zwischenzeitlich von seiner Familie engagierte Anwalt machte ihm keine Hoffnung. Wie im Film habe er daraufhin seinen Kopf gegen die Wand geschlagen und gefleht, dass alles nur ein Traum sei, erzählt Mo an diesem Nachmittag am Pool eines Luxushotels in Kairo.
Drei Minuten dauerte die Verhandlung
Wer ihn so auf seiner Liege sieht, könnte ihn für irgendeinen Sohn aus gutem Kairoer Hause halten: Ray-Ban-Sonnenbrille, edle Surf-Shorts, teure Sonnenkosmetik. Doch wer ihn reden hört, merkt: Vier lange Monate auf der Schattenseite des Lebens haben ihre Spuren hinterlassen. "Ich bin da noch lange nicht drüber weg, da müssen erst viele gute Dinge passieren, um das aufzuwiegen", sagt Mo.
Einen Monat nach seiner Festnahme wird der junge Mann in das neue Zentralgefängnis in der Wüste von Dubai verlegt, seinen Job bei der Bank hat er längst verloren. Bis zum Prozess dauert es noch mal neun Wochen. "In Dubai gilt man als schuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist, so sieht die Realität aus", erzählt Mo. Drei Minuten, schätzt Mo, dauerte die Verhandlung, dann fiel das Urteil: Vier Jahre Haft wegen Drogenbesitzes für eigenen Gebrauch, danach Deportation.
Er wird in den Trakt für verurteilte Verbrecher verlegt, nach dem anfänglichen Schock findet er sich mit dem neuen Alltag ab. Drei Mal am Tag Essen, Ausgang an der frischen Luft, einmal wöchentlich nach Sonnenuntergang. Tagsüber dürfen die Gefangenen sich auf dem Flur aufhalten - "aber da sind auch richtig schwere Jungs, Mörder und Vergewaltiger, da will man nicht raus".
Mo hat Glück, in seiner Zelle sind nur andere kleine Drogenfälle untergebracht. "Zwei Briten, ein Amerikaner, ein Libanese und ein weiterer Ägypter, alle wegen 0,01 bis 0,5 Gramm Hasch oder Marihuana." Andere Flurgenossen sitzen für geradezu lachhafte Vergehen ein, erzählt Mo: Ein Engländer, der sich während eines achtstündigen Aufenthalts am Dubaier Flughafen Bewegung verschaffen wollte und Liegestütze machte, habe drei Monate für "Belästigung des Flughafenbodens" bekommen. Ein anderer habe mitten in der Wüste an eine Straßenlaterne gepinkelt und dafür ein Jahr Gefängnis bekommen.
weiter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,518409-2,00.html
gruß heckte
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