Steuerfahnderaffäre
Die geplante Zerstörung des Marco Wehner Von Matthias Thieme Dies ist die Geschichte des Steuerfahnders Marco Wehner, der mit einem falschen ärztlichen Gutachten aus dem Dienst des Landes Hessen entfernt wurde. Der offiziell als Querulant und Irrer gelten sollte - bis kürzlich ein Gericht urteilte, dass der Psychiater in seinen Gutachten für das Land nicht die Wahrheit geschrieben hatte - genauso wenig wie über die anderen geschassten Steuerfahnder. Wie kam es dazu? Was treibt die Finanzverwaltung zu solchen Aktionen, wegen denen jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Opposition rumort, die Medien nachfragen?
Marco Wehner ist 37 Jahre alt, als der Bannstrahl der Finanzverwaltung ihn trifft. Als Steuerfahnder im Finanzamt Frankfurt V hat er da bereits an politisch brisanten Fällen mitgearbeitet. Er ist dabei, als Frankfurter Steuerfahnder gegen den ehemaligen Schatzmeister der CDU, Walther Leisler Kiep ermitteln. Das dunkelste Kapitel der Hessen-CDU. Es geht um illegale Parteispenden, getarnt als "jüdische Vermächtnisse" und um Steuerhinterziehung im großen Stil, um Millionen von Schwarzgeld, das die CDU in einer Stiftung in Liechtenstein versteckt hat. Marco Wehner ist auch dabei, als Frankfurter Fahnder die Daten von Hunderten deutschen Anlegern auf einer CD-ROM erhalten. Auch hier geht es um Schwarzgeldkonten in Liechtenstein. Rund 80 Fälle aus Frankfurt sind dabei, doch Wehners Chef und seine Fahnder werden von hohen Vorgesetzten des Finanzamtes ohne Begründung zurückgepfiffen. "Er war ein absolut engagierter Fahnder, ein wirklich guter Mann", sagt Wehners ehemaliger direkter Vorgesetzter im Finanzamt, Oberamtsrat Frank Wehrheim, und berichtet von einem weiteren Verfahren, das Marco Wehner mit betreute. Ein Verfahren, in dem etwas Unglaubliches passierte, etwas über das noch nie öffentlich berichtet wurde: Diesmal wurde Marco Wehner nicht zurückgepfiffen, sondern zu etwas gedrängt, das er mit Recht und Gesetz nicht in Einklang bringen konnte. Etwas, das sein ehemaliger Chef bis heute für absolut illegales Behördenhandeln hält: "Die Finanzverwaltung hat in diesem Fall wider besseres Wissen ein Verfahren durchgezogen, das bereits verjährt war und hat Marco Wehner befohlen, die Staatsanwaltschaft darüber nicht zu informieren", erklärt Wehrheim.
Konkret ging es um einen prominenten Unternehmer aus Hessen, der wegen Steuerhinterziehung verfolgt wurde, obwohl sein Fall bereits verjährt war. "Das ist schlichtweg widerrechtlich und das wusste die Finanzverwaltung und auch die Oberfinanzdirektion", sagt Wehrheim. In einem Aktenvermerk der verantwortlichen Vorgesetzten heißt es dazu wörtlich, man habe angeordnet "gegenüber der Staatsanwaltschaft eine Linie (nämlich keine Verjährung) zu vertreten". Auch wenn Steuerfahnder Marco Wehner anderer Auffassung sei, dürfe "die Verjährungsfrage - auch gegenüber der Staatsanwaltschaft - erst angesprochen werden (...), wenn sich die anwaltlichen Vertreter darauf berufen sollten". Für Oberamtsrat Wehrheim ein Skandal: "Das ist ein glatter Rechtsbruch der Finanzverwaltung, der aktenkundig ist."
Am 21. April 2004 beschreibt ein Steuerfahnder diesen Vorgang detailliert in einem Brief an Finanzminister Weimar und Ministerpräsident Roland Koch und informiert die Politiker auf dem Dienstweg davon. Kein Beistand, keine Hilfe, kein Dank für den Hinweis. Nichts geschieht. Aber Marco Wehner bekommt ab jetzt die kalte Macht der Verwaltung zu spüren. Das bürokratische Mahlwerk springt an - es wird ihn fast vernichten. Er wird ohne Begründung in den Innendienst versetzt und zur Hilfskraft degradiert. Wie die anderen Fahnder muss auch er beobachten, wie seine ursprüngliche Stelle, die angeblich gestrichen werden sollte, plötzlich wieder ausgeschrieben wird. "Alles, was ich ab dann gemacht habe, wurde kritisiert", erzählt Wehner. Prüfte er gründlich, war es seinen Vorgesetzten zu langsam. Prüfte er zügig, war es ihnen zu flüchtig. Jede Kleinigkeit wurde beobachtet. Täglich und monatelang Zurechtweisungen, Intrigen, Demütigungen. Mobbing wie aus dem Lehrbuch. [...] http://www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2093289_Steuerfahnderaffaere-Die-geplante-Zerstoerung-des-Marco-Wehner.html ----------- oliweleid
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