Zurückhaltende Prognosen für das nächste Börsenjahr treiben deutsche Privatanleger zunehmend aus Aktienfonds. Das hat besonders Marktführer DWS zu spüren bekommen– eine Milliardensumme ist abgeflossen. Es gibt aber auch einen Gewinner dieser Entwicklung: Zertifikate mit geringem Risiko. Die Fondsanbieter reagieren entsprechend.
FRANKFURT. Nach Angaben des Bundesverbands Investment haben die Anleger von Januar bis Ende Oktober dieses Jahres Fondsanteile für gut 4,8 Mrd. Euro mehr zurückgegeben als gekauft. Alleine DWS musste netto Anteile im Wert von 1,9 Mrd. Euro zurücknehmen, teilte die Deutsche-Bank-Tochter gestern in Frankfurt mit.
Finanzexperten erklären die Abkehr von Aktienfonds mit der hohen Risikoscheu der Deutschen. Hiesige Anleger seien „stressempfindlicher“ als andere europäische Investoren, sagt DWS-Chef Klaus Kaldemorgen. Als entscheidenden Impuls für die Verkäufe sieht er den plötzlichen Kurssturz im Mai 2006, als der Deutsche Aktienindex (Dax) innerhalb weniger Wochen um rund 14 Prozent einbrach. Bis dahin habe DWS von Zuflüssen profitiert, dann aber sei den Anlegern „wohl etwas der Mut ausgegangen“, sagte Kaldemorgen.
Aktienfonds konnten auch keine neuen Kunden gewinnen, obwohl der Dax seine Verluste inzwischen wieder aufgeholt hat und mit aktuell rund 6 370 Punkten sogar höher notiert als im Mai. Skeptisch sind Fondsexperten auch für das kommende Jahr. Daher rechnet das europäische Fondsanalysehaus Feri FMI in London für 2007 bestenfalls mit einem Rückgang der Abflüsse um ein bis zwei Mrd. Euro. „Zu positiven Verkaufszahlen wird es kaum reichen“, sagt Geschäftsführerin Diana Mackay dem Handelsblatt.
Viele Bankanalysten erwarten 2007 nur noch moderate Zuwächse am Aktienmarkt – bei gleichzeitig zunehmenden Kursschwankungen. Deshalb rechnen sie damit, dass die Risikoscheu der Deutschen sich noch verstärken wird. Darüber hinaus warten viele Anleger nach Einschätzung der Feri-Experten nur auf günstige Verkaufsgelegenheiten. Noch immer haben die Deutschen überwiegend Fondsanteile im Depot, die sie vor dem Platzen der Aktienblase im Frühjahr 2000 gekauft haben. „Diese Anleger haben sich die Finger verbrannt, sehen jetzt ihre Einstandskurse wieder und wollen nur noch aussteigen“, sagt Mackay.
Damit dürfte die Zahl der Fondsbesitzer hier zu Lande weiter sinken. Hatten im Jahr 2001 noch fast zehn Millionen Deutsche Aktien- oder Mischfonds im Depot, lag dieser Wert Ende des ersten Halbjahrs 2006 nach Angaben des Deutschen Aktieninstituts nur noch bei knapp 7,4 Millionen. In Ländern wie den USA oder Großbritannien ist der Anteil deutlich höher.
|