Aziz: Forderungen nach Inspektionen nur ein Vorwand / "Wir haben keine Massenvernichtungswaffen" Von unserem nach Bagdad entsandten Redaktionsmitglied Hans-Christian Rößler
BAGDAD, 14. Februar. Der Irak ist zu einer "umfassenden Lösung" des Konflikts mit dem Westen bereit. Das kann nach den Worten des stellvertretenden irakischen Ministerpräsidenten Tariq Aziz auch "eine Form der Inspektion" einschließen. Sie dürfe aber nicht auf den Irak beschränkt bleiben, sondern müsse dazu dienen, sicherzustellen, daß in der gesamten Region keine Massenvernichtungswaffen mehr vorhanden seien. Die irakische Führung lehne es ab, nur über eine Rückkehr der Inspekteure der Vereinten Nationen (UN) zu verhandeln, wie es Amerika verlangt, sagte Aziz im Gespräch mit einer deutschen Delegation in Bagdad. In dem Dialog, den der Irak UN-Generalsekretär Annan angeboten habe, dürfe es deshalb nicht nur um die Inspektionen gehen, sondern genauso um angebliche Zusagen der UN an den Irak.
Der stellvertretende irakische Ministerpräsident verwies darauf, daß der Irak über keine Massenvernichtungswaffen mehr verfüge. Sie seien 1991 während des Krieges zerstört worden. Der Irak habe sie danach nicht durch neue ersetzt. Das hätten die UN-Inspekteure bei ihren fast acht Jahre dauernden Untersuchungen festgestellt. Die Forderung nach weiteren Inspektionen ist nach seiner Ansicht nur ein Vorwand. Amerika wolle den Irak zu einer Art Kolonie machen. Doch dagegen werde sein Land kämpfen. Aziz sprach sich gegen die "intelligenten Sanktionen" gegen sein Land aus, die derzeit bei den Vereinten Nationen erwogen werden. Sie sollen dazu beitragen, daß die Bevölkerung weniger unter den Zwangsmaßnahmen leidet als bisher. Nach Aziz' Worten gäben sie dem Land aber keine Chance, sich zu entwickeln.
Aziz sagte, daß sein Land keine Verbindungen zu den Attentätern vom 11. September 2001 gehabt habe. "Der Irak hat keine terroristische Vergangenheit", hob er hervor. Er verwies auch darauf, daß sich der anfängliche Verdacht, die in Amerika verbreiteten Anthrax-Erreger stammten aus einem irakischen Labor, nicht bewahrheitet habe. Es sei auffällig gewesen, daß erst danach die amerikanische Regierung das Thema der Inspektionen wieder aufgegriffen habe, sagte Aziz.
Aziz betonte, daß der Irak nicht Afghanistan sei. Die arabischen Nachbarstaaten nähmen einen Angriff nicht hin. Ein solches amerikanisches Vorgehen sei auch nicht im europäischen Interesse, sagte er. Er wies dabei besonders auf die Geschäftsbeziehungen hin, die sich auch zu Deutschland noch ausbauen ließen. Nach seiner Einschätzung sind die Vereinigten Staaten dabei, sich international immer stärker zu isolieren. In den vergangenen Wochen bemühte sich indes der Irak, seine Beziehungen zu den Staaten in der Region wie zu den Mitgliedsländern der Europäischen Union zu intensivieren. Das gilt besonders für das Verhältnis zu Iran und Syrien, aber auch für die Türkei. Dorthin reiste jetzt der irakische Außenminister. (Siehe Seite 2.)
Frankfurter Allgemeine Zeitung
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