Die Krise der deutschen Wirtschaftspresse fordert ein weiteres Opfer: Das in der Verlagsgruppe Handelsblatt erscheinende Anlegermagazin "Die Telebörse" wird eingestellt, Chefredakteur Roland Tichy wechselt zum Wirtschaftsmagazin "DMEuro".
Hamburg - Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE ist die Einstellung des wöchentlich erscheinenden Magazins bereits beschlossene Sache. Am Montagmittag soll die Redaktion in Frankfurt am Main über die bevorstehende Schließung informiert werden.
Die Einstellung der "Telebörse" hat auch Auswirkungen auf ein anderes Objekt der Düsseldorfer Verlagsgruppe Handelsblatt. Unternehmenskreisen zufolge wird der bisherige "Telebörse"-Chefredakteur Roland Tichy demnächst das monatlich erscheinende Wirtschaftsmagazin "DMEuro" übernehmen. Der Sitz der bisher in Düsseldorf ansässigen Publikation soll noch Frankfurt verlegt werden. Vermutlich wird ein Teil des "Telebörse"-Personals in die DMEuro-Redaktion übernommen. Ein offizielle Stellungnahme von Seiten der Verlagsgruppe Handelsblatt war am Vormittag noch nicht zu bekommen.
Vermutlich soll Tichy die in die Jahre gekommene "DMEuro" aufmöbeln und jüngere Leser ansprechen. Der 46-jährige gilt als erfahrener Redaktionsmanager. Er arbeitete unter anderem als stellvertretender Chefredakteur bei "Capital" und war Chefredakteur bei "Impulse". Die "Telebörse" stampfte Tichy in der rekordverdächtigen Entwicklungszeit von knapp vier Monaten aus dem Boden.
Der Boom frisst seine Kinder
Das Blatt war ein Kind des Aktienbooms, ähnlich wie andere seinerzeit neu gegründete Publikationen, darunter "Focus Money" (Burda) oder "Aktien Research" (Axel Springer). Die "Telebörse" erschien erstmals Anfang des Jahres 2000 - kurz bevor Dax und Nemax im Februar ihre Rekordstände erreichten.
Das Anlegermagazin ist mit der gleichnamigen Börsensendung des Fernsehsenders n-tv verknüpft und zählt zahlreiche bekannte Moderatoren wie Friedhelm Busch oder Markus Koch zu seinen Kolumnisten. Das Blatt liefert seinen Lesern vorrangig Aktientipps sowie Nutzwertgeschichten zu Steuer- und Anlagethemen. Bekannt wurde die "Telebörse" jedoch auch durch investigative Finanzgeschichten: So berichtete es als eine der ersten Wirtschaftspublikationen über die Fehlbewertung des Telekom-Immobilienvermögens und warnte Anleger frühzeitig vor dem kürzlich wegen Insiderhandels verurteilten Internet-Investor Kim Schmitz.
Die "Telebörse" hatte zuletzt mit einer stetig sinkenden Auflage zu kämpfen. Mehrere Konkurrenz-Publikationen wie "Aktien Research" oder "Bizz" wurden bereits eingestellt. Möglicherweise wird die am kommenden Donnerstag erscheinende Ausgabe bereits die letzte sein: Ein Redakteur berichtet, im Redaktionssystem sei für die kommende Nummer bereits ein mehrseitiger Rückblick angelegt.
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