Meine höchstpersönliche Meinung: Marc Faber ist in meinen Augen ein schlau daher redender Wichtigtuer, der schon seit fünf Jahren nix anderes erzählt als dass das alles nicht ewig gut gehen kann.
Das ist nun wirklich keine Kunst, soetwas gebetsmühlenartig zu wiederholen. Irgendwann wird ihm der Zufall zuhilfe kommen bei so einer Prognose, wir werden tatsächlich einen Crash bekommen, und er wird sagen können, seht ihr, ich hab's doch immer gesagt.
Eine stehengebliebene Uhr zeigt auch zweimal am Tag die richtige Zeit an.
Außerdem ist aber jede Crash-Propheterie am Ende unseriös. Man kann sehr wohl auf dem Standpunkt stehen, dass unser Geld- und Finanzsystem massiv aus dem Ruder gelaufen ist. Und das kann man auch nur schwer verneinen. Wer sich in Gedanken gesunde Volkswirtschaften und ein intaktes, sinnvolles Weltfinanzsystem vorstellt, der wird wohl kaum an Zentralbanken denken die die Märkte mit Billionen von Dollar und Euro geflutet haben, nur damit die Banken genug billiges Geld zum Zocken haben, oder daran, dass Anleger bestraft werden, die einfach nur Geld risikoarm auf ihren Konten behalten wollen.
Der allergrößte Sündenfall ist, dass die Zinsen gestrichen worden sind. Zinsen haben in einer Vokswirtschaft eine Lenkungsfunktion für Geldströme. Im allgemeinen wird davon ausgegangen, dass zumindest langfristig Kapital immer dorthin fließt, wo es sich am besten verzinst (kurzfristig werde ich wohl eine gerade angeschaffte Maschine nicht gleich wieder verkaufen, nur weil eine andere Maschine fünf Prozent weniger laufende Kosten hat). Schaffe ich die Zinsen ab, dann geht der Volkswirtschaft die Orientierung verloren. Und das sehen wir jetzt schon daran, dass wir Spekulationsblasen haben bei allem möglichen, von Aktienmärkten bis hin zum Immobilien- und Oldtimer-Markt. Das ist alles nicht produktiv, dieses Geld steht der Volkswirtschaft nicht zur Verfügung als Produktionsfaktor der zu Wachstum führen kann. Und es zieht andere Fehlentwicklungen nach sich, indem es zwar die Konjunktur in Bereichen wie der Bau-Branche anziehen lässt, aber dort werden wir dann beim nächsten wirtschaftlichen Niedergang wieder riesige Überkapazitäten - und Personalentlassungen - haben, weil die ganzen Anleger eben aus Immobilien wieder rausgehen werden.
Außerdem ist der Zins für Anleger Teilhabe am Wirtschaftswachstum. Der Zins steht in der traditionellen volkswirtschaftlichen Betrachtung als "Belohnung" dafür dar, dass ich mein Geld in etwas investiert habe was gewachsen ist. Meinetwegen gründe ich mit 50.000 Euro Startkapital eine Firma. Boomt die Wirtschaft in meinem Bereich und ich habe nach ein zwei Jahren aus meinen 50.000 Euro 100.000 gemacht, dann ist diese - sehr fürstliche - Verzinsung meine Teilhabe am Wirtschaftswachstum. Und genauso sind meine drei, vier Prozent Zinsen, die ich in Mittel- bis Hochzinsphasen auf mein Tagesgeld bekommen hab, mein Anteil daran gewesen, dass ich mein Geld einer Bank anvertraut habe die durch ihre eigenen Anlagen profitabel am Wachstum der Volkswirtschaft teilhatte.
Haben wir nun auch noch negative Zinsen, dann bedeutet das, dass der Anleger nicht nur von der Teilhabe am Gegenwarts-Wachstum ausgeschlossen wird, sondern dass sich das Finanzsystem auch noch bei der bereits erfolgten Teilhabe der Anleger an vergangenem Wachstum "bedient". Denn man kann die Auffassung vertreten, dass privates Vermögen nichts anderes ist als das Ergebnis der Teilhabe an vergangenem Wirtschaftswachstum.
Die Lösung des ganzen? Das ganze überflüssige Geld einsammeln, das die Aktienmärkte aufgeblasen hat (an deren Kurssteigerungen durch die extreme Volatilität wiederum kaum ein privater Anleger dauerhaft teilhatte), und welches auch anderswo zu Spekulationsblasen geführt hat. Und vor allem die Zinsen raufsetzen für Geld das sich die Investment-Banken bei den Zentralbanken leihen um damit an der Börse zu spekulieren. Der Nullzins bedeutet nämlich nichts anderes, als dass die Investment-Banken quasi risikofrei spekulieren können. Wenn es mich drei Prozent Zinsen kostet, dass ich mir Geld zum Spekulieren leihe, dann müssen diese drei Prozent erst einmal als meine Kapitalkosten wieder verdient werden. Und dann werde ich zwangsläufig allzu riskante Spekulationen unterlassen. Wovon am Ende auch die Stabilität der Finanzmärkte profitieren würde, da dies Hochfrequenzhandel und Algo-Trading zunehmend viel zu riskant machen würde.
Denn in Wirklichkeit denkt die Banken-Branche schon wieder, sie hätte das "Ei des Kolumbus" im Bezug auf risikobehaftete Anlagen gefunden. Waren es in der Finanz- und Subprime-Krise noch stark verschachtelte Konstruktionen bei denen ein Zusammenfassen von mehreren hoch riskanten Anlagen zu einem Dach-Papier angeblich das Gesamt-Risiko minimieren sollte, so hat man nun - durch gute Kontakte zu den Zentralbanken - die Zinsen unter fadenscheinigen Gründen steichen lassen, und eine hoch riskante Anlage ist somit auch dann noch erfolgreich, wenn sie 0,01 Prozent Zinsen erwirtschaftet (siehe wiederum Hochfrequenzhandel und Algo-Trading).
Meine Meinung daher: Soll-Zinsen für von den Zentralbanken geliehenes Geld, mit dem Investment-Banken hoch riskant spekulieren wollen und das nicht für "echte" Investitionen in die Volkswirtschaft genutzt wird, auf fünf Prozent hochsetzen. Und ansonsten die Leitzinsen wieder dem realen Wirtschaftswachstum anpassen. Selbst bei der eher mittelmässigen Weltkonjunktur wie wir sie im Moment haben würde dies ein Zinsniveau von um die 1 bis 2,5 Prozent rechtfertigen.
Würde man dies tun, dann würden die Finanzmärkte zwar kurzfristig einen ziemlichen Schock erleiden. Aber langfristig steuern wir so wie es jetzt ist eh in die Katastrophe. Nur, im Gegensatz zu Marc Faber gebe ich nicht seit fünf Jahren immer die gleiche Leier von mir.
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