aus einem Börsenbrief "etwas" :-) differenzierter dargestellt:
2. GESAMTMARKTVERFASSUNG / Dax, Nasdaq, DJIA und Neuer Markt __________________________________________________
Weiter abwaerts ging es am vergangenen Freitag mit der Nasdaq (-9,67%), dem DJIA (-5,66%), dem DAX (-3,14%) und mit dem Nemax 50 (-4,9%). Vor allem die Nasdaq verzeichnete in der vergangenen Woche mit einem Minus von ca. 25% einen Rekordverlust. Der Grund hierfuer ist die durch Euphorie getragene rasante Performance der Maerkte vom Herbst 99, welche sich bis in den Maerz 2000 erstreckte und sich durch nichts beeintraechtigen liess. Ueber- treibungen sind jedoch kein Einbahnstrassen-Phaenomen, sondern manifestieren sich sowohl in Hausse-Phasen als auch in Baisse- Phasen.
Nachdem sich die Technologiewerte weitaus besser als der Gesamt- markt entwickeln, kommt erfahrungsgemaess die Zeit, in der sie weitaus schlechter performen als die Standardwerte. Nach dieser Phase, inmitten der wir uns befinden, zieht die anhalten- de Talfahrt der Wachstumstitel ebenso die Standardwerte hinab.
Zu gegebener Zeit gleichen sich Trendstaerke und Volatilitaet der ewigen Rivalen an, um dann gemeinsam saisonalen Phaenomenen zu folgen. So ist gegen Sommer eine breite Seitwaertsbewegung zu erwarten, die gegen Herbst wieder in eine unerwartet vehemente Aufwaertsbewegung uebergeht, an die zum jetzigen Zeitpunkt kaum jemand glauben wird. Im Spaetsommer 99 wollte ebenso niemand an eine bevorstehende Technologiehausse glauben - von vielen Seiten wurde sogar das endgueltige Ende der "Spekulationsblase" ausge- rufen - und doch fand die rasante Aufwaertsbewegung statt.
Von institutioneller Seite wie etwa bei Fonds-Managern etc. wird der Sommer daher seit Jahren zum Averaging genutzt, es werden gezielt Zukaeufe aussichtreicher Titel getaetigt, von denen man erfahrungsgemaess weiss, dass sie gegen Ende des Jahres weitaus hoeher notieren werden. Inzwischen intensivierte sich die Eigen- dynamik dieser statistisch einwandfrei belegbarer Phaenomene, ebenso erhoehte sich die Volatilitaet auf ein bisher ungekann- tes Niveau.
Neben den psychologischen Gesetzgebungen unterliegen die Maerkte natuerlich auch konjunkturellen Einflussfaktoren. So wurden am letzten Freitag morgen in den USA die Verbraucherpreise veroef- fentlicht, welche mit einem Maerz-Anstieg von 0,7% knapp doppelt so hoch als vom Markt erwartet ausfielen. Per Saldo ergibt sich ein Anstieg in 2000 von 3,7% gegenueber lediglich 2,7% im gesam- ten Vorjahreszeitraum. Selbst Preistreiber wie Energie etc. aus- genommen, ergeben sich im Ansatz alarmierende Inflationszahlen. Diese Tendenz wird die US-Notenbank FED in naechster Zeit zu weiteren Zinsschritten veranlassen.
Aber auch diese Faktoren sind Teil eines sich staendig wieder- holenden Kreislaufes. Der hohe Anteil an kreditfinanzierten Aktiendepots in den USA liegt der FED seit einiger Zeit schwer im Magen, denn die margin-debts stellen die eigentliche Gefahr dar. Sinken die Aktienkurse ueber das gewohnliche Mass hinaus, muss der Anleger Einschuesse taetigen, um die Mindestdeckungs- quote von 50% zu gewaehrleisten. Angesichts der negativen Spar- rate der Amerikaner duerfte dies vielen Anlegern zunehmend schwerfallen, so dass die Depotbanken gezwungen sind, die nicht ausreichend gedeckten Aktienbestaende der Anleger zu zwangsliquidieren.
Hierdurch ergibt sich weiterer Verkaufsdruck an den Maerkten - ein Teufelskreislauf, der in einem heftigen Crash enden kann. Auch dies ist ein Indiz dafuer, warum die FED das Niveau der US-Maerkte voraussichtlich kontrolliert und sukzessive auf ein moderates Bewertungsniveau zurueckfuehren wird, da auf diese Weise die durch heftige Eigendynamik zustandekommenden herben Kursverluste in geregelte Bahnen gelenkt werden und der Anleger mehr Zeit hat, entweder die Margins zu decken oder Teile seines Depots in zwischenzeitlich festere Marktphasen hineinzuverkaufen.
Tatsache ist auch, dass wir uns in Deutschland in einem komplett anderen konjunkturellem Umfeld befinden als in den USA. Europa steht am Beginn eines nachhaltigen Wirtschaftsaufschwungs, waeh- rend sich dieser in des USA langsam dem Ende neigt. Die ersten verstaerkten Mittelzufluesse aus den USA sind an den Westeuro- paeischen Maerkten bereits zu beobachten, genauso wie in Asien.
Es ist zu erwarten, dass mittelfristig aus den USA enorme Mittel abgezogen werden, um sie stattdessen in konjunkturell aufstre- benden Kapitalmaerkten zu investieren. Hiervon werden die west- europaeischen Aktienmaerkte genauso wie einige Emerging Markets profitieren, doch so weit sind wir noch nicht. In der naechsten Zeit werden wir noch den Bewegungen der US-Maerkte folgen, um uns unter fundamentalen Aspekten mittelfristig zumindest teil- weise hiervon abkoppeln zu koennen. Auch diese Form der Zyklik ist hinreichend bekannt.
Wir sehen also, dass sich die grundlegenden Gesetzmaessigkeiten an den Kapitalmaerkten nur wenig veraendern. Die alten Hasen unter uns wissen dies und tragen diesen statistisch und chart- technisch jederzeit definierbaren Auf- und Abwaertsbewegungen Rechnung.
Gefaehrlich wird es allerdings fuer die Generation der Anleger, welche durch den anhaltenden Aktienboom neu hinzugekommen sind. Denn diese sind weniger mit den staendig wiederkehrenden Mecha- nismen und Wechselwirkungen der Kapitalmaerkte vertraut und laufen unter Umstaenden Gefahr, von der Marktentwicklung regelrecht ueberrollt zu werden.
Was sich allerdings radikal veraendert, ist die Bewertung, welche der Anleger gewillt ist, den branchenspezifischen Aktien wahrend der einzelnen Marktphasen zugutezuhalten. Kuerzlich las ich ein amuesantes Statement eines bekannten US-Analysten:
"Bei 130 Dollar ist eine Yahoo absolut kaufenswert, bei 100 Dollar geschenkt - oder waren es 13 Dollar und 10 Dollar?!"
Letzendlich sind psychologische Kriterien an der Boerse die entscheidenden Faktoren. Anleger, welche in der Lage sind, sich durch zunehmende Erfahrung und intensiv betriebene Analytik den nuechternen Weitblick zu bewahren, werden auch in einer turbu- lenten Marktverfassung gewinnbringende Wertpapiergeschaefte taetigen koennen. Den weniger versierten Anlegern empfehlen wir derzeit eine deutliche Zurueckhaltung bei Neuengagements, bis eine Bodenbildung der Maerkte ersichtlich wird.
Dem versierten Anleger ergeben sich nun selektiv interessante Einstiegsmoeglichkeiten, obwohl die Maerkte voraussichtlich noch etwas weiter abgeben werden. Bevorzugt werden sollten deshalb Titel mit einer hohen relativen Staerke. - Titel, die sich dem bisherigen Abwaertstrend weitgehend erfolgreich widersetzen konnten. Diese neigen erfahrungsgemaess dazu, vom ankommend positiven Marktumfeld ueberproportional zu profitieren.
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