Culture Club

Nur Leute, die ganz ernsthaft in und mit Totem et Tabu leben können, erhalten die Möglichkeit, vom Glück der Tabu-Übertretung naschen zu können. Damit das geht, muss man allerdings naiv genug sein. Was hingegen nicht geht ist, sich sozusagen künstlich in einen Zustand früherer Naivität zurückversetzen zu wollen. Das 'katholische' Paradies aus Übertretung, Beichte und Sanktion ist für uns Postmoderne leider verloren. Die Aufgabe besteht nun darin, diesem Verlust heroisch ins Auge zu blicken.

'Denn in der Überschreitung des Verbots liegt für Bataille eine ähnlich verlockende Ambivalenz, wie sie dem Tabu innewohnt: Aus dem tabuisierten Gegenstand wird etwas Verbotenes, Unreines, zugleich aber auch etwas Anziehendes, gar Heiliges gemacht. Dies ermöglicht es den Figuren Batailles Angst vor dessen Überschreitung zu haben und zugleich Lust daran zu empfinden. Das von Bataille so genannte »Risiko des Möglichen« wird derart zu einem Haltepunkt in der Angst, an dem sich die Figuren jenseits der Grenzüberschreitung verorten'.

Nö!

Tabu ist Tabu, und damit hat es seinen Übertetungs-Reiz - einen Reiz, der laut Genesis überhaupt erst Reize eröffnete (Ohne den Teufel hätten wir folglich weder Scham noch Charme - also keine Nachkommen).

"Das Schamgefühl hängt schon in der Bibel mit der Sünde zusammen. Adam und Eva essen, durch die Schlange verführt, von den verbotenen Früchten, vom Baum der moralischen Erkenntnis. „Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze“, steht im Buch Genesis nach der Übersetzung Martin Luthers. Ein Kapitel zuvor hat es im Paradies noch geheißen: „Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und schämten sich nicht.“

Im Althochdeutschen kann „scama“, Schamgefühl, auch die Bedeutung „Schande“ haben, es könnte sich von der indoeuropäischen Wurzel „*kam/*kem“ herleiten, die „bedecken“ oder „verhüllen“ bezeichnet. Wer sich schämt, fühlt sich bloßgestellt, man errötet, senkt den Blick, das Herz schlägt schneller. Je nach Gesellschaft können sehr unterschiedliche angebliche Verfehlungen diese Reaktionen auslösen. Divergent sind auch die Interpretationen, was Scham bewirkt. Fördert eine höhere Schwelle den „Prozess der Zivilisation“, wie das Norbert Elias 1939 vermutete, oder ist das nur ein Mythos, wie Hans Peter Duerr in „Nacktheit und Scham“ 1988 entgegenhielt?
https://www.diepresse.com/728563/...ide-nackt-und-schamten-sich-nicht  

- auch solche, zu deren Speiseplan keine Äpfel gehörten, müssen wir schlussfolgern, dass ein Tabu lediglich die reziproke Spielregel zu den orgiastischen Möglichkeiten menschlicher Enthemmung bot, um den Träger der "Krone der Schöpfung" ob seiner lasziven Erlebnisräume wenigstens den Nimbus der Grenzüberschreitung anzudichten.

War ein harter Tag - echt!  

Na, das Tabu muss zuvor als unbewusste Reaktionsbildung gegen Begehren internalisiert sein, damit seine - meist kontrollierte - Verletzung den ersehnten Kick entfalten kann. Ich glaube umgekehrt nicht, dass das als Tabu-Entwurf, als Tabu-Rollenspiel, wie es beispielsweise nach Enthemmung dürstende Kleinbürger im SM suchen, wirklich funktionieren kann. Die Angst vor der Sanktion - sprich die Gottesfürchtigkeit - muss schon echt und nicht nur gespielt sein. Grenzüberschreitung selbst umfasst übrigens dabei weitaus mehr als nur Tabuverletzung. Aber auch hier gilt: Die Angst vor Sanktion manifestiert und internalisiert die Grenze. Ohne hörte sie auf zu bestehen.  

 

Einen deutschen Erscheinungstermin für „Kundera - sein tschechisches Leben und die Zeit“ gibt es nach Angaben des Argo-Verlags in Prag noch nicht. Kundera selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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Immerhin in groben Zügen ein Abriss (des Verisses(?))
Vielleicht weißt Du's aber auch schon ...

Gute Nacht fok & friends!