Heidelberg steuert auf Streik zu
Kiel (KN) - Auch wenn das Tischtuch zwischen Kieler Betriebsrat und dem Vorstand der Heidelberger Druckmaschinen AG noch nicht zerschnitten ist, beide Seiten auch nach dem Scheitern der Vermittlungsgespräche unter Vorsitz von Rolf Seutemann (Präsident des Landesarbeitsamtes Nord) noch Gespräche führen werden: Die Lage hat sich verschärft. Da das Unternehmen, wie zu erwarten war, nicht von den Stellenabbau-Plänen abrückt und sich durch die aktuelle schlechte Marktlage sogar noch in seinem Kurs bestärkt sieht, wollen IG Metall und Betriebsrat nun über Tarifverhandlungen den Druck erhöhen.
Die Forderungen, die dafür aufgestellt wurden, hält Heidelberg "für fernab jeder Realität", so Personalchef Bernd Lang im Gespräch mit den Kieler Nachrichten. Sie dienten nur einem Ziel: "Die wollen die Verlagerung verhindern."
Die Gewerkschaft hat drei Kernforderungen aufgestellt: So soll sich die Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende um je zwei Monate pro Jahr der Betriebszugehörigkeit verlängern. Nach Ablauf der Kündigungsfrist sollen die Mitarbeiter Anspruch haben auf Qualifizierungsmaßnahmen bis zu einer Länge von 24 Monaten "unter Fortzahlung der Vergütung". Außerdem sollen sie eine Abfindung in Höhe von zwei Monatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung erhalten. "Wenn wir alles zusammenrechnen kommen wir auf Kosten von 350000 Euro pro Mitarbeiter und Gesamtkosten für den Sozialplan von fast 200 Millionen Euro", rechnet Lang vor. Das Unternehmen will insgesamt 770 Stellen abbauen, 600 bleiben dann noch in Kiel nach. In den Verhandlungen jetzt geht es noch um 570 Arbeitsplätze, denn über den Wegfall von rund 200 Stellen einigten sich Betriebsrat und Unternehmen bereits im Juli 2002.
Auf den damals geschlossenen Sozialplan verweist Lang, um zu erläutern, warum er die aktuellen Forderungen der Gewerkschaft für so realitätsfern hält: "Den haben die Arbeitnehmervertreter damals gelobt, auch weil wir erstmals über unseren Schatten gesprungen sind und ein eigene Beschäftigungsgesellschaft für die entlassenen Mitarbeiter gegründet haben." Doch der Interessenausgleich kostete Heidelberg nur durchschnittlich 44000 Euro je Mitarbeiter. Dass es jetzt der achtfache Betrag sein soll, kann Lang nicht verstehen. Wie so vieles hier in Kiel. So sehe sich sein Unternehmen erstmals mit erheblichem Widerstand gegen einen Stellenabbau konfrontiert. In den bisherigen Fällen ("Wir machen das nicht zum ersten Mal") habe man in Gesprächen mit dem Betriebsrat immer eine Lösung gefunden. Jetzt müsse man durch die Vermittlung, demnächst vor die Einigungsstelle, die für solche Fälle vorgesehen ist, und sieht sogar noch mit Streikdrohungen konfrontiert.
Noch unklar ist unterdessen, was der Standortvergleich Kiel-Rochester durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ISA Consult erbracht hat. Es gibt vorerst nur einen Zwischenbericht der Prüfer. Während Kiels IG-Metall-Chef Wolfgang Mädel daraus "einige positive Punkte für Kiel" herauszulesen meint, hält das Unternehmen an seiner Position fest. Rochester sei mit mehr als 700 Entwicklern, mit seinen Kenntnissen im Schwarz-Weiß- und im Farb-Digitaldruck und seiner gesamten Infrastruktur sowie der "Nähe zum Markt" der geeignetere Standort für die Fertigung der digitalen Farb-Druckmaschine NexPress. Quelle: KN-Online
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