Ich habe mir mal den Intel Earnings Call angehört und die Ergebnisse von Intel und AMD im Data Center Bereich in den letzten acht Quartalsberichten angeschaut.
Intel sieht, laut Call, das Problem bei Server-Chip Verkäufen überwiegend im Makrobereich. Dies deckt sich in großen Teilen mit den Umsatzentwicklungen von Intel und AMD in diesem Bereich. Meine Durchsicht der Quartalsberichte ergab folgendes: Der Gesamtmarkt (Intel plus AMD Data Center Umsätze) ist zunächst zwischen Q1/21 und Q1/22 jedes Quartal gewachsen (von zunächst 5,5 Mrd. auf 7,3 Mrd.). Seit Q2/22 schrumpft der Gesamtmarkt jedoch Quartal für Quartal auf zuletzt wieder nur noch 5,8 Mrd. in Q3/22. (AMD hat noch keine Q4 Resultate publiziert, daher konnte ich den Gesamtmarkt für Q4/22 nicht eruieren.)
Allerdings ist der in 2022 negative Gesamtmarkt für Server nicht die einzige Erklärung für Intels Schwäche. Denn tatsächlich wurde das Wachstum der Intel Data Center Unit zuletzt viel dramatischer negativ, als es ein schwacher Gesamtmarkt erklären könnte. Konkret sind die letzten vier Wachstumsraten (YOY) für Intel Data Center Umsätze die folgenden:
Q1/22 +22% Q2/22 -16% Q3/22 -27% Q4/22 -33%
Es ist also momentan echt schlimm. Dabei muss man jedoch bedenken, dass man dieses Quartal ein sehr ungünstiges Vergleichsquartal hatte (den Höhepunkt des Server-Gesamtmarktes vor einem Jahr). Dennoch spiegeln diese Zahlen einen kontinuierlichen Marktanteilsverfall im Server-Bereich gegenüber AMD wider. So ist der "Marktanteil" von Intel gegenüber AMD in diesen acht Quartalen von Anfangs 89% auf zuletzt 72% Quartal für Quartal immer weiter gefallen. (Ich schreibe "Marktanteil" in Anführungszeichen, da ich hier nur die Verkäufe von AMD und Intel berücksichtige. Tatsächlich gab es 2021/22 auch kleinere Verkäufe von Unternehmen wie Ampere und NVIDIA, die ich hier unberücksichtigt lasse.)
Kurzum: Intel kämpft zum einen seit Anfang/Mitte 2022 mit einem schrumpfenden Gesamtmarkt. Zum anderen kämpft man mit einem jahrelang anhaltenden Marktanteilsschwund an AMD. Sprich: sowohl der Kuchen wird kleiner als auch der Anteil des Kuchens, der an Intel geht.
Was die Stärke des Gesamtmarktes angeht, wies Intel im Call darauf hin, dass sich hier gerade einige negative Faktoren auswirken. Die Hyperscaler (Cloud) wachsen momentan zwar noch. Allerdings ist die Enterprise-Nachfrage (klassische Server) aus Makro-Gründen sehr schwach. Zudem belastet der abflauende Crypto-Boom sowie die reduzierte Nachfrage aus China. Großhändler bauen bei so schwacher Nachfrage erstmal ihre Inventare ab, so dass Intel die niedrigere Nachfrage kurzfristig deutlich stärker trifft.
Die Guidance für 2023 ist dementsprechend echt mau. In H1/2023 soll der Verfall der Umsätze laut Intel weiter fortschreiten. Ab H2/2023 erwartet man jedoch eine Rückkehr zu Wachstum, insbesondere im Server-Markt. Allerdings gibt man für das Gesamtjahr keine Guidance, da die Makro-Umgebung zu volatil ist.
Tendenziell positiver sieht es in meinen Augen beim Thema Marktanteil aus. In meinen Augen muss man hierbei bedenken, dass Intel in 2022 das eigentlich geplante Produkt (Sapphire Rapids/Xeon) wegen Produktionsproblemen nicht auf den Markt bringen konnte. Man musste daher mit einem "alten" Modell gegen AMDs neueste Generation antreten. Dies dürfte dazu geführt haben, dass man die starken Discounts geben musste. Jetzt kommt Sapphire Rapids allerdings in den Markt. Dies könnte, wenn alles wie erwartet läuft, dazu führen, dass Intel wieder Marktanteile zurückgewinnt. (Oder zumindest, dass der seit Jahren anhaltende Marktanteilsverfall gestoppt wird.) In jedem Fall wird man 2023 mit einem deutlich kompetitiveren Produkt ins Rennen gegen AMD gehen als 2022.
Was das angeht, war die Kommunikation von Intel durchaus optimistisch. Man sei on track für den Roll-out von Sapphire Rapids und werde Anfang 2024 auch den Nachfolger von Sapphire Rapids auf den Markt bringen. Das sind die Art von Server, die für AT&S wichtig sind, da sie auf Chiplet-Basis mit Modulen/Packages konstruiert sind, für welche man deutlich größere Mengen an Substrat benötigt. Intel zeigt sich überzeugt, dass diese neuste Generation an CPUs extrem stark ist und auch in hohem Volumen rampen wird.
Hoffen wir also, dass die Produktion von Intel nicht wieder unerwartete Probleme hat. Hierzu sagte Intel übrigens, dass man sich aggressiv verbessern will in der Produktion und gegenüber TSMC Stück für Stück aufholen will. Man wolle nach 2025 sogar wieder an die technologische Spitze zurückkehren und sehe sich da auf einem guten Weg. (Das wird abzuwarten sein: zuletzt wurde der Rückstand von Intel Jahr für Jahr immer größer.)
Meine Schlussfolgerung: Die Situation ist vermutlich deutlich weniger schlimm, als die extrem schlechten Headline-Resultate der Intel Ergebnisse nahelegten. Der Gesamtmarkt dürfte sich wieder drehen im Data Center Bereich ab Mitte 2023. Hoffentlich wird zudem, dass der Release von Sapphire Rapids wie erwartet den Marktanteilsschwund von Intel beendet. Dies wird auch konkret die Nachfrage nach AT&S-Produkten erhöhen.
Für 2023/24 dürfte die aktuell schwache Makro-Lage und brenzlige Situation von Intel AT&S vermutlich belasten. Die zuvor große Angebotslücke bei Substraten sollte AT&S aber helfen, so dass ein wirklicher Einbruch bei AT&S auch für das nächste Jahr vermutlich nicht zu erwarten ist.
Riskanter wird es potenziell für 2024/25. Ab 2024 wird Kulim auf Masse produzieren. Das wird die Kapazität für Substrate bei AT&S verdoppeln, so dass man Abnehmer braucht. Es erscheint jedoch plausibel, dass wir in 2024 wieder gutes Wachstum des Gesamtmarktes sehen -- der Trend zur Cloud ist an sich ja ungebrochen. Zwar hat Intel zuletzt überdurchschnittlich Marktanteil verloren wegen der Verspätung von Sapphire Rapids. Wenn man jetzt den Launch aber so gut hinbekommt, wie man im Call gesagt hat, dürfte das Intel wieder einen ordentlichen Boost geben. Und somit hoffentlich auch AT&S.
Kurzum: Es gibt zwar ernstzunehmende Risiken. Allerdings ist die AT&S Aktie ja auch schon sehr stark zurückgekommen. Hier besteht weiterhin eine gute Möglichkeit, dass der Gesamtmarkt dreht, Intel mit Sapphire Rapids erfolgreich ist und die ursprünglichen Erwartungen für 2025 voll in Erfüllung gehen. Mal schauen, was das Management nächste Woche im Call berichtet.
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