30.01.2022, 06:14 Uhr
Umstrittene Geldanlage: Der Hype um Tabak-Aktien
Der Trend zu Geldanlagen, die möglichst hohe ethische, soziale und auch ökologische Standards erfüllen, ist groß. Hier wird gerade viel Geld investiert. Trotzdem gibt es auch immer wieder gegenläufige Trends, aktuell zum Beispiel die Tabakindustrie.
Von
Stephan Lina
Stephan Lina
An den Aktienmärkten geht es seit Wochen turbulent zu. So sind zuletzt Technologie-Aktien unter Druck geraten, die lange als Investoren-Favoriten gegolten hatten. Dafür rücken – nicht zuletzt auf Anlegerforen – andere Branchen in den Fokus. Einen regelrechten Hype gibt es zum Beispiel rund um Aktien aus der Tabakindustrie. Allerdings gibt es auch bei diesen Papieren Risiken.
Aktien mit Schmuddel-Image
An der Börse gelten die Aktien aus der Tabakindustrie vielen Investoren als Schmuddelkinder – nicht zuletzt wegen der gesundheitlichen Risiken und des Suchtfaktors von Zigaretten. Lange Zeit schien die Branche auch auf dem absteigenden Ast zu sein. In vielen Ländern wurden nämlich in den vergangenen Jahren Tabaksteuern erhöht und öffentliche Kampagnen gegen das Rauchen verstärkt.
In den Jahren vor der Corona-Pandemie standen deswegen auch die meisten der großen börsennotierten Zigarettenkonzerne am Aktienmarkt unter Druck. Inzwischen hat sich der Trend wieder gedreht.
Tabak – eine berechenbare Branche
Im Vergleich zu Unternehmen etwa aus den Bereichen IT oder Online-Handel ist das Geschäft von Zigarettenherstellern in der Regel keinem schwer berechenbaren Auf und Ab ausgeliefert. Die Umsätze der Branche gelten als vergleichsweise gut berechenbar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich einige wenige Konzerne seit Jahren den Löwenanteil des Marktes aufteilen.
Dazu kommt, dass die rauchende Kundschaft nur selten die Marke wechselt, was ebenfalls zu einer gewissen Berechenbarkeit führt. Außerdem können die Unternehmen zum Beispiel steigende Steuern über Preiserhöhungen weitergeben.
Zum Artikel: "Es wird wieder mehr geraucht - ist Corona daran schuld?"
Von Langweilern zu Stabilisatoren
Gerade die Berechenbarkeit der Tabakindustrie wurde in den vergangenen Jahren in Börsenkommentaren oft als langweilig geschmäht. In Zeiten nervöser Berg- und Talfahrten an den Aktienmärkten scheint es aber in Teilen der Anlegerschaft ein Umdenken zu geben.
So finden sich – zum Beispiel in Anlegerforen im Internet - zunehmend auch Stimmen, die Aktien aus der Tabakindustrie als Stabilisatoren anpreisen. Darüber hinaus wird oft auf die hohen Gewinne von Branchenriesen wie Philip Morris, Imperial Brands oder BAT verwiesen, die als Dividenden an die Anteilseigner ausgeschüttet werden.
Konzerne setzten auf High-Tech-Raucher
Die grundlegende Trendwende ist aber aus Sicht vieler Anleger und Analysten ein Technologie-Wandel. Seit Jahren bemühen sich Konzerne wie Philip Morris, sich unabhängiger vom tendenziell schrumpfenden Markt für klassische Zigaretten zu machen. Unternehmen wie Philip Morris sprechen inzwischen von einer "Zukunft ohne Rauch".
Dahinter stecken elektrische Produkte, in denen Tabak nicht mehr verbrannt wird, sondern lediglich erhitzt. Das soll unter anderem die Belastung durch krebserregende Stoffe drastisch reduzieren. Als führend gilt hier Philip Morris mit seiner Marke Iqos.
Diese Strategie schlägt sich inzwischen auch in den Geschäftszahlen nieder. Während bei Philip Morris der Absatz klassischer Zigaretten nur noch in Regionen wie Osteuropa zunimmt, verzeichnete der Konzern im vergangenen Jahr bei seinen rauchfreien Produkten wie Iqos global ein rasantes Wachstum.
https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/...ittene-geldanlage,Svc6a3w