Apple und Microsoft wollen ihre Beziehung neu definieren München/Macwelt - Vor fünf Jahren stand Apple am Abgrund, aber mit einer Reihe von Patentrechtsklagen gegen Microsoft in der Hand. Gegen 150 Millionen Dollar in nicht stimmberechtigten Aktien und Microsofts Verpflichtung, für den Mac fünf Jahre lang (Office-)Software zu entwickeln, ließ der wieder auf die Kommandobrücke des Mac-Herstellers geholte Steve Jobs die Klagen fallen. Im August läuft die Vereinbarung aus, es erscheint aber wenig wahrscheinlich, dass damit die von Kevin Browne geführte Macintosh Business Unit (Mac BU) bei Microsoft ihre Existenzberechtigung verliert. Wie unsere US-Schwester PC World erfahren hat, definieren die Strategen in Redmond und Cupertino derzeit ihre Zusammenarbeit neu. Demnach hat Kevin Browne für Mittwoch, den 10. April, in Mountain View, neben Redmond zweiter Standort seiner Abteilung, eine Konferenz angesetzt, auf der er die Zukunft der Mac BU präsentieren und diskutieren will.
Analysten sind sich einig, dass Apple auch weiterhin auf Office-Software aus Redmond angewiesen ist, solange diese sich als Quasistandard erweist. Doch hat der Mac-Hersteller auch im Gegenzug für Microsoft etwas zu bieten. Microsofts .NET-Technologie, mit der die Ballmer-Company Software und Services über das Internet anbieten will, könnte durch Apple einen entscheidenden Schub erfahren. Außer Microsoft selbst hat bislang kein Softwarehersteller angekündigt, seine Produkte kompatibel zu .NET zu machen. Der Walldorfer Hersteller von Unternehmenssoftware SAP hat jüngst gar .NET eine eindeutige Absage erteilt und will auf Java 2 Enterprise Edition (J2EE) setzen. Während .NET "nur ein Produkt" sei, handele es sich bei J2EE um "einen Markt", wie Sun-Vize und Java-Erfinder James Gosling die Zurückhaltung der Industrie erklärt.
Sprecher der Mac BU haben unseren Kollegen vom IDG News Service bereits bestätigt, dass .NET ein Thema der Präsentation nächste Woche in Mountain View sein wird. Zudem hat die Mac BU bestätigt, dass man "zu einem gewissen Grad" .NET auf den Mac bringen will. Apple hält sich zu dem Thema bedeckt. Man wisse noch nicht, was .NET eigentlich bedeute, da es nicht so genau definiert sei, gab ein Sprecher aus Cupertino zu Protokoll. "Aber wir schauen uns stets neue Technologien an und fragen uns, wie Mac-Anwender davon profitieren können."
Den Nutzen sieht Rob Enderle, Analyst der Giga Information Group in erster Linie für den Mac in heterogenen Firmen-Netzwerken. Während Apple seit dem Erscheinen von Mac-OS 9 seine Betriebssysteme immer als "Windows freundlich" bezeichnet und den Datentausch mit PCs möglichst unkompliziert gemacht habe, stießen Netzadministratoren mit Mac-OS X nun auf ein Problem, sofern sie auf Server-Software von Microsoft setzen. Zwar seien Unix-Derivate als Server-Betriebssysteme in Firmennetzen durchaus üblich, mit einer großen Anzahl von Unix-Clients habe man aber Schwierigkeiten und .NET würde als Ausweg erscheinen.
Eine .NET-Runtime-Umgebung oder .NET-Framework für FreeBSD, den Kern von Mac-OS X, ist laut PC World bereits in Arbeit - jedoch nicht in Cupertino. Microsoft und Corel arbeiteten derzeit an einer Runtime, während der CTO des Linux-Distributors Ximian, Miguel de Icaza, mit der Initiative Mono ein .NET-Framework für Linux vorantreibt.
.NET wäre nach Ansicht von Rob Enderle eine Brücke zwischen Windows- und Mac-Anwender und gleichzeitig Fundament für weitere gedeihliche Zusammenarbeit von Apple und Microsoft. Welchen Sinn jedoch die gleichzeitige Implementierung von Java 2 und .NET in Mac-OS X machen würde, steht auf einem anderen Blatt. pm
Quelle: www.macwelt.de
Grüße Max
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